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ePub: Drachenhaut (German Edition)

ePub: Drachenhaut (German Edition)

Titel: ePub: Drachenhaut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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töten.« Er nickte ihr ernst zu und wandte sich um. Die Zweige des Baumes raschelten, er war fort.
    Lilya spürte, wie ihre Knie nachgaben. Sie lehnte sich an den rauen Baumstamm und klammerte sich haltsuchend daran fest. Eine Daeva. Sie war kein Dämon, das wusste sie. Daevas waren es, die sie nachts quälten und folterten und die ihrem Großvater aus den Augen blickten. Ein leiser Jammerlaut entfloh ihren Lippen. Der Abend kam unaufhaltsam näher.
    Und während sie das dachte, ertönte in der Ferne der tiefe Gong.
    »Wo warst du? Wie kannst du mich warten lassen?« Ihr Großvater war so wütend, wie sie ihn noch nie zuvor erlebt hatte. Einen schrecklichen Moment lang glaubte sie, er würde sie schlagen. Lilya stammelte etwas, in dem das Wort »Prinz« vorkam.
    Der Beg wurde plötzlich ganz ruhig und kalt. »Du hast den Prinzen getroffen?«, fragte er. »Wie das?«
    »Im Garten, am Teich«, erwiderte sie. »Er hat mit mir gesprochen.«
    »Worüber?« Kobads Blicke spießten sie auf.
    »Ah, über ... darüber, dass er auf deine Hilfe hofft«, sagte sie. »Er hält dich für einen großen Magush.«
    Zu ihrem Erstaunen gab sich Kobad mit dieser Antwort zufrieden. Ein selbstgefälliges Lächeln spielte um seinen Mund. »Nun ja«, sagte er. »Ich denke, dass ich auf einem guten Weg bin.« Dann ließ er das Thema fallen und klatschte ungeduldig in die Hände. »Auf jetzt, die Nacht ist schnell vorüber.«
    Lilya fühlte, wie ihr Mut sank. »Baba«, sagte sie zaghaft, »ich würde so gerne heute einfach nur schlafen. Können wir nicht eine Nacht darauf verzichten ...«
    Er ließ sie nicht ausreden. »Wir haben keine Zeit zu verlieren. Hör auf zu jammern.« Mit einer befehlenden Geste hieß er Lilya auf dem Hocker in der Mitte des Zimmers Platz nehmen und warf sich den weiten, dunklen Mantel um, dessen Kapuze sein Gesicht vor ihrem Blick verdeckte.
    Sie sank auf die harte Sitzfläche und legte die Hände ergeben in den Schoß. Das Gemach, in dem Kobad ihre nächtlichen Sitzungen abhielt, war ein dunkles, fensterloses Gelass, in dem nur ein großer Tisch, einige Wandborde und zwei Hocker standen, sonst nichts. Kobad hatte einige seiner Gerätschaften und Bücher aus seinem Haus herbringen lassen, und Lilya war glücklich, wenigstens einige vertraute Dinge vor Augen zu haben, an die sie ihren gepeinigten Geist klammern konnte, wenn es wieder allzu schlimm wurde.
    Kobad vollzog die vorbereitenden Rituale. Er stellte Kerzen auf und entzündete sie, verbrannte Weihrauch, streute ein violettes Pulver aus einem kleinen Ledersäckchen rund um Lilyas Hocker und murmelte dazu Worte in einer hässlich klingenden Sprache.
    Lilya faltete ihre Hände fest ineinander, denn ihre Finger begannen zu zittern. Gleich würde das blaue Feuer hochspringen und sie einschließen mit all diesen schrecklichen Wesen und Bildern.
    Der Beg beugte sich vor und nahm Lilyas Maske mit einem beiläufigen Schnippen seiner Finger ab. Sie wurde zu einem Atemwölkchen, das in der Luft über Lilyas Kopf zerfaserte.
    Lilya verzog unwillkürlich das Gesicht und hob die Hand zu ihrer Wange, die sich kühl und fremd anfühlte.
    Kobad schob unsanft ihre Finger beiseite. »Lass mich sehen«, sagte er. Er musterte sie aus allernächster Nähe, nickte.
    »Baba ...«, sagte Lilya, die das Gefühl hatte, dass mit dem Verschwinden der Maske ein dämpfender Schleier von ihren Gedanken gezogen worden war. Alles erschien viel schärfer und deutlicher, ihr Kopf war nicht mehr so voller wattiger Müdigkeit.
    Das ist der Zauber, dachte sie mit erschreckender Klarheit. Es geht nicht nur um mein Gesicht. Er hält mich dumm und folgsam, still und gefügig!
    »Baba«, sagte sie noch einmal, energischer als zuvor. »Ich will das nicht. Ich möchte, dass du mich gehen lässt. Du darfst mich nicht gegen meinen Willen so behandeln!« Sie machte Anstalten, sich zu erheben. Noch nie zuvor hatte sie so mit ihrem Großvater gesprochen. Sie erschrak beinahe über den Klang ihrer eigenen Worte.
    Der Beg hob den Kopf. »Was redest du da?« Er gab ein Schnauben von sich, das eher amüsiert als aufgebracht klang. Seine Hand legte sich schwer wie Stein auf ihre Schulter und drückte sie auf den Hocker zurück. »Du bleibst hier sitzen«, sagte er.
    Sein Griff hielt sie ohne große Mühe fest. Lilya fühlte, wie ein Bann ihre Glieder lähmte. »Großvater«, sagte sie mühsam. »Nicht!«
    Er beachtete ihren Protest nicht. Mit einer konzentrierten Handbewegung schloss er den Kreis und beschwor das

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