Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
ausspreche.
Mit einem Knurren sprang Saphira in die Luft. Dabei zerzauste sie Eragon mit dem Wind ihrer Flügel das Haar und richtete die Pflanzen auf der Lichtung übel zu. Dann versuch es, aber beeil dich!, sagte sie, während sie nach Osten flog, weg von dem Felsen.
Als sie eine Viertelmeile entfernt war, richtete Eragon den Blick wieder auf die raue Oberfläche des Felsens, hob erneut seinen Schild und sprach noch einmal seinen Namen, zuerst in seiner eigenen Sprache, dann in der der Elfen.
Keine Tür und kein Eingang kam zum Vorschein. Keine Risse oder Spalten erschienen im Stein. Keine Symbole zeigten sich auf der Oberfläche. In jeder Hinsicht schien der hoch aufragende Fels nicht mehr zu sein als ein massiver Granit, ohne jedes Geheimnis.
Saphira!, rief Eragon im Geist. Dann fluchte er und stiefelte auf der Lichtung hin und her, wobei er nach losen Steinen und Zweigen trat.
Er kehrte zum Fuß des Felsens zurück, gerade als Saphira sich herabsenkte. Die Krallen an ihren Hinterbeinen gruben tiefe Furchen in die weiche Erde, als sie heftig mit den Flügeln schlagend landete. Blätter und Grashalme wirbelten um sie herum, als seien sie von einem Sturm erfasst worden.
Sobald sie sich auf alle viere niedergelassen und die Flügel angelegt hatte, sagte Glaedr: Ich nehme an, du hattest keinen Erfolg?
Nein, blaffte Eragon und funkelte den Turm an.
Der alte Drache schien zu seufzen. Das hatte ich befürchtet. Es gibt nur eine einzige Erklärung …
Dass Solembum uns belogen hat? Dass er uns auf eine sinnlose Suche geschickt hat, damit Galbatorix in unserer Abwesenheit die Varden vernichten kann?
Nein. Dass man zum Öffnen dieses … dieses …
Verlieses der Seelen, ergänzte Saphira.
Ja, dieses Verlieses, von dem er dir erzählt hat – dass wir, um es zu öffnen, unsere wahren Namen nennen müssen.
Die Worte fielen schwer wie Steine zwischen sie. Eine Zeit lang sprach keiner von ihnen. Der Gedanke machte Eragon Angst und er zögerte, sich damit zu beschäftigen, als könne die Beschäftigung damit die Lage noch verschlimmern.
Aber wenn es eine Falle ist … sagte Saphira.
Dann ist es eine überaus teuflische Falle, meinte Glaedr. Ihr müsst euch fragen: Vertraut ihr Solembum? Denn wenn wir weitermachen, riskieren wir mehr als unser Leben; wir riskieren unsere Freiheit. Wenn ihr ihm also tatsächlich vertraut, könnt ihr dann ehrlich genug zu euch selbst sein, um hinter eure wahren Namen zu kommen, und das schnell? Und seid ihr bereit, mit diesem Wissen zu leben, wie unerfreulich es auch sein mag? Denn wenn nicht, sollten wir auf der Stelle aufbrechen. Ich habe mich seit Oromis’ Tod verändert, doch ich weiß, wer ich bin. Aber du, Saphira? Und du, Eragon? Könnt ihr mir wirklich sagen, was es ist, das euch zu dem Drachen und dem Reiter macht, die ihr seid?
Eragon sah bestürzt zu dem Felsen von Kuthian hinauf.
Wer bin ich?, fragte er sich.
UND DIE GANZE WELT EIN TRAUM
N
asuada lachte, während sich der Sternenhimmel um sie drehte, und sauste in einem Wirbel abwärts auf einen Spalt aus blendend weißem Licht Meilen unter ihr zu.
Wind riss an ihrem Haar, ihr Hemd flatterte wild und die zerlumpten Enden der Ärmel klatschten wie Peitschen. Riesengroße schwarze Fledermäuse umschwärmten sie und nagten an ihren Wunden mit Zähnen, die schnitten und stachen und brannten wie Eis.
Und trotzdem lachte sie.
Der Spalt wurde breiter. Das Licht verschlang sie und blendete sie für einen Moment. Als sie wieder sehen konnte, stellte sie fest, dass sie in der Halle der Wahrsagerin stand und sich selbst betrachtete, wie sie gefesselt auf der aschfarbenen Steinplatte lag. Neben ihrem liegenden Körper stand Galbatorix: hochgewachsen, breitschultrig, mit einem Schatten dort, wo sein Gesicht sein sollte, und einer Krone aus dunkelrotem Feuer auf dem Kopf.
Er drehte sich dorthin, wo sie stand, und streckte eine behandschuhte Hand aus. »Kommt, Nasuada, Tochter von Ajihad. Lasst ab von Eurem Stolz und gelobt mir Treue. Dann werde ich Euch alles geben, was Ihr Euch je gewünscht habt.«
Sie schnaubte verächtlich und stürzte sich mit ausgestreckten Händen auf ihn. Bevor sie ihm an die Kehle gehen konnte, verschwand der König in einer Wolke aus schwarzem Nebel.
»Das Einzige, was ich mir wünsche, ist, Euch umzubringen!«, rief sie zur Decke empor.
Galbatorix’ Stimme hallte in dem Raum wider, als komme sie aus allen Richtungen zugleich: »Dann wirst du so lange hierbleiben, bis du deinen Fehler
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