ePub: Drachenhaut (German Edition)
sie Yanis bärtiges Kinn und die glatte Wange Udads an ihren Wangen spüren konnte. »Nach Mohor«, flüsterte sie. »In das Serail. Wir müssen den Kronprinzen retten.«
Der Versuch, Yani von ihrem Unternehmen zu überzeugen, kostete sie in dieser Nacht noch einige Nerven. Udad, der schon länger von Amayyas und seinem Fluch wusste, saß schweigend neben ihr und blickte zu Boden. Er war kein großer Redner in seiner Menschengestalt, das wusste Lilya inzwischen. Sie vermisste die gut gelaunte, zuversichtliche Art, die ihn als Leoparden so auszeichnete. Wie oft hatte er sie zum Lachen gebracht, wenn trübe Gedanken sie verfolgten. Lilya stieß einen erbitterten Laut aus, der Yani mitten in einer langen Ausführung unterbrach, in der er ihr darzulegen versuchte, dass es viel zu gefährlich für sie war, an so ein Unternehmen überhaupt zu denken, geschweige denn es durchzuführen. Er sah sie verblüfft an.
Lilya stand auf und reckte sich. »Ich gehe schlafen«, sagte sie kalt. »Yani, ich danke dir für deine Besorgnis und deine Warnungen, aber beides ist unnötig. Ich werde morgen früh aufbrechen, und wenn du an meiner Seite sein willst, bist du willkommen. Aber notfalls gehe ich auch ohne jede Begleitung.« Sie hob die Hand, um seinen Widerspruch zu ersticken. »Es war ohnehin nicht recht von mir, dich und mein Rudel um Hilfe zu bitten. Das hier ist ganz und gar meine Aufgabe, die ich alleine zu lösen habe. Verzeiht mir, dass ich einen Augenblick lang schwach gewesen bin.«
Udad fauchte. Er stand von einem Wimpernschlag zum nächsten als Leopard an ihrer Seite und sah sie beschwörend an. Gehen wir gleich, sagten sein Blick und seine gespannte Haltung.
Lilya lachte. Sie ignorierte das verblüffte Gesicht Yanis und verwandelte sich ebenfalls. »Ich bin froh, dass du bei mir bist«, sagte sie. »Aber ich möchte dich nicht unnötig in Gefahr bringen. Ich alleine falle nicht weiter auf.«
»Vergiss alle anderen. Wir beide schaffen es.« Udad schlug heftig mit dem Schwanz. »Ich bringe dich hinein und passe auf, dass dir nichts geschieht.«
»Wir sind unhöflich, Udad«, sagte sie sanft. »Yani ist ein guter Freund. Er ist stark und mutig. Wir sollten ihn nicht übergehen.« Sie streckte sich in ihre menschliche Gestalt und legte ihre Hand auf Yanis Arm. »Es ist mir lieber, wenn du hierbleibst und dich um deine Männer kümmerst. Ich bringe dich in unnötige Gefahr, wenn du mich nach Mohor begleitest. Vergib mir, dass ich dich darum gebeten habe, Yani.«
Udad wechselte die Gestalt und stand auf. »Wir schaffen es alleine«, wiederholte er. »Yani, du bist ein Mensch. Du hast keine besonderen Kräfte und kommst nicht einfach so in den Palast. Wir schon.«
Yani grinste. »Ihr habt keine Ahnung«, gab er zurück. »Ich war schon mehrmals im Serail ‒ ich weiß, wie ich hinein- und wieder hinausgelange. Ihr braucht mich mehr, als ihr denkt!«
Lilya hob seufzend die Hände. »Also gehen wir morgen alle drei«, sagte sie. »Ich danke euch. Geht nun schlafen, wir sollten ausgeruht sein.«
Aghilas saß neben der schlafenden Ittû und wartete auf sie. Lilya hockte sich an seine Seite und berichtete flüsternd, dass sie am Morgen mit Udad und Yani nach Mohor aufbrechen würde. Sie bat Aghilas, zum Rudel zurückzukehren.
Er neigte den Kopf. »Du wirst Hilfe brauchen«, gab er zu bedenken.
Lilya legte ihre Hand auf seine und er schloss seine Finger darum. Sein Blick war besorgt.
»Wir sind schon auffällig genug, wenn wir nur zu dritt gehen«, sagte Lilya. »Udad und ich sind für den Prinzen da. Ich weiß nicht, in welcher Verfassung und in welcher Form wir ihn antreffen werden. Wenn er Panther ist, kann ich mit ihm reden und ihn notfalls mit Udads Hilfe überwältigen. Und Yani brauche ich für seinen Erzieher.«
Aghilas wirkte nicht überzeugt. »Was meinst du mit ›überwältigen‹? Wird er nicht mit dir kooperieren?«
Lilya hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Er ist nicht sehr vernünftig, wenn er Panther ist, fürchte ich. Nicht wie du oder die anderen. Er ist ...«, sie suchte nach Worten.
Aghilas schien zu verstehen. »Er ist mehr wie einer der wilden Brüder«, sagte er. »Ein Leopard, der nicht auch Mensch ist.«
Lilya nickte. Aghilas beugte sich vor und sah sie eindringlich an. »Es wäre besser, wenn wir dich begleiten«, sagte er. »Du kannst einen Wilden nicht bändigen. Udad hat zu wenig Erfahrung. Und dein Yani ist nur ein Mensch.«
Lilya umarmte ihn. »Ich bin stärker als Udad und
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