Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
gesprochenen Ritualen fest und mit ihnen war es ihr gelungen, die Pläne des Königs zu durchkreuzen.
Die erste Illusion hatte ihr eine andere Frau gezeigt, Rialla, die als Mitgefangene zu ihr in die Halle der Wahrsagerin gekommen war. Die Frau hatte behauptet, dass sie insgeheim mit einem der Spione der Varden in Urû’baen vermählt sei und dass man sie gefangen genommen habe, als sie ihm eine Nachricht überbringen wollte. Etwa eine Woche lang – wenn Nasuada die Zeit richtig einschätzte – hatte Rialla versucht, sich bei ihr einzuschmeicheln und sie auf Umwegen davon zu überzeugen, dass der Feldzug der Varden zum Scheitern verurteilt war, dass die Begründung der Varden für den Krieg nicht logisch war und dass es nur recht und billig wäre, sich Galbatorix’ Autorität zu unterwerfen.
Zu Beginn hatte Nasuada nicht begriffen, dass Rialla selbst eine Illusion war. Sie hatte vermutet, dass Galbatorix die Worte der Frau oder ihr Erscheinungsbild verfälschte oder dass er vielleicht ihre eigenen Gefühle manipulierte, um sie empfänglicher für Riallas Argumente zu machen.
Während die Tage sich dahingeschleppt hatten und Murtagh sie weder besuchte noch sich mit ihr in Verbindung setzte, hatte sie allmählich Angst bekommen, dass er sie Galbatorix’ Fängen völlig ausgeliefert hatte. Der Gedanke tat mehr weh, als sie zugeben mochte, und sie ertappte sich dabei, dass sie fast unablässig darüber nachgrübelte.
Dann hatte sie begonnen, sich zu fragen, warum Galbatorix während dieser Woche nicht gekommen war, um sie zu foltern, und ihr fiel ein, dass die Varden und die Elfen Urû’baen bereits angegriffen haben müssten, falls tatsächlich eine Woche verstrichen war. Und wenn das geschehen wäre, hätte Galbatorix es sicher erwähnt, und sei es nur aus Schadenfreude. Darüber hinaus benahm sich Rialla ein wenig seltsam und hatte eine ganze Reihe unerklärlicher Gedächtnislücken. Dazu kam Galbatorix’ Nachsicht und Murtaghs andauerndes Schweigen – und sie konnte einfach nicht glauben, dass er sein Wort ihr gegenüber brechen würde. All das brachte sie zu der Überzeugung, dass Rialla, so ungeheuerlich es schien, ein Trugbild war und dass nun auch die Zeit nicht mehr das war, was sie zu sein schien.
Es hatte sie erschüttert, dass Galbatorix offenbar die Anzahl der Tage verändern konnte, die ihrer Meinung nach verstrichen waren. Eine abscheuliche Vorstellung. Seit ihrer Gefangenschaft hatte sie nur noch ein vages Gefühl für Zeit, aber sie hatte sich immerhin ein allgemeines Bewusstsein für ihr Verstreichen bewahrt. Das auch noch zu verlieren und ankerlos in der Zeit zu treiben, bedeutete, dass sie Galbatorix noch mehr ausgeliefert war. So konnte er ihre Erlebnisse in die Länge ziehen oder verkürzen, wie es ihm beliebte.
Trotzdem war sie nach wie vor entschlossen, Galbatorix’ Überzeugungsversuchen zu widerstehen, ganz gleich, wie viel Zeit zu verstreichen schien. Wenn sie hundert Jahre in ihrer Zelle ausharren musste, dann würde sie hundert Jahre ausharren.
Nachdem sie sich als immun gegen Riallas heimtückische Einflüsterungen erwiesen hatte und die Frau endlich als Feigling und Verräterin enttarnt hatte, war diese Ausgeburt seiner kranken Fantasie aus ihrem Gefängnis geholt worden und Galbatorix hatte zu einer anderen List gegriffen.
Danach waren seine Täuschungen immer kunstvoller und unwahrscheinlicher geworden. Trotzdem brach keine die Gesetze der Vernunft und keine widersprach dem, was er ihr bereits gezeigt hatte, denn der König versuchte noch immer, dafür zu sorgen, dass sie von seiner Einmischung nichts bemerkte.
Seine Bemühungen gipfelten darin, dass er sie aus der Halle der Wahrsagerin in eine Gefängniszelle anderswo in der Zitadelle zu bringen schien, wo sie mit Trugbildern von Eragon und Saphira konfrontiert wurde, die in Ketten lagen. Galbatorix drohte, Eragon zu töten, wenn sie ihm, dem König, nicht die Treue schwor. Als sie sich weigerte, sprach Eragon zu Galbatorix’ großem Missvergnügen – und so dachte sie, zu seiner Überraschung – einen Zauber, der sie alle drei irgendwie befreite. Nach einem kurzen Duell ergriff Galbatorix die Flucht – sie bezweifelte allerdings, dass er das in der Realität jemals tun würde –, und dann begannen Eragon, Saphira und sie, sich ihren Weg aus der Zitadelle freizukämpfen.
Es war Schlag auf Schlag gegangen und ziemlich aufregend gewesen, und es hatte sie beinahe gereizt, herauszufinden, wie die Geschichte sich
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