Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Equinox

Equinox

Titel: Equinox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
Vom Netzwerk:
weiß jetzt, wer Wassilij und Fjodr geköpft hat. Es war Carla. Carla Bayonne.« Ich sprach es aus und konnte dann fühlen, wie sich am anderen Ende jemand an den Kopf fasste.
    »Carla Bayonne«, sagte Antonov trocken. »Jesus. Warum nicht gleich Reverend McNish?«
    »Sie steckt mit Köthensieker, Honnaido, Masimoto und den anderen Japanern unter einer Decke. Es geht hier um Kreditkarten-Betrug in riesigem Ausmaß. Und sie sind hinter mir her, Antonov. Du musst mir helfen.«
    »Okay«, kam es aus dem Hörer. »Lass mich rekapitulieren: der Croupier, der Bordarzt, der Votix-Techniker, der Küchenchef - hab ich jemanden vergessen? Nein? - Ah, und unsere japanischen Fahrgäste wollen dir gemeinsam ans Leder. Nun, klarer Fall, da muss ich selbstverständlich ein paar Mann zu deinem Schutz abstellen.«
    An dem Punkt hätte ich genauso gut einhängen können. Es entbehrt eines gewissen Charmes, jemanden um Hilfe zu bitten und dann behandelt zu werden, als wäre man geistig zurückgeblieben.
    »Das Problem ist, Kristof, ich kann zurzeit niemanden entbehren. Wir bereiten gerade eine große Übung vor. Panikkontrolle, wenn du verstehst, was ich meine. Es geht darum, eine große Menschenmenge in einer simulierten Notsituation unter Kontrolle zu behalten und vor Überreaktionen aus den eigenen Reihen zu schützen. Heikel, Kristof. Da brauch ich jeden Mann für. Ja, wenn ich nur eine Sekunde drüber nachdenke, habe ich eigentlich zu wenig Leute. Warum sagst du mir nicht, wo du dich versteckst, und ich komme rüber und hole dich ab, und wenn du willst, nehmen wir dich wieder auf in der Truppe?«
    »Tolle Idee«, antwortete ich. Und dann hängte ich ein.
     
    Richard E. Scott mochte sich die Extrakosten des A-Decks verkniffen haben, doch ansonsten hatte er nicht geknausert. Zusammen mit Töchterchen Heather bewohnte er eine Drei-Raum-Suite, Außenkabine, versteht sich.
    Dicke, graue Suppe umwaberte das Schiff und das Nebelhorn der Equinox dröhnte, als ich im Laufschritt und mit klappernden Zähnen das vor Nässe glitschige Teakholzdeck entlanghetzte. Nichts ist auf einem Überwachungsmonitor deutlicher auszumachen als Weiß, also hatte ich mich neben der Mütze auch von Schürze und Jacke verabschiedet und fror jetzt entsprechend in meinem schwarzen AC/DC-T-Shirt und den nach wie vor karierten Hosen. Ich klopfte einmal und ließ mich sofort ein.
    »Jemand zu Hause?«, rief ich und schwang mich unverzüglich auf den Bürostuhl hinter dem Schreibtisch, schaltete den PC ein. »Anybody at home?« Keine Antwort. Auch egal. Irgendwie war im Laufe der letzten halben Stunde der Scheck über fünf Prozent zu meiner geringsten Sorge geworden.
    Der Monitor wurde blau, dann schwarz mit heller, vollkommen nichts sagender und überflüssiger Beschriftung, dann wieder blau, dann kam das Windows-Symbol, dann wurde irgendetwas geladen, etwas gecheckt, dann erschien die gottverdammte Sanduhr und schließlich das Fenster, in das man das Passwort eintragen sollte.
    Wassilijs kleiner Papierstreifen lag schon lange, lange vor mir. Seine Hieroglyphen begannen mit »Equ.«. Hastig vervollständigte ich das zu »Equinox«, dem logischen Passwort aller Rechner hier an Bord, und drückte >Enter<, und der Monitor informierte mich, dass ich damit in die Scheiße gelangt hatte. Das fing ja gut an. Dann ging mir auf, dass in der Passwortzeile nur fünf Sternchen zu ersetzen gewesen waren, gab >Equin< ein und durfte ein weiteres Weilchen die Sanduhr betrachten, während irgendwas gecheckt oder geladen oder sonstwas wurde.
    Und so ging das Schritt für Schritt weiter.
    Ich hatte mir die Fingernägel bis runter auf die weißen Halbmonde genagt, als plötzlich die Kabinentür aufflog. Ich zuckte zusammen, doch es war Heather. Sie schien überrascht, mich zu sehen, doch dann auch wieder nicht sehr.
    »Where’s Dad?«, wollte sie wissen und ging, als ich die Achseln zuckte, weiter in die hinten gelegenen Gemächer.
    Ich gab die letzten, die allerletzten Buchstaben der langen Liste ein und hackte mit meinem Finger auf >Enter<, und das Ginza-Titanium-Symbol erschien zum lieblichen Klang der Harfe und verging wieder, um einer Menü-Auswahl Platz zu machen. Ich fragte mich, ob das wirklich das ganze Theater wert gewesen war, tippte, weil die Auswahl als solche langweilig war, »Customer File«, eine Liste erschien, und in den hinteren Gemächern kreischte eine weibliche Stimme auf, dass es einem durch Mark und Bein ging.
     
    »Dann eben ein Notebook«, sagte ich und

Weitere Kostenlose Bücher