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ePub: Drachenhaut (German Edition)

ePub: Drachenhaut (German Edition)

Titel: ePub: Drachenhaut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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dass kaum noch etwas an seiner vollen Gestalt zu fehlen schien. Der gefesselte Panther verlor sich in Panthergedanken.
    Er war benommen und ließ es zu, dass die Menschen ihn in einen Käfig sperrten. Das magische Netz löste sich auf, und er warf sich einige Male gegen die festen Eisenstäbe, aber seine Muskeln wurden so schlaff und müde wie sein Geist. Er gab es auf, sich gegen die Gefangenschaft zu wehren, zog sich in die dunkelste Ecke des Käfigs zurück und sank in einen tiefen Schlaf, in dem seine Pfoten zuckten und die Ohren sich unruhig bewegten. Träume vom Jagen und Fressen, Pantherträume.

T RAUMZEIT
    Die schrecklichen tätowierten Gesichter verfolgten sie. Sie hielt ein Amulett fest umklammert und lief durch den dunklen Basar der Magiya. In den Gewölben regten sich dunkle, formlose Gestalten zwischen unheilvoll glänzenden und schimmernden Gegenständen, die verschwanden, wenn Lilya ihren Blick darauf richtete. Die Schattengestalten reckten ihre Arme nach ihr und versuchten, sie zu berühren. Oder wollten sie Lilya festhalten? Sie wich ihnen aus und rannte weiter. Ihr eigener hastiger Atem klang laut und keuchend in ihren Ohren. Es war totenstill. Wo waren all die anderen Menschen, die den Basar besuchten? War sie vollkommen allein mit den Schatten und den Tätowierten, die sie verfolgten?
    Da, wieder tauchte einer von ihnen vor ihr auf. Seine verzerrten Züge grinsten sie an. Oder war das ein drohender Blick, eine wütende Grimasse? Es war nicht zu unterscheiden, denn die bunten Schnörkel und Kringel tanzten wie Geistererscheinungen über das dunkle Gesicht. Lilya biss die Zähne zusammen und wich der Gestalt aus. Sie bog in einen Seitengang und rannte weiter. Irgendwo hier musste doch ein Ausgang sein!
    Schritte. Leise, samtweiche Schritte, die ihr folgten. Lilyasprang in die finstere Öffnung eines leer stehenden Gewölbes und kauerte sich nieder. Ihr Atem war so laut, dass sie fürchtete, er werde sie verraten.
    Draußen glitt eine Gestalt vorüber, verharrte einen Atemzug lang vor dem Gewölbe, schien zu lauschen. Zu wittern. Lilya duckte sich noch tiefer, hielt den Atem an.
    Die Gestalt lief lautlos weiter, verschwand in der Finsternis. Lilya wartete, bis sie sicher sein konnte, allein zu sein, und richtete sich langsam auf.
    Eine Hand berührte sie an der Schulter, eine andere an der Schläfe. Eine Stimme, so samtweich wie die Schritte ihres Verfolgers, flüsterte Worte, die sie nicht verstand. Sie konnte sich nicht mehr bewegen. Die Berührungen brannten wie eiskaltes Feuer. Grell glühende Lichterscheinungen tanzten vor ihrem Blick. Sie wehrte sich verbissen gegen den Zauber, der sie auf die Stelle bannte, und es gelang ihr, ihn zu brechen. Mühsam, Schritt für Schritt, wie durch zähen Sirup, verließ sie das Gewölbe und lief ‒ langsam wie eine Schnecke ‒ den Gang weiter entlang. Jeder Schritt dauerte minutenlang. Jede Bewegung war ein Kampf gegen eine unsichtbare Strömung. Hinter ihr waren ihre Verfolger, sie holten auf. Wenn sie Lilya einholten, würde etwas Schreckliches, unbeschreiblich Grauenhaftes geschehen.
    Feurige Funken tanzten vor ihren Augen und narrten sie. Sie konnte nicht sehen, wohin sie lief. Schritt für Schritt schleppte sie sich voran, während die Verfolger unaufhaltsam näher kamen.
    Das Amulett! Sie hatte das Amulett vergessen, das sie umklammert hielt.
    Mit einem Schrei der Erschöpfung hob sie die Hand mit dem Schutzzauber. Er strahlte grell auf und zeigte ihr die Wesen, diesie verfolgten. Wieder schrie sie, und dieses Mal war es das blanke Entsetzen, das sie schreien ließ.
    Schlangenkopf und Pantherkrallen, geschlitzte Pupillen und Opalaugen, gespaltene Zunge und Reißzähne, tropfendes Gift und blutige Lefzen.
    Lilya fuhr herum und wollte fliehen, aber dort standen die Tätowierten und blockierten den Weg. Sie war verloren.
    Der Talisman blitzte blendend hell auf. Einen Augenblick lang war sie blind, und als sie wieder sehen konnte, stand sie allein in einem dunklen Raum. Sie konnte Wände erkennen, die aus grob behauenem Stein zu sein schienen. Ein unterirdischer Raum? Es fühlte sich so an. Die Luft war kühl und roch etwas abgestanden, wie in einem Keller.
    Lilya drehte sich einmal um die eigene Achse. Sie war allein. »Hallo?«, rief sie zaghaft, dann etwas beherzter: »Hallo!«
    Etwas raschelte. Ein großer, seltsam geformter Schatten wuchs an der Wand empor, auf die sie blickte. Die Gestalt, die ihn warf, musste riesig sein. Waren das Flügel, die

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