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ePub: Drachenhaut (German Edition)

ePub: Drachenhaut (German Edition)

Titel: ePub: Drachenhaut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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Arznei gab?«
    Lilya hob die Schultern. »Chival sucht mich immer noch heim. Aber ich trotze ihm, Baba.« Sie hob das Kinn.
    Ihr Großvater nickte nachdenklich. »Wir werden etwas anderes versuchen, um den bösen Traumdämon zu vertreiben. Ich habe eine Beschwörung ersonnen, der ich einige Wirksamkeit zutraue.« Der Druck seiner Hand verstärkte sich, während sie die Treppe hinaufstiegen. Sein Atem ging schwer. Lilya ertrug klaglos den klammernden Griff, obwohl seine Finger sich schmerzhaft in ihre Schulter bohrten.
    »Fürchtest du dich?«, fragte ihr Großvater, als sie das obere Ende der Treppe erreicht hatten und dort pausierten, damit er wieder zu Atem kam.
    Lilya lachte. »Ich fürchte mich doch nie, Baba.«
    Sein Blick, ernst und dunkel, ruhte auf ihr. »Nein«, erwiderte er nach einer Weile. »Nein, das tust du nicht.« Sein düsteresGesicht erhellte sich. »Ich habe ein Geschenk für dich«, sagte er. »Du bekommst es, wenn du errätst, was es ist.«
    Lilya klatschte in die Hände. »Ein Geschenk!«, rief sie aus. »Oh, ich liebe Geschenke!«
    Sie folgte dem Beg in sein Studierzimmer.
    Groß war es und düster wie die Bibliothek. Die Fenster, die zum Garten hinausschauten, waren mit dichten Vorhängen verdeckt. Überall auf den Truhen, Tischen und Wandborden standen Öllampen und Kerzen. Bücher stapelten sich auf dem Boden und den Truhen, Schriftrollen und Schreibzeug, allerlei Gerätschaften und Glaskolben; Flaschen und verschlossene Gefäße standen in Regalen und auf den vielen Tischen, die Flüssigkeiten und zerstoßene Kräuter, geriebene Mineralien und sogar Gifte enthielten, wie sie wusste.
    Und dann waren da die Käfige. Große, kleine, eckige, runde. Darin raschelte und kratzte es bei ihrem Eintreten, es flatterte, huschte und rumpelte.
    Lilya blieb kurz neben einem davon stehen und blickte hinein. Der kleine, geflügelte Dämon mit den gelben Augen fauchte sie an wie eine Katze und drohte ihr mit der Tatze, aber der Bannzauber, den sie bläulich um den Käfig glühen sah, verhinderte, dass einer seiner Zauberflüche aus dem Käfig drang. Lilya lachte und pikte mit ihrem bösen Zeigefinger durch den Schutzzauber. Sie kitzelte den Dämon, der laut zischte und Feuer spuckte.
    »Lilya«, mahnte Kobad. »Ich habe dir doch verboten, dich den Daevas zu nähern!«
    »Entschuldige, Großvater«, murmelte das Mädchen und zog die Hand zurück. Sie senkte den Blick und sah nicht, dass Kobad sie mit düsterem Interesse musterte.
    »Schau her«, sagte er, um ihre Aufmerksamkeit auf etwas zu lenken, was er in der Hand hielt. »Was wünschst du dir schon seit Langem von mir?«
    Lilya hob die Hand zum Mund, ihr Blick flackerte zu dem mannshohen, goldgerahmten Spiegel, der in einer Nische zwischen den Vorhängen stand. »Baba«, sagte sie atemlos.
    Er hielt ihr das sorgsam in Seide eingewickelte, flache Päckchen hin. »Nimm«, sagte er. »Ich glaube, du hast es erraten.« Er ging zu seinem Sessel und ließ sich darin nieder.
    Lilya schlug die Seide auseinander und blickte auf den matt schimmernden Handspiegel hinab. »Oh«, sagte sie. »Ich wage kaum hineinzuschauen.«
    Der Beg legte das Kinn in die Hand und lächelte. »Es ist kein anders gearteter Spiegel als der hier an der Wand, vor dem du dich so gerne drehst und wendest.«
    Unwillkürlich glitt ihr Blick dorthin. Sie musterte flüchtig ihr Abbild, schob eine Haarsträhne aus der Stirn und zupfte ihren Schleier zurecht, der ihr locker wie ein Halstuch um die Schultern lag. »Ich sehe nicht aus wie eine Sardari«, sagte sie mit ärgerlich gerunzelter Stirn. »Sogar die neue Sklavin ist von hellerer Farbe als ich. Wie kann das sein, Baba?«
    Er sah sie starr an. »Bekümmert es dich so sehr?«
    Lilya hob mit einer verlegenen Geste die Schulter. »Ich weiß, dass es nicht wichtig ist. Ich bin die Enkelin des Begs Kobad ‒ deine Enkelin, mein Baba. Das ist das Einzige, was zählt.«
    Er nickte lächelnd. »Das ist das Einzige, ja. Nun sieh dich schon an, mein Kind.«
    Lilya senkte ihren Blick auf den Handspiegel. Sie musterte sich ebenso eindringlich, wie ihr Großvater es vorhin getan hatte. IhrGesicht erschien in den schimmernden Tiefen des Spiegels klar und hell wie Wasser, ihre Augen funkelten in einem tiefen Grün, der Mund verzog sich zu einem zögerlichen Lachen. Lilya hob den Blick wieder und nickte. »Es ist wie in jenem dort, ja.« Sie legte den Spiegel behutsam auf ein Tischchen und eilte zu ihrem Großvater, um ihn auf beide Wangen zu küssen.

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