Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
Lage zu verschaffen und über wirksame Gegenmaßnahmen nachzudenken. Wenn Rorans Männer nicht von den überlegenen Streitmächten des Imperiums aufgerieben oder vernichtet werden wollten, mussten sie ihre Feinde so aus dem Gleichgewicht bringen, dass sie nicht mehr wussten, wohin sie sich wenden oder was sie tun sollten.
»Achtung!«, rief er und wandte sich seinen Kriegern zu. »Sehen wir zu, ob wir nicht auch etwas ausrichten können, während Carn kämpft, um unseren Hals zu retten. Wir werden diese Soldaten in die Zange nehmen. Die Hälfte kommt mit mir, die anderen gehen mit Delwin. Sie können nicht jede einzelne Straße absperren, also führst du, Delwin, deine Männern um die Soldaten herum und greifst sie von hinten an. Wir beschäftigen sie inzwischen an dieser Front, sodass sie nicht viel Widerstand leisten werden. Wenn irgendwelche Soldaten zu fliehen versuchen, lasst sie laufen. Es würde ohnehin zu lange dauern, sie alle zu töten. Verstanden …? Dann los, los, los!«
Die Männer bildeten rasch zwei Gruppen. An der Spitze seiner Gruppe trabte Roran am rechten Rand des Platzes entlang, während Delwin sich mit seinen Männern auf der linken Seite hielt.
Als beide Gruppen fast auf gleicher Höhe mit dem Springbrunnen waren, bemerkte Roran, wie der feindliche Magier zu ihm herüberschaute. Es war nur ein winziger, flüchtiger Blick aus dem Augenwinkel, aber die kurze Ablenkung schien eine unmittelbare Wirkung auf sein Duell mit Carn zu haben. Als der hakennasige Mann seinen Blick wieder auf Carn richtete, verzog sich die Grimasse auf seinem Gesicht zu einem schmerzhaften Krampf und auf seiner knotigen Stirn und an seinem sehnigen Hals traten die Adern hervor. Eine dunkle, zornige Röte überzog seinen ganzen Kopf, als würde alles Blut sich dort sammeln und er müsste gleich platzen.
»Nein!«, heulte der Mann, dann rief er etwas in der alten Sprache, was Roran nicht verstand.
Einen Sekundenbruchteil später rief auch Carn etwas und die beiden Stimmen überlagerten sich in einer solch fatalen Mischung aus Entsetzen, Verzweiflung, Hass und Zorn, dass Roran instinktiv wusste, dass das Duell irgendwie auf schreckliche Weise schiefgegangen sein musste.
Carn verschwand in einer Flamme aus blauem Licht. Dann blitzte von dort, wo er gestanden hatte, eine weiße, strahlende Kuppel auf und dehnte sich schneller, als Roran blinzeln konnte, über den Platz aus.
Die Welt wurde schwarz. Eine unerträgliche Hitze legte sich auf Roran und alles um ihn herum verdrehte und verzerrte sich, während er durch einen gestaltlosen Raum stolperte.
Sein Hammer wurde ihm aus der Hand gerissen und ein Schmerz explodierte seitlich an seinem rechten Knie. Dann krachte etwas gegen seinen Mund und er spürte, wie ein Zahn herausbrach und sein Mund sich mit Blut füllte.
Als er endlich zur Ruhe kam, blieb er, wo er war. Er lag auf dem Bauch, zu benommen, um sich zu bewegen. Seine Sinne kehrten allmählich zurück. Er sah die glatte graugrüne Oberfläche eines Pflastersteins vor seiner Nase, er roch das Fugenblei zwischen den Steinen und sein ganzer Körper brannte und schmerzte. Aber das einzige Geräusch, das er hörte, war das wilde Pochen seines Herzens.
Etwas von dem Blut in seinem Mund und seiner Kehle kam ihm in die Lungen, als er wieder zu atmen begann. Verzweifelt schnappte er nach Luft und hustete, setzte sich auf und spuckte klumpenweise schwarzen Schleim aus. Dabei sah er den Zahn – einen seiner Schneidezähne – herausfliegen und über den Pflasterstein hüpfen. Er nahm ihn und untersuchte ihn. Das obere Ende des Schneidezahns war abgebrochen, aber die Wurzel schien unversehrt zu sein. Also leckte er den Zahn sauber, drückte ihn dann zurück in das Loch in seinem Kiefer und zuckte zusammen, als er das verletzte Fleisch berührte.
Schließlich stemmte er sich vom Boden hoch. Er war gegen die Türschwelle eines der an den Platz angrenzenden Häuser geschleudert worden. Seine Männer lagen um ihn herum am Boden, die Gliedmaßen in alle möglichen Richtungen gestreckt. Sie hatten ihre Helme verloren, die Schwerter waren ihnen weggerissen worden.
Einmal mehr war Roran dankbar, dass er einen Hammer trug, denn mehrere der Varden hatten es geschafft, sich selbst oder ihre Schildkameraden während des Tumults aufzuspießen.
Hammer? Wo ist mein Hammer?, schoss es ihm erst jetzt durch den Kopf. Er suchte den Boden ab, bis er den Griff seiner Waffe entdeckte, der unter den Beinen eines in der Nähe liegenden Kriegers
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