Erbarmen
Fälle von sogenanntem besonderem Interesse annehmen, aber das weißt du ja sicher.«
»Du meinst das Sonderdezernat Q?«
»Nennt ihr das so? Na, ist doch ein ausgezeichneter Name.«
»Wie hoch war denn die bewilligte Summe?«
»Leg mich nicht auf die genaue Zahl fest, aber es war irgendetwas zwischen sechs und acht Millionen Kronen im Jahr für die nächsten zehn Jahre.«
Carl schaute sich in dem hellgrünen Kellerraum um. Okay, jetzt begriff er, warum Marcus Jacobsen und Bjørn ihn unbedingt nach hier unten ins Niemandsland entsorgen wollten. Zwischen sechs und acht Millionen, hatte er gesagt. Direkt für die Mordkommission.
Verdammt, das würde sie etwas kosten.
Marcus Jacobsen sah ihn noch einmal an, ehe er seine Halbbrille abnahm. Haargenau denselben Gesichtsausdruck hatte er, wenn er einen Tatort untersuchte, an dem der Täter keine eindeutigen Spuren hinterlassen hatte. »Du willst einen eigenen Dienstwagen, sagst du? Muss ich dich daran erinnern, dass wir in Kopenhagen bei der Polizei keine persönlichen Fahrzeuge haben? Wende dich an den Fuhrpark, wenn du einen brauchst. Wie alle anderen, Carl.«
»Ich arbeite nicht bei der Kopenhagener Polizei. Die Kopenhagener Polizei verwaltet mich nur.«
»Carl, du weißt doch ganz genau, wie die Leute sich hier oben über jede Form von Vorzugsbehandlung aufregen, oder? Und sechs Mann für deine Abteilung, hast du gesagt. Bist du eigentlich verrückt geworden?«
»Ich versuche lediglich, das Sonderdezernat Q aufzubauen, sodass es wie geplant funktionstüchtig wird, war das nicht meine Aufgabe? Ganz Dänemark unter seine Fittiche zu nehmen, das ist ein großes Revier, das ist dir doch sicher bewusst. Du willst mir also keine sechs Mann geben?«
»Nein, zum Teufel, nein!«
»Vier? Drei?«
Der Chef der Mordkommission schüttelte den Kopf. »Das heißt, ich soll alle Aufgaben allein lösen.«
Er nickte.
»Dann geht es erst recht nicht ohne eigenen Dienstwagen. Wie soll ich denn nach Aalborg oder nach Næstved kommen? Ich habe einen verantwortungsvollen Posten. Noch weiß ich ja nicht mal, wie viele Fälle auf meinem Schreibtisch landen, nicht wahr?«
Er setzte sich seinem Chef gegenüber und schenkte sich Kaffee in die Tasse ein, die Bjørn stehen gelassen hatte. »Aber wie auch immer, ich brauche dort unten einen Allrounder. So ein Mädchen für alles. Jemanden mit Führerschein, der Sachen für mich erledigen kann. Der sich um alles kümmert, Faxe schicken und so. Sauber machen. Ich werde einfach zu viel zu tun haben, Marcus. Wir müssen doch schließlich Ergebnisse liefern. Das Parlament wird bald etwas für sein Geld sehen wollen, meinst du nicht? Waren es acht Millionen? Das ist wirklich eine Menge Geld.«
Kap 7 - 2002
Für die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Demokratischen Partei im Folketing reichte kein normaler Kalender aus. Von morgens sieben Uhr bis siebzehn Uhr am späten Nachmittag hatte Merete Lynggaard vierzehn Treffen mit Vertretern von verschiedensten Interessensorganisationen. Mindestens vierzig neue Gesichter würden ihr in ihrer Eigenschaft als Sprecherin des Gesundheitsausschusses vorgestellt werden, und die weitaus meisten erwarteten, dass sie Hintergrund und Tätigkeitsfeld, Hoffnungen und wissenschaftlichen Background jedes Einzelnen von ihnen kannte. Hätte sie noch ihre alte Assistentin als Rückhalt gehabt, wäre es möglich gewesen, den Erwartungen einigermaßen gerecht zu werden, aber die neue, Søs Norup, war nicht so gewieft. Dafür war sie diskret. Kein einziges Mal, seit die Assistentin in Meretes Büro arbeitete, hatte sie irgendetwas angesprochen, das auch nur im Entferntesten Privatcharakter hatte. Sie war der geborene Roboter, auch wenn der Arbeitsspeicher zu wünschen übrig ließ.
Die Organisation, die vor Merete saß, hatte schon ihre Runde in Christiansborg gemacht: Erst war sie bei den Regierungsparteien gewesen, und jetzt war die größte Oppositionspartei und damit Merete Lynggaard an der Reihe.
Die Delegation tat alles, um Merete über mögliche Gesundheitsschäden von Nanopartikeln, über Immunabwehr und Untersuchungen der Plazenta ins Bild zu setzen - Letzteres schien ihr Hauptanliegen zu sein.
»Wir sind uns der ethischen Fragen voll bewusst«, sagte der Sprecher. »Wir wissen auch, dass insbesondere die Regierungsparteien Bevölkerungsgruppen repräsentieren, die sich generell dem Sammeln von Plazentazellen widersetzen werden. Aber wir sind dringend angehalten, uns mit dem Thema zu
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