Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
einem Reiter verbunden waren. Sie sahen auf uns herab, weil wir zu zahm und zu unterwürfig waren, während wir auf sie herabsahen, weil sie sich zu sehr von ihren Instinkten leiten ließen, obwohl wir sie manchmal genau dafür bewunderten. Außerdem dürft ihr nicht vergessen, dass sie keine eigene Sprache hatten, und das schuf einen größeren Unterschied zwischen uns, als ihr vielleicht denkt. Sprache verändert den Geist auf eine Art, die schwer zu erklären ist. Wilde Drachen konnten mit anderen natürlich genauso effektiv kommunizieren wie jeder Zwerg oder Elf, aber sie taten es, indem sie Erinnerungen, Bilder und Gefühle teilten, nicht Worte. Einzig die Schlauesten unter ihnen entschieden sich dafür, die eine oder andere Sprache zu lernen.
Glaedr hielt inne, dann fügte er hinzu: Wenn ich mich recht erinnere, war Belgabad ein entfernter Vorfahre von Raugmar dem Schwarzen, und Raugmar war, wie du dich gewiss erinnern kannst, Saphira, der Urururgroßvater deiner Mutter Vervada.
In ihrer Erschöpfung reagierte Saphira nur langsam, aber schließlich drehte sie noch einmal den Hals, um das gewaltige Skelett zu betrachten. Er muss ein guter Jäger gewesen sein, um so groß zu werden.
Er war der Beste, bestätigte Glaedr.
Dann … bin ich froh, von seinem Blut zu sein.
Die Zahl der auf dem Boden aufgehäuften Knochen verblüffte Eragon. Bis dahin hatte er weder das ganze Ausmaß der Schlacht begriffen noch wie viele Drachen es hier einst gegeben hatte. Der Anblick ließ seinen Hass auf Galbatorix neu aufwallen und einmal mehr schwor Eragon sich, dass er den König tot sehen würde.
Saphira glitt durch eine Nebelbank. Ihre Flügelspitzen verwirbelten die weißen Wolkenfetzen zu langen, gedrehten Fahnen. Dann kam ihnen eine Wiese mit dichtem Gras entgegen und Saphira landete mit einem harten Ruck. Ihr rechtes Vorderbein gab unter ihr nach und sie taumelte auf die Seite, fiel auf Brust und Schulter und grub sich mit solcher Wucht in den Boden, dass sich Eragon ohne seine Schutzzauber an der Halszacke vor ihm aufgespießt hätte.
Sobald ihr Vorwärtsschwung endete, blieb Saphira, benommen von dem Aufprall, reglos liegen. Schließlich rollte sie sich langsam auf die Füße, legte die Flügel an und kauerte sich hin. Die Riemen des Sattels knarrten bei jeder Bewegung, was in der bedrückenden Atmosphäre des Tals unnatürlich laut klang.
Eragon löste die Riemen um seine Beine und sprang aus dem Sattel. Der Boden war weich und nass, und Eragon fiel auf ein Knie, als seine Stiefel in die feuchte Erde sanken.
»Wir haben es geschafft«, sagte er erstaunt. Er lief zu Saphiras Kopf, und als sie den Hals senkte, damit sie ihm in die Augen sehen konnte, legte er die Hände links und rechts an ihren langen Kopf und drückte die Stirn an ihre Schnauze. Danke, sagte er.
Er hörte das Geräusch, mit dem ihre Lider sich schlossen, dann begann ihr Kopf zu vibrieren, als sie tief in ihrer Brust summte.
Einen Moment später ließ Eragon sie los und sah sich um. Die Wiese, auf der Saphira gelandet war, lag am Nordrand der Stadt. Teile zerborstenen Mauerwerks – einige so groß wie Saphira selbst – lagen im Gras verstreut. Eragon war erleichtert, dass sie bei der Landung nicht eines davon getroffen hatten.
Die Wiese stieg stadtauswärts zum Fuß des nächsten bewaldeten Bergausläufers hin leicht an. Wo die Wiese auf den Hügel traf, war ein großer, gepflasterter Platz angelegt worden und auf der anderen Seite dieses Platzes lag ein gewaltiger Haufen behauener Natursteine, der sich über eine halbe Meile weit nach Norden erstreckte. Unversehrt wäre das Gebäude eines der größten der Insel gewesen und gewiss eines der kunstvollsten, denn inmitten der quadratischen Steinblöcke, die die Wände gebildet hatten, entdeckte Eragon Dutzende mit senkrechten Rillen versehene Säulen, außerdem Platten mit Reliefs von Ranken und Blumen und eine Unmenge von Statuen, denen meist irgendwelche Körperteile fehlten, als hätten auch sie an der Schlacht teilgenommen.
Das ist die Bibliothek, erklärte Glaedr. Oder das, was nach Galbatorix’ Plünderung von ihr übrig geblieben ist.
Eragon drehte sich langsam um sich selbst und nahm das Gebiet rings um das Gebäude in Augenschein. Im Süden der Bibliothek erkannte er die schwachen Spuren längst verwaister Fußwege unter dem struppigen Gras. Die Spuren führten von der Bibliothek weg zu einem Apfelhain. Hinter den Bäumen erhob sich ein gut zweihundert Fuß hoher schartiger,
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