ePub: Drachenhaut (German Edition)
weißen Zähnen durch die Nacht blitzte. Dann waren Hände auf ihren Schultern und der Mann zog sie in eine feste Umarmung. Er roch nach Sonne und Sand, Wind und Kamelen. Und nach Blut.
»Yani«, sagte Lilya und erwiderte die Umarmung mit einer Heftigkeit und Freude, die sie selbst überraschte. »Woher kommst du? Warum lauerst du hier wie ein Meuchelmörder?«
Er lachte und zog sie mit sich zum Brunnen. »Ich wollte niemanden wecken«, sagte er. »Bin gerade erst angekommen. Meine Männer campieren draußen vor dem Dorf, und ich wollte sichergehen, dass uns niemand auflauert.«
»Deine Männer?«, fragte Lilya. »Jemand, der euch auflauert? Yani, was treibst du?« Sie konnte nicht verhindern, dass sie entsetzt klang.
Der junge Mann beugte sich über den Brunnenrand, um sich Wasser ins Gesicht zu schöpfen. »Wir jagen die Jäger«, erwiderte er grimmig und pustete die Tropfen von seinen Lippen. »Riechst du das Blut? Wir haben vor ein paar Tagen eine Gruppe von Sklavenjägern aufgebracht und verfolgt. Eine Handvoll der Mörder konnte uns entkommen ‒ sie werden die königlichen Soldaten auf unsere Spur hetzen. Ich wollte das Dorf warnen.«
Lilya hockte sich auf den Brunnenrand, weil ihre Knie nachzugeben drohten. »Yani, du bist verrückt.«
»Bin ich das?« Er trank mit langen, durstigen Schlucken. »Ich denke, ich kann meine Leute holen. Hier ist alles in Ordnung,oder?« Sie spürte seinen Blick, der an ihr vorbei den Dorfplatz musterte. »Es sind Fremde in der Gästehütte. Wer?«
»Mitglieder meines Rudels. Mein Bruder und seine ...«, begann Lilya und unterbrach sich.
Yani war aufgesprungen und hatte sein Messer gezogen. »Wer ist da?«, fragte er scharf.
Die leisen Schritte verstummten. Lilya hörte den Atem und witterte einen vertrauten Geruch. »Mein ...«, sagte sie und verstummte wieder. »Steck das Messer weg, Yani. Es ist kein Feind, sondern ein Mitglied meines Rudels.«
Yani blieb mit dem Messer in der Hand stehen. »Rudel?«, sagte er. »Was meinst du damit, Lilya?«
Udad hatte sich langsam angenähert und stand jetzt neben Lilya. »Wer ist das?«, fragte er ruhig.
»Ein alter Freund«, sagte Lilya. »Yani, das ist Udad.«
Der junge Mann kniff die Augen zusammen. »Ein Rakshasa«, sagte er und steckte das Messer fort. »Sei gegrüßt, Freund meiner Freundin. Ich bin auf der Suche nach jemandem wie dir.«
Lilya entspannte sich. »Gehen wir in unsere Hütte«, sagte sie. »Wenn Udad wach ist, schlafen auch die anderen nicht mehr. Habe ich recht?«
Der Rakshasa wandte seinen Blick nicht von Yani. Er nickte langsam. »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht«, sagte er. »Du bist hinausgegangen, ohne etwas zu sagen, und dein Geruch war Angst und Zorn. Was will er von dir?« Seine Stimme war heftig.
Lilya sah von ihm zu Yani und seufzte. Beide starrten sich finster und misstrauisch an. »Er ist ein Freund«, wiederholte sie sanft.
»Wer ist dieser Udad, dass er von dir Rechenschaft fordern kann?«, fragte Yani nicht minder heftig.
»Oh bitte!«, rief Lilya und hob die Hände. »Geht mir nicht auf die Nerven, ihr beiden!«
Sie griff nach Yanis Ellbogen und Udads Hand und zog beide mit sich. »Ihr seid mir beide lieb und teuer«, sagte sie. »Aber ihr seid anstrengend. Keine Eifersuchtsszene, hört ihr? Sonst lasse ich euch hier einfach stehen.«
Yani knurrte und Udad fauchte, aber beide schwiegen, bis sie die Hütte erreichten. Am Eingang stand Aghilas und sah ihnen entgegen. Er nickte, als er Lilya mit ihren Begleitern erkannte, und ging wieder hinein.
Lilya stellte Yani Aghilas und Ittû vor. Die Männer musterten sich mit einer Portion Misstrauen, Ittû lächelte und legte besitzergreifend ihren Arm um Aghilas Hüfte.
Yani war der Erste, der das Schweigen brach. Er sah Lilya fragend an: »Was hast du eben am Brunnen gemeint? Dass dein Rudel hier ist?«
Lilya erklärte ihm, dass Aghilas und sie den gleichen Vater hatten und dass sie in das Rudel der Rakshasa aufgenommen worden war.
Yani lauschte mit weit geöffneten Augen. Er blinzelte kurz, nickte und beugte sich vor. »Aghilas«, sagte er ernst, »ich brauche eure Hilfe.«
»Du bist der Geflohene, von dem sie erzählen?«, fragte der Rakshasa. »Der die Jäger jagt?«
Yani nickte knapp. »Ich habe eine Gruppe von ehemaligen Sklaven um mich versammelt. Wir haben alle erlebt, wie unsere Familien getötet oder verschleppt wurden. Wir alle waren in sardarischer Gefangenschaft und konnten uns daraus befreien. Wirwollen, dass es
Weitere Kostenlose Bücher