Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
erneut bei diesen Worten.
Als er ihren und Glaedrs wahren Namen ausgesprochen hörte, war Eragon nicht mehr ganz so verlegen, was den seinen betraf. Keiner von ihnen war vollkommen und doch verdammten sie einander nicht für ihre Mängel, sondern akzeptierten und verziehen sie.
Auch nachdem Saphira ihren Namen genannt hatte, geschah nichts.
Zuletzt trat Eragon vor. Kalter Schweiß bedeckte seine Stirn. In dem Wissen, dass dies vielleicht seine letzte Tat als freier Mann war, sprach er im Geist seinen Namen, wie Glaedr und Saphira es getan hatten. Sie waren vorab übereingekommen, dass es sicherer für ihn wäre, seinen Namen nicht laut zu nennen, um die Gefahr zu verringern, dass irgendjemand es hören konnte.
Noch während Eragon in seinen Gedanken das letzte Wort bildete, erschien am Fuß der Felsnadel eine dünne dunkle Linie. Sie lief fünfzig Fuß nach oben, dann teilte sie sich, wölbte sich zu beiden Seiten herab und zeichnete die Umrisse von zwei breiten Türen nach. Auf den Türen erschienen Zeile um Zeile goldene Schriftzeichen: Schutzzauber, die sowohl gewöhnliches Aufspüren als auch magisches verhinderten.
Sobald der Umriss vollständig war, schwangen die Türen an verborgenen Angeln auf und schabten die Erde und die Pflanzen weg, die sich vor dem Turm angesammelt hatten, seit das Tor das letzte Mal geöffnet worden war, wann auch immer das gewesen sein mochte. Dahinter lag ein riesiger Tunnel mit Gewölbedecke, der in einem steilen Winkel in das Erdinnere hinabführte.
Die Türen kamen knirschend zum Stehen und wieder senkte sich Stille über die Lichtung.
Eragon starrte in den dunklen Tunnel und spürte Furcht in sich aufsteigen. Sie hatten gefunden, wonach sie suchten, aber er war sich noch immer nicht sicher, ob es eine Falle war oder nicht.
Solembum hat nicht gelogen, stellte Saphira fest. Sie ließ die Zunge vorschnellen, um die Luft zu kosten.
Ja, aber was erwartet uns dort?, fragte Eragon.
Dieser Ort dürfte eigentlich gar nicht existieren, bemerkte Glaedr. Wir und die Reiter verbargen auf Vroengard viele Geheimnisse, aber die Insel ist zu klein, als dass ein so großer Tunnel ohne unser Wissen hätte gebaut werden können. Und doch habe ich noch nie von ihm gehört.
Eragon sah sich um. Sie waren immer noch allein, niemand versuchte sich anzuschleichen. Könnte er gebaut worden sein, bevor die Reiter Vroengard zu ihrer Heimat gemacht haben?
Glaedr überlegte einen Moment. Ich weiß es nicht … Vielleicht. Es ist die einzige Erklärung, die einen Sinn ergibt. Aber wenn es so ist, dann ist dieser Tunnel wahrhaftig uralt.
Zu dritt untersuchten sie den Gang mit ihrem Geist, aber sie spürten nichts Lebendes darin.
Also schön, sagte Eragon. Der saure Geschmack der Furcht erfüllte seinen Mund und seine Hände waren schweißnass geworden in den Handschuhen. Was immer sie am anderen Ende des Tunnels finden würden, er wollte es jetzt wissen. Auch Saphira war nervös, aber nicht so sehr wie er.
Lass uns die Ratte ausgraben, die sich in diesem Nest versteckt, erwiderte sie.
Dann traten sie gemeinsam durch das Tor in den Tunnel.
Als der letzte Zoll von Saphiras Schwanz über die Schwelle glitt, schwangen die Türflügel hinter ihnen zu und schlossen sich mit einem lauten Krachen von Stein, der auf Stein stößt. Sie standen in völliger Dunkelheit.
»Oh nein, nein, nein!«, knurrte Eragon und lief zurück zu den Türen. »Naina hvitr«, sagte er und ein diffuses weißes Licht erhellte den Tunneleingang.
Die Innenseite der Türen war vollkommen glatt, und sosehr er auch dagegen stieß und hämmerte, sie gaben nicht nach.
»Verflucht. Wir hätten einen Baumstamm oder einen Steinbrocken benutzen sollen, um sie offen zu halten«, klagte er und war wütend auf sich selbst, weil er nicht daran gedacht hatte.
Wenn es sein muss, können wir sie immer noch aufbrechen, meinte Saphira.
Das bezweifle ich stark, widersprach Glaedr.
Eragon packte erneut Brisingr. Dann schätze ich, wir haben keine andere Wahl, als weiterzugehen.
Wann hatten wir je eine andere Wahl, als weiterzugehen?, fragte Saphira.
Eragon veränderte seinen Zauber, sodass das Werlicht von einem einzigen Punkt nahe der Decke kam, sonst wäre es Saphira und ihm schwergefallen, die Tiefe des Raums ohne Schatten einzuschätzen. Dann machten sie sich zusammen auf den Weg durch den abfallenden Tunnel nach unten.
Der Boden des Gangs hatte zahllose kleine Erhebungen, die es ihnen erleichterten, trotz des Gefälles Halt zu finden,
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