Er liebt mich, er liebt mich nicht - Gibson, R: Er liebt mich, er liebt mich nicht - Daisy's Back in Town
nichts vergessen. Sie rammte ihm die Schulter gegen das Brustbein. Mit einem Grunzlaut packte er sie an den Haaren und schüttelte sie, doch sie spürte es kaum, sondern krümmte nur den Daumen und hieb ihm die Faust aufs Auge.
»Aua, du verrücktes Weibsstück!«
Reflexartig zog sie das Knie hoch und traf ihn knapp unter der Gürtelschnalle. Sie glaubte nicht, dass sie ihn wie beabsichtigt zwischen den Beinen erwischt hatte, aber es reichte. Mit einem zischenden Laut entwich sämtliche Luft aus seiner Lunge. Er lockerte seinen Griff, so dass sie sich von ihm lösen konnte. Ronnie krümmte sich zusammen,
und ein paar lange Strähnen von Daisys Haar blieben in seiner Faust zurück.
»Fass meine Schwester nie wieder an«, warnte sie ihn keuchend, »sonst bring ich dich um, Ronnie Darlington.«
Er stöhnte und starrte sie aus zusammengekniffenen Augen an. »Versuch’s doch, du blöde Kuh.«
Daisy störte sich nicht daran, wenn jemand sie verrücktes Weibsstück nannte, da diese Bezeichnung manchmal sogar zutraf. Doch sie hasste es, wenn sie als blöde Kuh beschimpft wurde. Sie warf sich ihm erneut entgegen, als sie zwei Arme um ihre Taille spürte, die sie zurückzerrten. »Du hast gewonnen, Butterblümchen.«
Vergeblich versuchte sie, sich aus dem Griff zu befreien, »Sofort loslassen! Ich trete ihn in den Arsch.«
»Ich fürchte, es wird eher umgekehrt sein. Und dann müsste ich eingreifen und ihn windelweich prügeln, weil er dich angefasst hat. Und dazu habe ich eigentlich keine Lust. Buddy und ich sind hergekommen, um zu tanken und eine Tasse Kaffee zu trinken, sonst nichts. Eine Prügelei stand nicht auf dem Plan.«
Daisy blinzelte, und sie spürte, dass ihr das Herz bis zum Halse schlug, als sie einen Blick über die Schulter warf. »Jack?«
Sein beigefarbener Cowboyhut warf einen Schatten über sein Gesicht, und sie sah, wie sein Mund die Worte »Guten Morgen« formte, doch es klang nicht so, als hielte er den Morgen tatsächlich für gut.
Sie wandte sich Lily zu, die mit dem Rücken an der Glasscheibe des Supermarkts stand. Sie hatte eine Platzwunde an der Nasenwurzel und einen roten Handabdruck auf der Wange. Neben ihr stand ein Mann in einem blauen T-Shirt und redete auf sie ein, während sie den Kopf schüttelte. Kelly saß mit ramponiertem Pferdeschwanz auf dem Boden,
während Ronnie sich grunzend aufrappelte und seinen Schritt betastete, als wollte er sich vergewissern, ob noch alles vorhanden war.
»Ich hoffe, er ist mindestens einen Monat lang nicht zu gebrauchen«, fauchte Daisy ihn an, worauf Jack sie noch fester an seine harte Brust zog.
»Nimm deine Freundin und mach, dass du wegkommst, solange du noch laufen kannst«, hörte sie Jack neben ihrer Schläfe sagen.
Ronnie öffnete den Mund und klappte ihn wieder zu, dann packte er Kelly, die aus Leibeskräften zu schreien angefangen hatte. Er verfrachtete sie in den Truck, ließ den Motor aufheulen und schoss davon, so dass die Reifen des Riesentrucks quietschten.
»Ist alles in Ordnung, Lily?«, rief Daisy ihrer Schwester zu.
Lily nickte und nahm dem Mann, der immer noch auf sie einredete, die Sonnenbrille aus der Hand.
»Was sollte das denn werden?«, fragte Jack, ohne Daisy loszulassen. Wieder blickte sie zu ihm auf. Der Wind erfasste einige blonde Haarsträhnen und wehte sie auf seine Hemdbrust. Daisy blickte in seine grünen Augen unter der breiten Hutkrempe, die sie musterten. Wartend.
»Das war Lilys Mann mit seiner neuen Freundin.«
Er legte den Kopf in den Nacken, und der Schatten des Hutes glitt über die Nasenmitte bis zu seiner wohl geformten Oberlippe. »Aha.«
Mit einem Mal fühlte sie sich ein wenig zittrig von dem heftigen Adrenalinstoß, und sie war froh, dass Jack sie so fest hielt. »Er ist ein mieses Schwein.«
»Das habe ich auch schon gehört.«
Daisy wunderte sich nicht darüber, dass Ronnies Ruf ihm vorauseilte. Lovett war nun mal eine Kleinstadt. »Er
hat ihre Konten abgeräumt und will keinen Unterhalt für Pippen zahlen.«
Jacks Hand streifte ihren Bauch, als er den Arm sinken ließ. Er trat einen Schritt zurück, und an Stelle seiner harten Brust spürte Daisy kühle Morgenluft im Rücken. Schmerz pochte in ihrer Hand, ihr Kopf dröhnte, ihre Schulter tat weh, und ihre Knie waren weich. Es war lange her, dass sie sich von der Stärke eines Mannes umfangen gefühlt hatte, der sie hielt, und sie hätte nichts lieber getan, als sich noch einmal in seine Arme zu schmiegen. Das war natürlich ausgeschlossen.
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