ePub: Drachenhaut (German Edition)
keuchend zurück. Er hielt sich den Kopf und wiegte sich vor und zurück, als verursachte das Denken ihm Schmerzen. »Ich versuche es ganz schrecklich, Aspantaman.«
Der Eunuch gab seine Position vor der Tür auf und kniete sich zu dem Narren hin. Er nahm die Hände des Zwerges und rieb sie sanft. »Strenge dich nicht zu sehr an, mein ... Massin. Sie wird noch einige Tage hier zu Gast sein. Warte auf den Dunkelmond, hörst du?«
Lilya zuckte zusammen und schob sich zur Wand zurück. Sie tastete nach der Tür. Dunkelmond. Was würde an diesem Tag geschehen?
Der Zwerg blickte jäh auf, als hätte jemand ihn gerufen. Sein Blick traf auf Lilya. Einen Moment lang verschwanden die Schleier vor seinen Augen, sie wurden klar und scharf.
Lilya blinzelte, denn der Anblick, den ihre Augen ihr zeigten, wechselte übelkeitserregend schnell zwischen dem Bild des Zwerges, eines schwarzen Panthers und eines schlanken jungen Mannes hin und her, die sie allesamt mit diesem stechenden Blick anstarrten. Sie schloss die Augen und schüttelte den Kopf, und als sie wieder aufblickte, war da nur noch der Bucklige.
»Lilya Banu«, sagte er deutlich. »Du folgst Dem Naga.«
Lilya stockte der Atem. »Nein«, erwiderte sie heftig. »Dieser schreckliche Schlangenmensch! Ich hasse ihn. Er verfolgt mich. Du lügst, wenn du so etwas behauptest!«
Aspantaman sah von ihr zu dem Zwerg. »Was meinst du damit?«, fragte er ruhig.
Der Bucklige rieb sich mit der Hand über die hängende Unterlippe. Sein Blick bewölkte sich erneut. »Ich weiß es nicht«, jammerte er. »Lass mich gehen, Aspantaman. Ich habe Kopfschmerzen.«
Der Obersteunuch nickte und griff an Lilya vorbei, um die Tür zu öffnen. »Ich bringe dich ins Haus zurück«, sagte er zu ihr und sah den jungen Zwerg fragend an. »Wartest du hier auf mich, Massin?«
Der Bucklige stierte mit herabgesunkenen Lidern ins Nichts. Er lehnte schlaff wie eine weggeworfene Puppe an der Wand des Pavillons. Seine Glieder waren verdreht und seine Haltung wirkte äußerst unbequem, aber er regte sich nicht und versuchte nicht, sie zu verändern.
»Warte auf mich«, wiederholte Aspantaman und setzte den Buckligen mit ein paar sicheren, sanften Handbewegungen bequemer hin. Er strich dem Narren sacht über den Kopf und wandte sich dann ab. Lilya sah die Trauer in seinem Gesicht und folgte ihm stumm hinaus.
»Was ist mit ihm?«, fragte sie, als sie sich ein paar Schritte vom Pavillon entfernt hatten.
Der Eunuch zuckte zusammen. Es war, als hätte er in Gedanken versunken ihre Gegenwart vollkommen vergessen. »Was mit ihm ist?« Er zuckte die Schultern und gab sich einen unbekümmerten Anschein, aber Lilya sah die Sorgen, die sein freundliches Gesicht verhärteten. »Er ist ein bedauernswertes Wesen, dem ich nur zu gerne helfen würde. Aber das liegt nicht in meiner Macht. Dein Großvater ...« Er unterbrach sich mit einem Räuspern. »Siehst du dort? Dieser Baum trägt schon beinahe reife Früchte.«
Lilya ließ sich nicht ablenken. »Mein Großvater?«, fragte sie.
Der Eunuch blieb stehen und rieb sich seufzend über die Stirn. »Ich werde alt und geschwätzig«, sagte er mit einem kleinen Lachen. »Vergiss, was ich gesagt habe, Lilya Banu. Bitte.«
Lilya nickte ohne Überzeugung und schritt weiter neben Aspantaman her. Alt, dachte sie. Er ist doch kaum älter als mein Onkel Javidan ‒ eigentlich viel zu jung, um schon so eine wichtige Position wie die des prinzlichen Erziehers zu bekleiden.
Ihre Gedanken bekamen plötzlich Flügel und überschlugen sich beinahe. Der Erzieher des Prinzen. Er ist über die Maßen besorgt um das Wohlergehen eines Hofnarren. Mein Großvater ist hier, um dem Prinzen zu helfen. Es gibt eine offensichtliche Verbindung zwischen all dem.
Sie blieb stehen und zwang so den Obersteunuchen, ebenfalls stehen zu bleiben. »Ist das der Fluch?«, flüsterte sie. »Ist er dazu verdammt, so zu sein? Ein schwachsinniger, buckliger Zwerg?«
Der Obersteunuch sah sie schweigend an. Seine Miene bewölkte sich. Er schien mit einer Antwort zu ringen. »Ja«, sagte erschließlich. »Ja, Lilya Banu, so ist es.« Er biss sich auf die Lippe. »Du solltest nicht darüber reden«, sagte er widerstrebend. »Bitte.«
Sie griff stumm nach seiner Hand und drückte sie.
»Warum denkt er, dass ich mit Dem Naga zu tun habe?«, fragte sie sich laut. »Woher weiß er, dass der Schlangengott mich verfolgt?« Sie runzelte die Stirn. »Warum hat er dich nach mir suchen lassen?«
Aspantaman erwiderte
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