ePub: Drachenhaut (German Edition)
aufhört. Und dazu gehört für uns auch das, was die Sardar deinem Volk antun.«
Lilya schauderte. Sardar. Das war der Feind ‒ aber sie konnte immer noch ihre eigene Stimme hören, die sagte: Ich bin eine Sardari.
Udad legte stumm seinen Arm um ihre Schultern. Yanis Blick streifte sie, er runzelte die Stirn.
Aghilas lehnte sich vor und verschränkte die Hände auf den Knien. »Was hast du vor? Eine kleine Gruppe von ehemaligen Sklaven wird es kaum schaffen, die Soldaten des Shâyas in Angst und Schrecken zu versetzen.«
Yani lächelte. »Das ist mir bewusst. Aber wir werden mehr und stärker. Warte, bis sich überall herumgesprochen hat, dass es uns gibt. Der Shâya wird vor uns zittern.«
Er sprach mit ruhiger Gewissheit und ohne jede Aufschneiderei. Lilya senkte den Kopf und seufzte. »Du bringst dich in Gefahr«, sagte sie.
Yani zuckte die Achseln. »Ja.«
Aghilas nickte. »Gut. Was willst du von uns?«
»Unterstützung. Wir brauchen gelegentlich einen Führer oder einen Ort, an dem wir uns verstecken können. Niemand kennt die Wüste und die Gebiete bis zu den Drachenbergen besser als ihr.«
»Führer und einen Ort der Zuflucht.« Aghilas schnalzte mit der Zunge. Sein Blick war nachdenklich. »Ich darf mein Rudel nicht noch größerer Gefahr aussetzen«, sagte er. »Aber andererseits ‒ die Jäger wagen sich immer tiefer in unser Gebiet und sie finden und töten immer mehr von meinem Volk. Gut. Wärt ihr bereit, uns im Gegenzug beizustehen?«
Yani schüttelte verblüfft den Kopf. »Was wir tun, soll auch deinem Volk helfen«, sagte er. »Natürlich stehen wir euch bei!«
Aghilas verschränkte die Arme und senkte das Kinn auf die Brust. Er dachte nach. Dann nickte er wieder. »Ich werde die anderen Rudel informieren«, sagte er. »Wir werden euch helfen, wenn ihr uns helft.«
Yani lachte und reichte ihm die Hand und Aghilas schlug ein.
Lilya sprang auf und lief hinaus. Sie blieb vor der Hütte stehen und holte tief Luft. Die schwere, stickig-warme Atmosphäre drückte ihr auf die Brust und verursachte ihr Beklemmungen. Ein Gefühl, das dem der Angst zum Verwechseln glich.
Jemand glitt an ihre Seite und legte seinen Arm um sie. Sie roch Wüste und Sand. »Was hast du?«, flüsterte Yanis Stimme.
Sie schüttelte den Kopf. »Böse Vorahnungen«, sagte sie leise. »Ich sehe Tod und Blut, Trauer und Leid.« Sie biss sich auf die Lippe und der Schmerz vertrieb die schweren Schatten. Sie atmete hörbar ein und stieß die Luft heftig wieder aus. »Nicht du, nicht mein Rudel«, sagte sie. »Ihr seid es nicht, um die ich bange.«
»Tedus und die anderen?«, fragte Yani besorgt.
Lilya spürte der Ahnung nach und schüttelte nach einer Weile wieder den Kopf. »Ich weiß es nicht«, sagte sie müde. »Nein, ich glaube nicht. Aber ich darf nicht länger untätig hier herumsitzen. Die Zeit drängt. Ich komme zu spät, wenn ich noch länger verweile.«
»Wohin zu spät?«
Lilya sah weder sein Gesicht, noch hörte sie seine Stimme. Sie sah in eine dunkle, ferne und doch so nahe Gegenwart. Ein Mann, der vor einem Käfig kniete. Ein Dolch. Blut, das auseiner aufgeschlitzten Kehle schoss. Ein Mann, der neben einem toten Panther lag ‒ sterbend. Sie schüttelte sich.
»Du brichst mir den Arm«, sagte der junge Mann, der neben ihr stand. Yani. Er sah besorgt aus. Sie blickte auf ihre Hand hinab, die seinen Arm umklammert hielt, und zwang sich, ihren Griff zu lockern.
»Danke.« Yani rieb sich das Handgelenk.
Udad tauchte lautlos an ihrer Seite auf. Er sah Yani an und zog die Lippen zu einem stummen Fauchen von den Zähnen zurück. Yani erwiderte die Grimasse mit einem zornigen Blick.
Lilya nahm mit der Linken Udads Hand und Yanis in die andere. Sie hielt sie fest und sagte eindringlich: »Ich brauche euch beide für das, was vor mir liegt. Bitte, seid mir zu Gefallen höflich zueinander. Ich kann nicht verlangen, dass ihr Freunde werdet ‒ aber wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann wäre es dies.« Sie unterdrückte ein Schluchzen. »Ich habe Angst«, sagte sie. »Ich werde wahrscheinlich zu spät kommen, um etwas Schreckliches zu verhindern. Bitte, Yani, Udad ‒ seid an meiner Seite!«
Einige Atemzüge lang bewegte sich keiner der drei. Dann streckte Yani zögernd seine freie Hand aus und Udad ergriff sie.
Lilya lächelte. »Danke.«
Udad nickte ernst und Yani erwiderte das Nicken. »Wohin sollen wir dich begleiten und was müssen wir tun?«, fragte er nüchtern.
Lilya zog beide an sich, sodass
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