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Er war ein Mann Gottes

Er war ein Mann Gottes

Titel: Er war ein Mann Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Jäckel
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Frederic und mir? Was bin ich für ihn? Was ist er für mich? Was machen wir eigentlich? Warum kann ich nicht Nein sagen? Wohin soll das führen? Was ist, wenn er stirbt? Will ich dann noch leben? Kann ich ohne ihn überhaupt weiterleben? Wie sollte, wie könnte, dürfte, würde es weitergehen? Gibt es noch eine Zukunft für uns?«

    Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich nur getrunken, wenn ich bei Frederic eingeladen war und mich auf unser »inniges Gespräch« vorbereitete. Jetzt trank ich in unserer Stammkneipe, um diesen Gedankenwirrwarr abzuschalten. Erstmals überlegte ich mir, ob ich mir eine ganze Flasche Kirschlikör kaufen sollte, und traute mich dann auch. Es war ganz einfach. An der Ladenkasse stellte niemand lästige Fragen.
    Auch meine Eltern merkten von alledem nichts. Zu der damaligen Zeit war es in unserem Ort bei der Jugend ein besonderes Freizeitvergnügen, im elterlichen Garten ein Zelt aufzuschlagen und darin zu übernachten. Ich hatte kein Zelt, aber dafür unser Gartenhaus belegt. Unter einer Kirschbaumgruppe am hinteren Ende des Grundstücks gelegen, war es vom Wohnhaus aus nicht einzusehen. Es war also völlig normal, dass die kleine Cora übers Wochenende, oder wenn am nächsten Morgen später Schule war, ihre Hängematte bezog. Man schmunzelte höchstens ein wenig über mich.
    Bemerkte mein Vater tatsächlich mal, dass ich von dort aus ausflog, obwohl alle angenommen hatten, ich schliefe schon, rief er mir zu: »Na, gehst du wieder zu deinem Freund Frederic?« Das hatte für mich den Charakter einer Erlaubnis.
    Dass er mir niemals erlaubt haben würde, mich zu betrinken, wusste ich selbstverständlich. Aber ich hatte gut bei Frederic gelernt. Was man nicht beim Namen nannte, existierte nicht. Also sprach ich nicht darüber, verkroch mich mit meiner Flasche Likör in meinen eigenen vier Wänden und entsorgte sie dann auf dem Schulweg. Da es so gut geklappt hatte, wiederholte ich das Spiel mehrfach. Taschengeld hatte ich ja genug.
    Anfangs wurde mir rasch übel, wenn ich getrunken hatte. Jetzt wartete ich förmlich auf die wirbelnde Leere in meinem Kopf, die endlich diese ewig unbeantworteten Fragen vertrieb. Alles fühlte sich plötzlich leicht und locker an. Ich konnte lachen und Blödsinn sagen und keiner nahm es mir krumm. Ich war ja betrunken, und Betrunkene schwätzen nun mal kariert. Ich fand es gut, betrunken zu sein. Die Kopfschmerzen am nächsten Morgen nahm ich dafür gern in Kauf.

    Kann man sein Leben leben und doch im Koma sein? Medizinisch ist das wahrscheinlich nicht möglich, aber irgendwann fühlte ich mich so. Nicht nur, wenn ich getrunken hatte, wurden meine Gedanken wie durch dicken Nebel gefiltert. Jedes Gefühl kam mir damals taub vor wie eingeschlafene Füße, ehe das Kribbeln einsetzt. Mein Kopf, meine Seele, mein Unterleib, jeder nahm sich davon, was er brauchte. Mit mir schien das nichts zu tun zu haben. Irgendwie kam ich mir vor wie die Frau in der Zauberkiste, die mit Schwertern durchstochen und in Scheiben filetiert zu werden scheint und der Kiste doch unversehrt entsteigt. Was war echt? Was war mein Ich?

    Der Junge, mit dem ich mich auf Frederics Wunsch hin traf, war ein ganz netter, hübscher und ein paar Jahre älter als ich. Aber das war nicht der Grund, weshalb ich mit Tim ging. Alle Mädels aus der Ministrantinnengruppe und meine halbe Klasse fanden ihn süß. Er hätte jede haben können. Aber als ich bereit war, seine Freundin zu werden, ließ er sie alle stehen. Nicht sein Aussehen oder seine liebe Art machten ihn attraktiv für mich, sondern dass er mich so sehr und unbedingt wollte. Ich war niemals verliebt in ihn, aber sehr verliebt in seine Liebe für mich.
    Wir knutschten und fassten uns an und hatten irgendwann Sex, von dem ich genau wusste, dass es Sex war. Trotz meiner Erfahrungen mit Frederic war es in gewisser Weise mein »erstes Mal«.
    Ich hatte nie zuvor mit einem nackten Mann beisammengelegen, nie zuvor einen Mann entkleidet und seine wachsende Erregung gesehen. Zum allerersten Mal sah und befühlte ich, was und wie »das Harte« ist, das ich bei Frederic gespürt hatte. Erstmals nahm ich sicher den Unterschied zwischen Fingern und Penis in mir wahr. Endlich wurden mir mit allen Sinnen die Zusammenhänge ersichtlich, was genau es war, wenn Frederic so schwer auf mir atmete und stieß und stöhnte. Ich lernte auch, dass »es ihm dann kam« und warum er anschließend immer gleich seine Sachen ausziehen wollte und unter die Dusche sprang.

    Es

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