Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
erfrieren.
Selbst du?
Ich werde bersten wie ein heißes Glas, das man in den Schnee wirft. Als Nächstes musst du einen Zauber wirken, um die Luft um dich und Saphira herum zu sammeln und sie dort festzuhalten, damit ihr weiteratmen könnt. Aber es muss auch möglich sein, dass die verbrauchte Luft entweicht, sonst erstickt ihr. Der Wortlaut des Zaubers ist kompliziert und du darfst keinen Fehler machen, also hör genau zu. Er lautet …
Sobald Glaedr die Worte in der alten Sprache rezitiert hatte, wiederholte Eragon sie, und als der Drache mit seiner Aussprache zufrieden war, wirkte Eragon den Zauber. Dann passte er seinen Schutzzauber Glaedrs Anweisungen entsprechend an, sodass sie alle vor der Kälte geschützt waren.
Anschließend warteten sie, während der Wind sie immer höher und höher hinauftrug. Minuten verstrichen und Eragon fragte sich bereits, ob sie jemals aufhören würden zu steigen oder ob sie letztlich auf einer Höhe mit dem Mond und den Sternen sein würden.
Ihm kam der Gedanke, dass auf diese Weise vielleicht Sternschnuppen entstanden. Ein Vogel, ein Drache oder irgendein anderes irdisches Geschöpf, das von dem unerbittlichen Wind aufwärtsgerissen und mit solcher Geschwindigkeit gen Himmel katapultiert wurde, dass sie brannten wie Belagerungspfeile. Wenn ja, dann vermutete er, dass er, Saphira und Glaedr die hellste und spektakulärste Sternschnuppe seit Menschengedenken abgeben würden, falls jemand nah genug war, um ihr Dahinscheiden so weit draußen auf See zu beobachten.
Das Heulen des Windes wurde allmählich leiser. Selbst die markerschütternden Donnerschläge verhallten, und als Eragon sich die Stofffetzen aus den Ohren zog, erstaunte ihn die nahezu vollkommene Stille um sie herum. Er hörte noch immer ein schwaches Säuseln im Hintergrund, wie das Plätschern eines kleinen Waldbachs, aber davon abgesehen war es still, herrlich still.
Während das Wüten des Sturms verklang, bemerkte er, dass seine Zauber immer mehr Kraft aus ihm zogen – und zwar weniger der Schutzzauber, der sie warm hielt, sondern vielmehr der, der die Luft vor ihm und Saphira sammelte und zusammenzog, damit sie ihre Lungen wie gewohnt füllen konnten. Aus welchem Grund auch immer übertraf die Energie, die notwendig war, um den zweiten Zauber aufrechtzuerhalten, die für den ersten bald um ein Vielfaches, und er nahm bereits die Anzeichen wahr, die darauf hindeuteten, dass die Magie ihm bald das Wenige an Lebenskraft nehmen würde, was ihm noch geblieben war: die Kälte in seinen Händen, das unregelmäßige Schlagen seines Herzens und ein übermächtiges Gefühl von Schläfrigkeit, das vielleicht das besorgniserregendste Zeichen von allen war.
Dann begann Glaedr, ihn zu unterstützen. Erleichtert spürte Eragon, wie seine Last leichter wurde, während die Stärke des Drachen in ihn hineinfloss – eine Welle fieberähnlicher Hitze, die seine Müdigkeit fortschwemmte und die Kraft seines Körpers wiederherstellte.
Und so flogen sie weiter.
Endlich spürte Saphira, dass der Wind nachließ – nur wenig, aber doch merklich –, und sie bereitete sich darauf vor, aus dem Luftstrom hinauszufliegen.
Bevor es so weit war, wurden die Wolken über ihnen dünner und Eragon sah die ersten Lichter hindurchscheinen: Sterne, weiß und silbrig und heller, als er sie je zuvor gesehen hatte.
Sieh mal, sagte er. Dann riss die Wolkendecke ringsum vollends auf und Saphira tauchte aus dem Unwetter auf und schwebte unsicher auf der Säule aufsteigender Luft.
Unter ihnen sah Eragon den gewaltigen Strudel des Sturms, der sich scheinbar über hundert Meilen in alle Richtungen erstreckte. Das Zentrum sah aus wie eine gewölbte, pilzähnliche Kuppel. Darüber strichen tückische Seitenwinde, die von Westen her wehten und Saphira aus dem Gleichgewicht zu bringen drohten. Die Wolken nah und fern waren milchweiß und wirkten beinahe wie von innen beleuchtet. Sie sahen schön aus und harmlos – friedliche, sich niemals verändernde Gebilde, die nichts von der Gewalt in ihrem Innern verrieten.
Dann wandte Eragon den Blick zum Himmel und hielt den Atem an. Er sah mehr Sterne, als er je für möglich gehalten hätte – er hatte nicht geahnt, dass es so viele gab. Rot, blau, weiß und golden standen sie am Firmament wie funkelnder Staub. Die Sternbilder, die er kannte, waren nach wie vor gut zu erkennen, aber dazwischen leuchteten jetzt Tausende schwächerer Sterne, die er zum allerersten Mal sah. Und die Sterne schienen nicht nur
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