Er ist wieder da
Möglichstes, aber wie viele Bücher kann ein einzelner einfacher Reichsleiter besorgen? Zudem war in der Wolfsschanze auch nicht unbegrenzt Platz. Diese wunderbare »Internetz« genannte Technologie hingegen bot schier alles zu jeder Tages- und Nachtzeit. Man musste es nur in einem Apparat namens »Google« suchen und das Ergebnis mit jenem herrlichen Mausgerät berühren. Und nach kurzer Zeit stellte ich fest, dass ich ohnehin immer bei derselben Adresse landete: einem urgermanischen Nachschlagewerk namens Wikipedia, unschwer als eine Wortschöpfung zu erkennen aus Enzyklopädie und dem altgermanischen Forscherblut der Wikinger.
Das war ein Projekt, angesichts dessen mir fast die Tränen kamen.
Hier dachte tatsächlich einmal niemand an sich. In wahrhaftiger Selbstaufgabe und Selbsthingabe trugen dort zahllose Menschen zum Wohle der deutschen Nation allerlei Wissen zusammen, ohne einen Pfennig dafür zu verlangen. Es war dies eine Art Winterhilfswerk des Wissens, die zeigte, dass auch in Abwesenheit einer nationalsozialistischen Partei das deutsche Volk instinktiv sich selbst unterstützte. Man musste natürlich gewisse Abstriche machen, was das Expertentum solcher uneigennütziger Volksgenossen anging.
So nahm ich, um nur ein Beispiel zu nennen, mit Erheiterung zur Kenntnis, dass mein Vizekanzler von Papen 1932 behauptet hatte, man würde mich nach meinem Machtantritt innerhalb von zwei Monaten an die Wand gedrückt haben, dass ich quietschte. Man konnte in diesem Internetz aber auch lesen, dass von Papen dasselbe nicht in zwei, sondern in drei Monaten zu bewerkstelligen gedachte oder auch in sechs Wochen. Des Öfteren gedachte er mich zudem nicht an die Wand zu drücken, sondern in die Ecke. Oder auch in die Enge. Möglicherweise sollte ich auch nicht gedrückt werden, sondern gequetscht, und das Ziel war denkbarer Weise auch kein Quietschen, sondern ein Quieken. Letzten Endes musste der unbedarfte Leser sich die Wahrheit wohl dahingehend zusammenreimen, dass von Papen innerhalb eines Zeitraums zwischen sechs und zwölf Wochen auf mich in irgendeiner Art und Weise zu drücken gedachte, bis ich einen beliebigen hohen Ton von mir gäbe. Was letztlich den tatsächlichen damaligen Absichten dieses selbst ernannten Strategen immer noch erstaunlich nahe kam.
»Ham Se schon ’ne Adresse?«, fragte Fräulein Krömeier.
»Ich wohne im Hotel«, sagte ich.
»Für E-Mail. Für elektronische Post.«
»Die schicken Sie auch ans Hotel!«
»Also nicht«, sagte sie und tippte etwas in ihren Computer. »Unta welchem Namen soll ick Se eintragen?«
Ich sah sie mit gerunzelter Stirn streng an.
»Unta welchem Namen, meen Führa?«
»Unter meinem«, sagte ich, »selbstverständlich!«
»Det wird vermutlich schwer«, sagte sie und tippte etwas ein.
»Was soll daran schwer sein?«, fragte ich. »Unter welchem Namen kriegen denn Sie Ihre Post?«
»Unta Vulcania17 et web Dee Ee«, sagte sie. »Da ham wa’t schon: Ihr Name is vaboten.«
»Wie bitte?«
»Ick kann et noch bei einijen anderen Anbietern probieren, aber det wird nüscht viel ändern. Und wenna nüscht verboten is, dann hatt ’n sich schon einer von den Irren jesichert.«
»Was heißt hier gesichert«, fragte ich genervt, »es heißen natürlich mehr Leute Adolf Hitler. Es heißen ja auch mehr Leute Hans Müller. Da sagt die Post auch nicht, dass nur einer Hans Müller heißen darf. Einen Namen kann man sich doch nicht reservieren!«
Sie sah mich erst leicht irritiert an, dann ein wenig so, wie ich früher öfter mal den greisen Reichspräsidenten Hindenburg angesehen hatte.
»Es gibt jede Adresse nur einmal«, sagte sie fest, aber so langsam, als müsse man fürchten, ich könnte ihren Ausführungen sonst nicht folgen. Dann tippte sie weiter.
»Da ham wa et schon: Adolf Punkt Hitler is wech«, sagte sie. »Adolfhitler im Janzen ooch und Adolf Unterstrich Hitler sowieso.«
»Wieso Unterstrich? Was für ein Unterstrich?«, versuchte ich noch herauszufinden, »wenn überhaupt, dann einen Herrenstrich!« – aber Fräulein Krömeier tippte schon weiter.
»Datselbe gilt für AH itler und A Punkt Hitler«, meldete sie tippend. »Nur Hitler und nur Adolf ooch.«
»Dann muss man es eben zurückholen«, sagte ich trotzig.
»Da kann man nichts zurückholen«, antwortete sie gereizt.
»Bormann hätte es gekonnt! Sonst hätten wir ja nie die ganzen Häuser auf dem Obersalzberg gekriegt. Glauben Sie denn, der war vorher völlig unbewohnt? Da wohnten natürlich
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