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ePub: Der letzte Zauberlehrling

ePub: Der letzte Zauberlehrling

Titel: ePub: Der letzte Zauberlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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zu machen. Was sie als den Sieg des Verstandes feiern, beruht allerdings auf einer Selbsttäuschung, denn die Antriebskräfte dämonischen Handelns sind die primitivsten Instinkte. Machtstreben, Egoismus und ungebremste Aggressivität werden weder durch Mitgefühl noch Liebe oder andere Empfindungen, die wir Menschen kennen, beschränkt. Die Moral der Dämonen ist ausschließlich das Recht des Stärkeren. Egoismus wird nicht nur geduldet, sondern ist unverzichtbar, um in ihrer Gesellschaft erfolgreich zu sein und zu überleben.
    Deshalb ist es gut, dass Dämonen und Menschen durch viele Dimensionen getrennt sind. Würde es einen Kontakt zwischen den beiden Arten geben, dann wären die Menschen in kürzester Zeit versklavt. Ein Begriff wie friedliches Zusammenleben ist den Dämonen völlig fremd. Für sie gibt es nur Herrschen oder Beherrschtwerden. Kompromisse gehen sie lediglich dann ein, wenn sie dazu gezwungen werden. Und auch in einem solchen Fall ist ihr gesamtes Trachten darauf gerichtet, jegliche Zugeständnisse möglichst bald wieder rückgängig zu machen.
    Da ihnen die Menschen technologisch nichts entgegenzusetzen haben, würde es für die Dämonen ein Leichtes sein, sich die Erde zu unterwerfen. Das ist bislang nur deshalb noch nicht geschehen, weil die Dämonen untereinander zutiefst zerstritten sind, denn ihre Rücksichtslosigkeit und Machtgier richtet sich nicht nur gegen andere Völker, sondern auch gegen ihre eigene Art.«
    An dieser Stelle wurde ich nachdenklich. Wenn das, was der Autor schrieb, stimmte, dann hatte sich Lothar geschickt verstellt. Er hatte mir nicht nur vorgemacht, er sei vertrauenswürdig und würde zu seinem Wort stehen, er hatte auch nichts gesagt, als wir erfahren hatten, dass Pompignac offenbar einen Kontakt zu den Dämonen herstellen wollte. Wenn ich dazu berücksichtigte, dass es einer seiner sehnlichsten Wünsche war, in seine Dimension zurückzukehren, dann war sein Verhalten eindeutig zu erklären: Er hoffte, durch Pompignacs Aktivitäten einen Weg zurück zu finden. Das bedeutete abergleichzeitig, dass er keinerlei Interesse daran hatte, die Aktivitäten von Prometheus, Agnetha und Papillon zu unterstützen. Im Gegenteil, er konnte seine Ziele nur erreichen, wenn Pompignac sein Vorhaben mit dem Überzauber gelang und wenn meine Freunde scheiterten.
    War das der Grund, warum er mir so stark dazu geraten hatte, Paris zu verlassen? Wenn ich genau darüber nachdachte, dann hatte er mich praktisch sogar dazu gedrängt, hierher zurückzukehren. Das konnte eigentlich nur heißen, dass er mich aus dem Weg haben wollte, um ungestört die Pläne der anderen sabotieren zu können.
    Ich musste also auf jeden Fall zurückkehren, und sei es nur, um meine Freunde vor Lothar zu warnen. Als ich Tucker meinen Entschluss mitteilte, nickte er nur, so als habe er das von Anfang an erwartet. Wie kam es nur, fragte ich mich zum wiederholten Mal, dass mich alle anderen besser zu kennen schienen als ich mich selbst?
    »Du weißt, du kannst jederzeit hierher zurückkommen«, sagte der Händler, während ich ihn zu seinem Haus begleitete. »Hier schätzen alle deine Fähigkeiten und du könntest in Ruhe alt werden. Es ist vielleicht nicht so aufregend wie das Leben in der Stadt, aber die Menschen brauchen jemanden wie dich.«
    »So wie sie Gordius gebraucht haben.« Ich nickte. »Nur weiß ich nicht, ob ich dafür schon bereit bin. Als ich Paris verließ, dachte ich, ich würde hier meinen Frieden finden. Jetzt ist mir klar, dass ich mir etwas vorgemacht habe.«
    »Wegen Pompignac?«
    »Deswegen auch. Aber was viel wichtiger ist: wegen mir selbst.Gordius hat mich nicht nur fortgeschickt, weil er todkrank war, sondern vor allem, weil er wusste, dass ich nur in Paris das lernen kann, was ich brauche, um ein guter Zauberer zu werden. Und ich will ein guter Zauberer werden. Bevor ich das Ziel nicht erreicht habe oder alles versucht habe, um es zu erreichen, werde ich nirgendwo meinen Frieden finden.«
    »Das verstehe ich«, sagte Tucker. Er hatte in seiner Hosentasche noch einen Rest von dem Kautabak gefunden, ohne den man ihn sonst nie sah, und ihn beim Aufbruch in den Mundwinkel geschoben. Jetzt spuckte er einen seiner berüchtigten braunen Flecken an den Straßenrand. Es schien ihm wirklich schon wieder viel besser zu gehen.
    »Und weil meine einzige Chance, jemals ein richtiger Zauberer zu werden, Prometheus ist, werde ich alles tun, um ihn vor Schaden zu bewahren. Ich hätte ihn nie verlassen

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