Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
Problem konzentrieren musste oder körperlich ausgelastet war. Dagegen zog sich der Tag quälend lang dahin, wenn er Zeit fand, über ihre Lage nachzudenken.
Seine Männer arbeiteten wacker – sein Bravourstückchen, durch das er sie vor den feindlichen Reitern bewahrt hatte, hatte ihm ihre Loyalität und Hingabe auf eine Weise gesichert, wie es Worte niemals vermocht hätten. Trotzdem schien es immer offensichtlicher, dass sie ungeachtet ihrer Anstrengungen nicht in der Lage sein würden, in der kurzen Zeit, die ihnen noch blieb, ihre Vorbereitungen abzuschließen.
Den ganzen restlichen Vormittag, den Nachmittag und den frühen Abend über breitete sich in Roran immer mehr ein Gefühl erdrückender Hoffnungslosigkeit aus und er verfluchte sich dafür, sich für einen so komplizierten und ehrgeizigen Plan entschieden zu haben.
Ich hätte von Anfang an wissen müssen, dass die Zeit nicht reicht, dachte er. Aber es war zu spät für irgendeinen anderen Plan. Ihnen blieb nur, ihr Äußerstes zu geben und zu hoffen, dass es irgendwie ausreichen würde, um trotzdem den Sieg zu erzwingen.
Als der Abend dämmerte, vertrieb ein schwacher Funke der Zuversicht seine Schwarzseherei, denn urplötzlich fügte sich mit überraschender Geschwindigkeit eines zum anderen. Und wenige Stunden später, als die Dunkelheit hereingebrochen war und die Sterne über ihnen hell leuchteten, stand er zusammen mit fast siebenhundert seiner Männer an den Mühlen. Sie hatten alle Vorbereitungen abgeschlossen, die notwendig waren, um Aroughs vor dem Ende des folgenden Tages zu erobern.
Roran stieß ein kurzes, erleichtertes Lachen aus, in das sich Stolz und Ungläubigkeit mischten, während er den Gegenstand ihrer Bemühungen betrachtete.
Dann beglückwünschte er seine Leute und gebot ihnen, in ihre Zelte zurückzukehren. »Ruht euch jetzt aus. Im Morgengrauen greifen wir an!«
Und die Männer jubelten, trotz ihrer offensichtlichen Erschöpfung.
FREUND ODER FEIND
I
n dieser Nacht fand Roran nur in einen leichten, unruhigen Schlaf. Er konnte sich unmöglich entspannen, wusste er doch, wie wichtig die bevorstehende Schlacht war und dass er dabei sehr wohl verletzt werden konnte – wie schon so oft. Diese beiden Gedanken waren dafür verantwortlich, dass er in regelmäßigen Abständen aus düsteren, sonderbaren Träumen hochschreckte.
Daher war er sofort hellwach, als es draußen vor seinem Zelt einen leisen, dumpfen Schlag gab.
Er öffnete die Augen und starrte die Zeltbahn über seinem Kopf an. Im Zelt war es nicht vollkommen finster, da orangefarbenes Fackellicht durch den Spalt der Eingangsklappe fiel und eine schwache Linie auf die gegenüberliegende Wand zeichnete. Die Luft fühlte sich kalt und feucht an auf seiner Haut, als liege er in einer Höhle tief unter der Erde begraben. Es musste schon sehr spät sein. Selbst die Tiere der Nacht waren zu dieser Stunde in ihren Bau zurückgekehrt und schliefen. Niemand hatte so tief in der Nacht noch auf zu sein – bis auf die Wachposten, und die waren nicht so nah an seinem Zelt postiert.
Roran atmete so langsam und flach wie möglich, während er auf weitere Geräusche lauschte. Doch das Einzige, was er hörte, war das Klopfen seines eigenen Herzens, das immer lauter pochte, je größer seine Anspannung wurde.
Eine Minute verstrich.
Dann noch eine.
Und gerade als er dachte, es gebe doch keinen Grund zur Sorge, und sein rasender Puls sich zu beruhigen begann, fiel ein Schatten auf die Vorderseite des Zeltes.
Rorans Pulsschlag verdreifachte sich und sein Herz klopfte so schnell, als würde er einen Berghang hinaufrennen. Wer immer dort draußen herumschlich, war gewiss nicht gekommen, um ihn für den Angriff auf Aroughs zu wecken oder um ihm eine Botschaft zu überbringen. Denn dann hätte er nicht gezögert, seinen Namen zu rufen und ins Zelt zu stürmen.
Eine schwarz behandschuhte Hand – noch einen Ton dunkler als die sie umgebende Finsternis – schob sich zwischen Zelt und Eingangsklappe und tastete nach der Schnur, die sie geschlossen hielt.
Roran öffnete schon den Mund, um Alarm zu schlagen, änderte dann aber seine Meinung. Es wäre töricht gewesen, den Vorteil der Überraschung nicht zu nutzen. Außerdem würde der Eindringling, wenn er merkte, dass er entdeckt worden war, vielleicht in Panik geraten und Panik konnte ihn noch gefährlicher machen.
Mit der rechten Hand zog Roran vorsichtig seinen Dolch unter dem zusammengerollten Umhang hervor, den er als
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