Er liebt mich, er liebt mich nicht - Gibson, R: Er liebt mich, er liebt mich nicht - Daisy's Back in Town
Gefühl, ihren Mann zu betrügen? Sie wusste es nicht, aber das Gefühl war eindeutig da. Überdeutlich, und ihr war klar, dass ihr Gewissen sie wahrscheinlich daran hindern würde, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen.
Eigentlich schade, denn ein bisschen Sex ohne jegliche Verpflichtungen hätte bestimmt Spaß gemacht. Die Art von Sex, bei der man einfach jemanden aufgabelt und dann nie wieder sieht.
Sie drehte die Hähne über der Badewanne auf und hielt die Hand unter das fließende Wasser. Aber wenn sie es versuchte, hätte sie vielleicht keine Gewissensbisse mehr. Womöglich war es so, als würde sie sich noch einmal entjungfern lassen. Das erste Mal war immer schwierig, aber danach wurde alles viel einfacher. Und machte mehr Spaß.
Aber natürlich hatte sie keinen Kandidaten zur Hand. Vielleicht sollte sie einfach irgendeinen Kerl in einer Bar abschleppen. Einen, der aussah wie Hugh Jackman oder dieser Typ aus der Cola-Light-Werbung. Nein, solche Männer
erinnerten zu sehr an Jack. Sie sollte sich einen völlig anderen Typ aussuchen. Jemanden wie Viggo Mortensen oder Brad Pitt. Nein, Matthew McConaughey.
Au ja.
Aber es würde niemals Jack sein. Nie. Das wäre übel. Und zwar richtig übel.
Oder es wäre unglaublich gut , meldete sich eine leise Stimme in ihrem Kopf . Während sie aus ihren Shorts stieg und sich das T-Shirt über den Kopf zog, regte sich der leise Verdacht in ihr, dass diese kleine Stimme in ihrem Kopf sie noch in verflixt große Schwierigkeiten bringen würde.
KAPITEL 8
An den Wochenenden zog das Slim Clem’s Gäste aus der ganzen Gegend an, sogar aus Amarillo und Dalhart. Die Live-Band spielte Countrymusic, und zwar laut, und hin und wieder mischte sie einen Südstaaten-Oldie in ihr Programm. Die große Tanzfläche war brechend voll, die mechanischen Stiere waren pausenlos in Bewegung, und an den drei Bars wurden unablässig eiskaltes Bier, Schnaps und mit Papierschirmchen verzierte Cocktails ausgeschenkt.
Alle möglichen ausgestopften Säugetiere und Reptilien spähten mit ihren Glasaugen von eingebauten Sockeln an den Wänden auf die Kundschaft herunter. Wenn die Road Kill Bar den Wirklichkeit gewordenen Traum jedes Tierpräparators darstellte, war das Slim Clem’s sein feuchter Traum. Fragte sich nur, warum jemand voller Stolz ein Stinktier mit Schweinsrüssel ausstellte.
Die schummrig beleuchtete Bar war beherrscht von Wranglers, Rockies und Lees. Hauteng und in jeder erdenklichen Farbe, getragen von Frauen in fransenbesetzten Cowgirl-Blusen mit Pferdeapplikationen auf dem Rücken. Die Frisuren reichten von bauschig auftoupiert im Texas-Stil und mit Spray fest betoniert bis zur langen, glatten Mähne, die bis zur Taille oder gar bis zu den Kniekehlen ging.
Die Männer bevorzugten Wranglers oder Levi’s in Blau oder Schwarz, die waren zum Teil so eng, dass sich manch
einer fragte, wo sie ihre Kronjuwelen unterbrachten. Zwar gab es Männer in gestärkten Hemden mit aufgedruckten lodernden Flammen oder amerikanischen Flaggen, aber T-Shirts waren eindeutig die Favoriten. Die meisten warben für Bier oder John-Deere-Traktoren, andere verbreiteten völlig andere Botschaften. Das allgegenwärtige DON’T MESS WITH TEXAS war in der Überzahl, während JA, ICH BIN BETRUNKEN, ABER DU BIST IMMER NOCH HÄSSLICH mit dem hoffnungsvollen MACH DICH NACKICH konkurrierte.
Cowboystiefel stampften im Takt zur Musik, und Gürtelschnallen, groß genug, um als Mordwaffen durchzugehen, funkelten im bunten Licht der Tanzfläche.
Daisy war noch nie im Slim Clem’s gewesen. Früher, als sie noch in Lovett gelebt hatte, war sie noch zu jung dafür gewesen. Aber sie hatte von der Kneipe gehört. Alle Welt hatte davon gehört, und ihrer Meinung nach war es höchste Zeit, dass sie es kennen lernte.
An diesem Freitagnachmittag fand Lily einen Job als Kellnerin am Feinkosttresen bei Albertsons, und sie und Daisy beschlossen, im Slim’s zu feiern. Daisy hatte nichts Passendes für eine solche Spelunke eingepackt, doch sie kramte ihre alten Cowboystiefel aus dem Kleiderschrank, die zwar ein bisschen eng waren, aber trotzdem durchaus noch passten. Während der Highschool hatte sie monatelang auf die roten Stiefel mit den eingesetzten weißen Herzen gespart. Was für ein Glück, dass Cowboystiefel in Texas niemals aus der Mode kamen.
In der Kiste mit den Jahrbüchern hatte sie einen Gürtel mit einer großen Silberschnalle gefunden, den ihr Vater, einige Monate bevor ein Stier ihn zu Tode trampelte, auf
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