ePub: Drachenhaut (German Edition)
dich lustig über meine Qualen?«, fragte er anklagend.
Die Peri Banu hob die Schultern und lächelte. »Lieber Junge«, sagte sie, »du solltest das Ganze etwas leichter nehmen. Du musst nun einmal mit diesem Fluch leben ‒ und glaube nicht, dass ich dich nicht bedauere! ‒, aber da sich doch nichts daran ändern lässt, musst du eben das Beste daraus zu machen suchen. Jammern und Klagen hilft dir auch nicht.«
Der Prinz wandte sich mit einem Unmutslaut ab und verschränkte die Arme. »Du hast leicht reden«, sagte er scharf. »Du kommst alle paar Jahre hereingeschneit, bekundest deine Anteilnahme und verschwindest wieder. Dein Mitleid hilft mir aber nicht, liebe Tante.«
Die Peri Banu ließ sich anmutig auf einen Diwan sinken und nahm ein langstieliges Glas in die Hand, in dem etwas Rosafarbenes perlte. Sie nippte daran und bewunderte das Spiel der feinen Bläschen im Glas. »Wobei könnte ich dir helfen, mein lieber Junge?«
Amayyas ließ sich ihr gegenüber auf ein Polster fallen und legte das Gesicht in die Hände. »Mein Vater ist kein sehr duldsamer Mann«, sagte er dumpf. »Er hat sich mit meinem ‒ Problem schon über die Maßen geduldig gezeigt, aber ich weiß, dass es damit vorbei ist. Er wird zum Ende des Winters meinen Bruder Farrokh offiziell als seinen Thronfolger einsetzen. Was dann mit mir geschieht, wage ich mir kaum auszudenken.«
Die Fürstin trank erneut und stellte das Glas wieder ab. »Was wird mit dir geschehen?«, fragte sie neugierig.
Der Prinz blickte auf und sah sie an. Ihr schönes, helles Gesicht zeigte nichts als höfliches Interesse. Amayyas biss sich auf die Lippe. Was erwartete er von der Feenfürstin? Sie war kein Mensch, sie verstand nicht, welche Ängste und Sorgen einen Menschen umtrieben. »Es ist gut, Tante«, sagte er. »Ich habe dich mit meinen kleinen Kümmernissen belästigt, statt mich über deinen Besuch zu freuen und dafür zu sorgen, dass du angemessen bewirtet wirst. Darf ich dir etwas aus der Küche bringen lassen?«
»Du bist ein lieber, gut erzogener junger Mann«, erwiderte die Peri Banu und erhob sich. Sie reichte dem Prinzen ihre zarte Hand und wartete, bis er einen Handkuss angedeutet hatte. »Aber ich muss nun wirklich gehen. Es gibt immer so viel zu tun.« Sie richtete die Schleier und Falten ihres hauchdünnen Gewandes, und Amayyas fragte sich nicht zum ersten Mal, ob Feen nicht froren. »Lass den Kopf nicht hängen, hörst du? Und iss ein bisschen mehr. Du bist wirklich zu dünn.« Sie sah ihn mit schief gelegtem Kopf kritisch an. »Du hättest das Mädchen fressen sollen, mein Lieber. So eine Gelegenheit lässt man sich doch nicht leichtfertig entgehen. Du wärst alle deine Sorgen mit einem Schlag los gewesen.« Sie lächelte ihn strahlend an und verschwand.
Der Prinz fluchte höchst unprinzenhaft und trat gegen das Polster, auf dem er gerade noch gesessen hatte. Es flog mit einem dumpfen Knall gegen die Wand.
Die Tür öffnete sich und Aspantaman blickte ins Zimmer. »Hast du gerufen?«
»Ach, Aspantaman«, rief Amayyas und suchte nach etwas anderem, wogegen er treten konnte. »Was soll ich nur tun? Denkst du auch, ich hätte Lilya fressen sollen?«
Der Eunuch schwieg, kratzte sich am Kopf und machte: »Hm«.
Amayyas warf sich auf den Diwan und starrte finster das Glas an, das die Peri Banu geleert hatte. »Du denkst es also auch.«
»Nein«, sagte sein Erzieher müde. »Nein, Amayyas, das denke ich nicht. Du bist nicht wie dein Bruder oder dein Vater. Du hättest nicht damit leben können, dass jemand sich opfern muss, damit du befreit wirst.«
»Hätte ich das nicht?«, fragte der Prinz bitter. »Siehst du mich nicht ein wenig zu rosig, mein Freund? Ich bin nicht anders als alle anderen Menschen. Meine eigene Haut ist mir immer noch näher als die eines Fremden. Wenn es darauf ankommt ...«
»Nun, du hast sie immerhin nicht getötet«, gab Aspantaman zurück. »Das scheint mir ein gewisses Maß von Skrupeln deinerseits zu beweisen.«
»Ach, vielleicht war ich auch einfach nur dumm und feige. Ich weiß es nicht, Aspantaman!«
Der Erzieher kniete neben ihm nieder und nahm seine Hände. »Sieh mich an, Amayyas«, sagte er eindringlich. »Du fürchtest dich vor morgen. Du sorgst dich, dass du eines Tages in deiner anderen Gestalt erwachst und dich in einem Käfig wiederfindest, den du nicht mehr verlassen wirst. Du hast Angst, dass dein Bruder, wenn er erst einmal der Kronprinz ist, nicht lange fackeln und dich umbringen lassen wird. Mit
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