ePub: Juniper Berry
leicht. Es ist, als wäre ich ein neuer Mann.«
»Jeder sollte so glücklich sein wie wir.«
»Ich kann nicht länger herumsitzen.« Mr. Berry stand auf. »Lass uns den Tag beginnen.«
»Ja, auf geht’s!«
Mrs. Berry folgte ihrem Mann eifrig aus der Küche. Juniper blieb sprachlos allein am Tisch zurück.
Sie hatte keine Ahnung, was sie von all dem halten sollte. Sie wollte ihren Eltern tausend Fragen stellen, sie wollte sie anschreien: Hey, warum erklärt ihr mir nicht, was letzte Nacht passiert ist? Aber sie wusste, sie würde nur ihre Zeit verschwenden. Entweder würden sie einfach alles leugnen, oder sie hatten sich bereits dazu entschlossen, selbst zu glauben, dass nichts geschehen war. Und vielleicht war für die beiden Menschen, die gerade die Küche verlassen hatten, tatsächlich nichts geschehen. Als Juniper mit vorMüdigkeit gerötetem Gesicht und geschwollenen Augen in der Küche saß, wurde ihr plötzlich etwas klar: Sie war die Einzige, die die Dinge wieder in Ordnung bringen konnte.
Sie musste zurück in den Wald gehen und sich den Baum noch einmal vornehmen.
Aber vorher musste sie einen weiteren Tag mit Mrs. Maybellines Unterricht durchstehen.
Es stellte sich heraus, dass für diesen Tag ein Test angesetzt war, was Juniper in all dem Chaos, das plötzlich über ihr Leben hereingebrochen war, völlig vergessen hatte. Doch das machte nichts, denn sie war eine sehr gute Schülerin und hatte bisher noch jede Prüfung glänzend bestanden. Mit dem zweistündigen Test, den sie allein am Küchentisch schrieb, war sie nach etwas mehr als vierzig Minuten fertig. Sie hatte alle Antworten sogar zweimal auf Flüchtigkeitsfehler durchgesehen, aber keine gefunden.
Bisher hatte sie Mrs. Maybelline nicht verraten, wie wenig Zeit sie für die Prüfungen brauchte, sodass sie zwei volle Stunden Ruhe vor ihrer Lehrerin hatte. Mrs. Maybelline setzte ziemlich häufig Tests an, weil sie dann durch das Haus streifen und mit etwas Glück ein paar Einblicke aus erster Hand in das Privatleben ihrer Lieblingsstars bekommen konnte. Juniper vermutete, dass die Lehrerin diesen Job nicht lange behalten würde, aber das war momentan ihre geringste Sorge. Sie wollte endlich hinaus, um den Garten und den dahinterliegenden Wald zu beobachten.
Mit dem Fernglas um den Hals überquerte sie den Rasen bis zu der Stelle, von der aus sie den besten Blick aufden Baum hatte, ohne sich zu weit vom Küchenfenster zu entfernen. In der Hoffnung, irgendetwas zu finden, was sie und Giles übersehen hatten, verbrachte sie eine volle Stunde ihrer Prüfungszeit damit, nach dem fehlenden Schlüssel zu suchen. Doch leider entdeckte sie nichts, solange sie auch Ausschau hielt. Alle Bücher, die sie gelesen hatte, alle Untersuchungen und gewagten Expeditionen, die sie unternommen hatte, erwiesen sich als völlig nutzlos. Giles und sie hatten beinahe jeden Millimeter dieses Baumes abgesucht, und jetzt stand er dort, still und standhaft in der Brise, und gab rein gar nichts preis. Nur der Rabe saß wieder auf seinem Ast.
Juniper richtete das Fernglas auf sein pechschwarzes Gefieder. »Du fliegst nie weit weg, stimmt’s?«, flüsterte sie. »Was hat dieser Baum an sich, dass du immer zu ihm zurückkehrst?«
Manchmal gelangt man zu erstaunlichen Erkenntnissen, wenn man etwas laut ausspricht, selbst wenn man es nur sich selbst gegenüber tut. So erging es Juniper in diesem Moment. Als sie den Baum betrachtete, wurde ihr mit einem Mal klar, dass der Rabe irgendeine Rolle bei dieser mysteriösen Angelegenheit spielen musste. Sie erinnerte sich daran, wie er davongeflogen war, als Dimitri sich genähert hatte, und wie er ihre Eltern letzte Nacht begrüßt hatte. Sie war sich sicher, dass alle anderen Tiere des Waldes den Baum mieden, alle bis auf den Raben. Plötzlich kam ihr der Gedanke, dass es etwas mit dem Raben zu tun haben könnte, ob man den Eingang fand oder nicht. Es mussteso sein. Es gab keinen anderen Hinweis. »Zeig mir, wie es geht!«, flüsterte sie.
Jenseits des Gartens, auf seinem Ast, bewegte sich der Kopf des Raben ruckartig in verschiedene Richtungen. Einmal schien er Juniper direkt anzuschauen. Hat er mich gesehen? , überlegte sie. Wie?
Krächzend schlug der Rabe mit den Flügeln, krümmte sich und pickte gegen den Stamm. Einen Moment später hob er ab, flog einen Bogen und verschwand hinter dem Baum.
»Es ist der Rabe«, sagte Juniper ungläubig. »Er ist der Schlüssel!« Es lief ihr kalt den Rücken hinunter.
Später am
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