Erbarmungslos: Thriller (German Edition)
hätte. Sie war müde, und selbst der Kaffee verlor seine Wirkung. Doch sie konnte nicht nach Hause gehen, da sie bei dem Gedanken an ihre Leute da draußen ohnehin nicht schlafen könnte. Aber sie war sich des Widerspruchs bewusst, dass sie sich selbst etwas vormachte, sich dies aber nicht eingestehen konnte. Da das Sofa bequemer zu sein schien als ihr Schreibtisch, schickte sie Barron fort, schloss die Tür hinter ihm ab und legte sich hin. Sie ließ das Licht brennen und die Vorhänge geöffnet und hoffte, sich bereits nach einer möglichst kurzen Pause erholt zu haben.
Sie wusste, es war ihr nicht geglückt, als jemand an die Tür klopfte. Sie hatte kein Zeitgefühl und war benommen. Erst nach einem kurzen Moment konnte sie die Uhr an der Wand erkennen. Vier Stunden waren vergangen. Sie erhob sich und ging zur Tür. Der Knauf in ihrer Hand fühlte sich wie Blei an.
Es war Barron. Wie einen Sack Getreide ließ sie sich auf ihren Stuhl fallen. »Geben Sie mir gute Nachrichten«, befahl sie.
Barron gehorchte, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte. »Er ist losgeflogen«, berichtete er ohne Umschweife. Cooke schloss erleichtert die Augen. »In neunzig Minuten landet er in Seoul. Das MSS hat den Flughafen mit Offizieren und Soldaten überschwemmt, die ihn aber nicht erkannt haben. Dabei war er nur einen halben Meter entfernt! Monaghan hat hervorragende Arbeit geleistet.«
»Was ist mit den anderen?«
»Alle sitzen im Flugzeug. Sie sind in Freiheit, wenn ihnen die VBA keine MiGs hinterherschickt.«
»Sorgen Sie dafür, dass Stryker befördert wird und eine Woche freibekommt. Monaghan auch. Ich vermute, Sie haben Pioneer stilvoll ausfliegen lassen.«
»Ihr Wunsch war mir Befehl«, bestätigte Barron. »Erste Klasse bis Seoul, von dort ein Charterflug nach Washington. Mitchell sitzt in seiner Nähe, um ihn im Blick zu haben, falls er Panik bekommt. Das passiert manchmal, wenn es Menschen schließlich bewusst wird, dass sie nie wieder nach Hause zurückkehren können. Sie werden morgen Abend hier landen. Dann lassen wir ihn gleich weiter auf die Farm fliegen.«
»Er hat es verdient. Stryker?«
»Sie und Burke fliegen Economy. Wir wollten nicht, dass sie alle beieinandersitzen, falls jemand herausgegriffen wird.« Er zog ein Zigarrenröhrchen mit einer Davidoff Millennium aus seiner Tasche und reichte sie Cooke. Für sich hatte er ebenfalls eine dabei. »Er hat China verlassen. Ich glaube, das ist es wert, ein Bundesgesetz zu brechen.«
Cooke zog die würzige Zigarre aus dem Röhrchen und hielt sie sich unter die Nase. »Teuer. Ich dachte, Sie hätten die Dinger aufgegeben.«
»Es ist nie zu spät, mit einer schlechten Angewohnheit wieder anzufangen.«
»Mir kommt eine bessere Tradition in den Sinn. Und sie wird Sie vor einem Streit mit Ihrer Frau bewahren.« Cooke nahm Barron das Röhrchen aus der Hand, zog die Zigarre heraus und steckte sie sich in den Mund. Die Zigarre, die er ihr gegeben hatte, schob sie ins Röhrchen zurück, griff zu einem wischfesten Markierstift und schrieb Pioneer 2016 auf die Seite. Anschließend drehte sie sich um, öffnete den Humidor, der dort im Regal stand, und legte die Zigarre hinein. Mit Barrons Geschenk war ihre Sammlung auf vier angewachsen.
Flughafen Incheon
Seoul, Südkorea
Auf dem handgeschriebenen Schild stand »KWON Moohyun«.
Milo Sachs hatte keine Ahnung, wer Kwon Moohyun war, doch ein echter Koreaner konnte er nicht sein. Sachs war der jüngste Führungsoffizier in Seoul, weswegen er den Kürzeren gezogen hatte, als es darum gegangen war, wer diesen Auftrag zugeteilt bekam. Der Stationsleiter hatte ihm den Namen für das Schild genannt und ihn angewiesen, keine Fragen zu stellen. Er sollte sich bei den anderen Fahrern aufhalten, Herrn Kwon abholen und ihn zu einem privaten Hangar am Rand des Flughafens bringen. Von dort sollte er ihn in einem privaten Learjet nach Washington begleiten. Er durfte nicht mit Kwon sprechen, ihm höchstens sagen, in welche Richtung er gehen solle. Als Entschädigung erhielt er drei freie Tage im nördlichen Virginia, die kaum reichen würden, um sich von der Zeitverschiebung zu erholen. Anschließend würde er zurück nach Seoul fliegen, um seinem Tagesgeschäft nachzugehen.
Das Flugzeug landete pünktlich, die Tür wurde geöffnet, und die bestellten Fahrer bezogen neben dem Ausgang Stellung. Die ersten beiden Personen, die herauskamen, sahen sein Schild und kamen auf ihn zu. Der Westler hatte einen beträchtlichen Bauch
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