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Erbarmen

Erbarmen

Titel: Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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denen sie vorbeizog. Und in den Regierungsparteien. Glaubst du etwa, der Staatsminister und seine Vasallen waren scharf drauf zuzusehen, wie diese Powerfrau sich im Fernsehen produzierte? Und sie, diese verschnarchten Säcke, vorführte? Da sahen doch alle alt aus. Du sagst ja selbst,sie wäre so ein helles Köpfchen gewesen.« Er wrang den Wischlappen aus und hängte ihn über den Wasserhahn.
    »Alle wussten doch, dass sie bei der nächsten Wahl beste Chancen haben würde. Sie zog die Wähler an, und sie stand für viele Stimmen.« Er spuckte in die Spüle. »Das sag ich dir, nächstes Mal trinke ich nichts von diesem Retsina. Wo zum Teufel kaufen die eigentlich das Zeugs? Man bekommt davon ja einen total trockenen Hals.«
    Unten im runden Innenhof des Präsidiums begegnete Carl einigen Kollegen, die auf dem Heimweg waren. Bak stand im Säulengang an der Rückwand und konferierte ernst mit seinen Leuten. Sie sahen ihn an, als habe er ihnen ins Gesicht gespuckt.
    Den »Hornochsenkongress« konnte er sich nicht verkneifen, und der Widerhall in den Kolonnaden machte seinen Kommentar weithin hörbar.
    Die Erklärung für die ernsten Gesichter lieferte ihm Bente Hansen, eine aus seiner alten Truppe, der er am Eingang begegnete. »Du hattest recht, Carl. Sie haben das halbe Ohr im Spülkasten in der Wohnung der Zeugin gefunden. Respekt, Respekt, alter Halunke.«
    Na prima. Wenigstens in der Geschichte mit dem Fahrradmord bewegte sich etwas.
    »Bak war gerade mit seinen Leuten im Rigshospital. Die Zeugin sollte endlich mal alles ausspucken«, fuhr sie fort. »Aber es ist nichts dabei herausgekommen. Sie ist außer sich vor Angst.«
    »Dann ist es auch nicht sie, mit der sie reden sollten.«
    »Wahrscheinlich nicht. Aber mit wem denn sonst?«
    »Wann wärst du eher in der Lage, Selbstmord zu begehen? Wenn du irrsinnig unter Druck wärst oder wenn nur das allein deine Kinder retten könnte? Ich sage dir, irgendwie geht es hier um die Kinder.«
    »Die Kinder wissen doch gar nichts.«
    »Nein, natürlich nicht. Aber vielleicht die Mutter der Frau.« Er sah auf und betrachtete die Bronzelampe an der Decke.
    Vielleicht sollte er um Erlaubnis bitten, mit Bak die Fälle zu tauschen. Das würde einiges in diesem gewaltigen Gebäude zum Beben bringen.
    »Also Carl. Die ganze Zeit gehe ich herum und denke. Carl, ich finde, wir sollten mit dem Fall weitermachen.« Assad hatte bereits einen duftenden Becher Kaffee vor ihn auf den Schreibtisch gestellt. Neben den Akten lagen auf dem Einwickelpapier ein paar süße Kuchenstücke. Offenbar startete er gerade eine Charmeoffensive. Jedenfalls hatte er in Carls Büro aufgeräumt. Etliche Aktenmappen lagen ordentlich aufgereiht auf seinem Schreibtisch, es wirkte fast, als sollte man sie in einer bestimmten Reihenfolge lesen. Er musste schon seit sechs Uhr hier sein.
    »Was sind das für Papiere, die du mir hier hingelegt hast?«
    »Ja, also - das sind Kontoauszüge von der Bank. Die erzählen, was Merete Lynggaard in den letzten Wochen abgehoben hat. Aber da steht gar nichts von einem Essen in einem Restaurant.«
    »Vielleicht hat man sie eingeladen, Assad. Das ist nicht ungewöhnlich, dass schöne Frauen bei solchen Gelegenheiten billig davonkommen.«
    »Ja genau, Carl. Clever. Jemand hat für sie bezahlt. Ich glaube, ein Politiker. Oder vielleicht ein Geliebter.«
    »Sicher. Aber den zu finden wird nicht leicht sein.«
    »Das weiß ich doch, Carl. Es ist fünf Jahre her.« Er tippte auf ein anderes Blatt Papier. »Das hier ist die Übersicht der Sachen, die die Polizei aus ihrer Wohnung mitgenommen hat. Ich sehe da keinen Kalender, von dem ihre neue Assistentin erzählt hat, nein. Vielleicht liegt ein Kalender in Christiansborg, und man kann darin sehen, mit wem sie essen gehen wollte.«
    »Assad, sie hatte ihren Kalender bestimmt in der Handtasche. Und die verschwand doch zusammen mit ihr, oder etwa nicht ?«
    Er nickte, und es war deutlich zu sehen, dass er sauer war. »Ja also, Carl. Dann können wir vielleicht ihre neue Assistentin fragen. Hier ist eine Abschreibung von der Erklärung, die sie abgegeben hat. Sie hat damals nichts davon gesagt, dass Merete zum Essen verabredet war. Deshalb glaube ich, wir fragen sie besser mal.«
    »Das heißt Abschrift, Assad. Nicht Abschreibung. Das ist doch fünf Jahre her. Wenn sie sich damals nicht daran erinnern konnte, kann sie es heute bestimmt auch nicht.«
    »Okay. Aber hier steht doch, dass sie sich an ein Telegramm erinnern kann, das Merete

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