Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
und er bewegte sich nicht mehr.
Eragon verfolgte das Schauspiel ungläubig, während er stolpernd vor den Steinspießen zum Stehen kam. Trotz all seiner Erfahrung in der Schlacht hatte er noch nie erlebt, dass ein Elf starb. Wyrden und Bloëdhgarm und der Rest seiner Elfengarde waren so vollkommen in allem, was sie taten, dass Eragon geglaubt hatte, Elfen könnten wahrscheinlich nur im Kampf gegen Galbatorix oder Murtagh den Tod finden.
Arya schien genauso fassungslos. Sie erholte sich jedoch schnell. »Eragon«, drängte sie ihn, »schlag uns mit Brisingr einen Weg frei.«
Er verstand. Im Gegensatz zu ihrem Schwert würde das seine immun sein gegen jeden bösen Zauber, den die Spieße enthalten mochten.
Er holte aus und schlug zu, so fest er konnte. Ein halbes Dutzend Spieße zersprangen unter Brisingrs unerbittlicher Klinge. Der Amethyst gab beim Zerbrechen einen glockenähnlichen Ton von sich, und wenn die Scherben zu Boden fielen, klirrten sie wie Eis.
Eragon hielt sich auf der rechten Seite des Gangs, um sicherzugehen, dass er die blutüberströmten Spieße, die Wyrdens Körper in der Luft hielten, nicht traf. Wieder und wieder schwang er sein Schwert und bahnte ihnen einen Weg durch das glitzernde Dickicht. Mit jedem Hieb ließ er Amethystbrocken durch die Luft fliegen. Einer schnitt ihm die linke Wange auf und er zuckte zurück, überrascht und besorgt, dass seine Schutzzauber versagt hatten.
Die scharfkantigen Splitter der zerbrochenen Spieße zwangen ihn, sich vorsichtig zu bewegen. Die Stümpfe unter ihm konnten mühelos seine Stiefel durchbohren, während die über ihm seinen Kopf und Hals aufzuschlitzen drohten. Trotzdem gelang es ihm, mit nur einer kleinen Schnittwunde an der rechten Wade, die brannte, wann immer er das Bein belastete, auf die andere Seite des Dickichts zu gelangen.
Die schwarz gewandeten Krieger hatten sie fast eingeholt, als er Arya an den letzten Reihen der Spieße vorbeihalf. Sobald sie durch war, rannten sie zu der Öffnung und hinein in das purpurne Licht.
Auf der anderen Seite der Öffnung lag eine düstere, niedrige Kammer, die Eragon an die Höhlen unter Tronjheim erinnerte. Ein großes, kreisförmiges Mosaik aus Marmor, Chalzedon und poliertem Blutstein bedeckte die Mitte des Bodens. Um den Rand dieser gemusterten Scheibe standen in Silber eingefasste grobe, faustgroße Amethystbrocken, die einen Ring bildeten. Jeder der purpurnen Steine leuchtete sanft – die Lichtquelle, die sie vom Gang aus gesehen hatten. Auf der anderen Seite des Mosaiks stand vor der gegenüberliegenden Wand ein großer schwarzer Altar, über dem ein karmesinrot und golden gemustertes Tuch hing. Säulen und Kronleuchter flankierten den Altar, und links und rechts davon bemerkten sie je eine verschlossene Tür.
All das nahm Eragon wahr, als er in den Raum stürmte, in dem kurzen Moment, bevor er begriff, dass sein Tempo ihn in den Amethystring und auf das Mosaik tragen würde. Er versuchte innezuhalten, versuchte zur Seite auszuweichen, aber er hatte einfach zu viel Schwung.
Verzweifelt tat er das Einzige, was ihm einfiel. Er sprang auf den Altar zu und hoffte, dass er die Scheibe mit einem einzigen Satz überwinden könnte.
Als er über die Amethyststeine, die ihm am nächsten waren, hinwegsegelte, war sein letztes Gefühl Bedauern, und sein letzter Gedanke galt Saphira.
EIN MAHL FÜR DIE GÖTTER
D
as Erste, was Eragon wahrnahm, war das andere Licht. Die Mauern erschienen ihm in satteren Farben als zuvor. Details, die vorher kaum zu erkennen gewesen waren, wirkten jetzt klarer und lebendiger, während andere nicht mehr so gut zu sehen waren.
Er brauchte einen Moment, um den Grund für die Veränderung zu verstehen. Aryas rotes Werlicht war verschwunden. Stattdessen stammte das schwache Licht von dem gedämpften Schimmer der Kristalle und den entzündeten Kerzen in den Kerzenleuchtern.
Erst da begriff er, dass ihm etwas im Mund steckte und seine Kiefer schmerzhaft aufdrückte und dass er an den Handgelenken gefesselt war und seine Arme an einer an der Decke befestigten Kette baumelten. Er versuchte sich zu bewegen und stellte fest, dass seine Knöchel gefesselt und an einem metallenen Ring im Boden gesichert waren.
Während er sich hin und her wand, entdeckte er Arya neben sich, ebenfalls gefesselt und angekettet. Genau wie er war sie mit einem Stoffballen im Mund geknebelt, der mit einem Lumpen um ihren Kopf festgebunden war.
Sie war schon wach, hatte ihre Augen auf ihn gerichtet
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