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ePub: Der letzte Zauberlehrling

ePub: Der letzte Zauberlehrling

Titel: ePub: Der letzte Zauberlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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Gordius hätte nicht gewollt, dass du dich in solche politischen Intrigen einmischst.«
    Die Erwähnung von Gordius brachte mich wieder an den Rand der Tränen. Und ich fragte mich, was ich nun tun sollte. Ich war ein Zauberlehrling ohne Meister und ohne Heimat. Und ohne Mumm. Denn egal, was Tucker sagte: Jemand erwartete doch von mir, die Welt zu verändern. Und dieser Jemand war ich selbst. Bisher hatte ich diese Erkenntnis erfolgreich verdrängen können, aber das ging jetzt nicht mehr.
    Ich nahm mir vor, später darüber nachzudenken. »Ich werde erst einmal hierbleiben und dich versorgen, bis du wieder gesund bist«, sagte ich. »Danach sehen wir weiter.«
    Tucker ließ sich auf das Sofa zurücksinken und schloss die Augen. Das Sprechen hatte ihn doch mehr erschöpft, als er eingestehen wollte. Ich beschloss, zunächst einmal ein paar Vorräte einzukaufen. Doch zuerst holte ich Horatio aus meinem Zimmer und setzte ihn draußen auf den Rasen, wo ich ihm bei seinen Erkundungen zusah. Die frische Luft tat mir gut, die Sonne wärmte meinen Körper und ich spürte einen Teil meiner Energie zurückkehren. Allerdings wollte mich das Gefühl, ein Fremder zu sein, auch nicht verlassen, als ich ins Dorf ging. Ich kannte hier jeden Stein, und doch war es mir, als sähe ich alles zum ersten Mal. Die Dorfbewohner grüßten mich freundlich, aber mit einem verhaltenen Blick, und niemand versuchte, mich in einen Plausch zu verwickeln, wie es früher üblich war. Auch im Lebensmittelgeschäft schien es mir, als rückten die anderen Kunden von mir ab, als ich meine Bestellung aufgab.
    Ich kehrte mit meinen Einkäufen zu Gordius’ Haus zurück. Nachdem ich alles eingeräumt hatte, bereitete ich für Tucker und mich eine kräftige Suppe zu. Dann wechselte ich seine Verbände und plauderte ein wenig mit ihm, bis er erneut wegdämmerte. Anschließend wusch ich ab und unternahm einen ausgedehnten Spaziergang mit Horatio.
    So vergingen die folgenden Tage.
    Ich hatte einen Termin beim Notar, um meine Erbschaft rechtskräftig zu machen. Ich traf Johanna wieder, die immer noch sauer war, dass ich abgehauen war, ohne mich zu verabschieden, und mir kurz und knapp mitteilte, dass sie mit mir nichts mehr zu tun haben wollte, weil sie jetzt einen anderen Freund hatte. Ich informierte den Ortspolizisten über das, was vorgefallen war, bat ihn aber auf Wunsch von Tucker, die Sache nicht weiterzuverfolgen, was ihm nur recht war. Ich kümmerte mich um Tuckers Hühner und die Bezahlung seiner Rechnungen. Ich kaufte für uns ein, machte Essen und mischte die passenden Salben für seine Wunden an.
    Ab und zu wurde ich auch in den Ort gerufen, um kleinere Verletzungen oder leichte Erkrankungen zu behandeln. Dafür reichte mein bei Gordius erworbenes Wissen aus, und die Bewohner zeigten mir ihren aufrichtigen Dank durch die Übernahme eines Teils meiner Lebensmittelrechnung. Ich hatte das Gefühl, sie hätten es gerne gesehen, wenn ich bliebe. Als ehemaliger Schüler von Gordius genoss ich ihr vollständigesVertrauen, und ein angelernter Zauberer war für sie immer noch besser als gar keiner.
    Diese Aktivitäten hielten mich davon ab, über den Verlust von Gordius und meine Zukunft nachzudenken. Doch dann kam unweigerlich der Tag, an dem sich Tucker von seinem Krankenlager erhob und erklärte: »Ich komme jetzt allein zurecht.«
    Wie ein Kartenhaus stürzte meine kleine Welt in sich zusammen. Die Fragen, vor deren Beantwortung ich mich gedrückt hatte, standen auf einmal alle wieder vor mir. Und ich war nicht viel schlauer als zuvor. Diesmal war es Tucker, der mir einen Tee brachte. Wir saßen in der Nachmittagssonne und Horatio stromerte zwischen den Gräsern umher.
    »Du musst jetzt eine Entscheidung fällen«, begann der Händler. »Willst du hierbleiben? Dann helfe ich dir gerne dabei, eine Arbeit zu finden. Oder willst du zurück nach Paris? Dann werde ich solange über dein Haus wachen.«
    Dein Haus , das hörte sich merkwürdig an. Für mich war es immer noch das Haus von Gordius. Auf dem Papier gehörte es zwar mir, aber ich hatte das Gefühl, es nicht verdient zu haben. Was hatte ich schon dafür getan? Im Gegenteil, bei der ersten großen Herausforderung war ich davongerannt und hatte meine Freunde alleingelassen.
    Damals merkte ich es noch nicht, aber später wurde mir klar, dass ich meine Entscheidung schon längst getroffen hatte. Ich würde nach Paris zurückgehen. Das war ich nicht nur Gordius schuldig, sondern auch Tucker. Ich konnte

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