Erbarmungslos: Thriller (German Edition)

sechs Uhr«, meldete Ford mit Blick nach Steuerbord. Die Su-27 war so nah, dass sie den VBA -Piloten durch die Kabinenhaube erkennen konnte. Dieser bedeutete ihr per Handzeichen, sie solle mit ihrer EP- 3 den Kurs ändern. Ford schüttelte den Kopf. Wir befinden uns in internationalem Luftraum, und das weißt du genau , dachte sie.
    Der Schwarmführer enttäuschte sie nicht. Der Radar- und Laserwarnempfänger der EP- 3 leuchtete fristgerecht auf. »Feindflugzeug hat uns erfasst!«, meldete Ford.
    Diesmal schob Roselli den Steuerknüppel nicht nach vorn, um nach unten abzutauchen. Und diesmal zitterte seine Hand tatsächlich.
    »Das macht echt Spaß«, murmelte er.
    »Bremsen!«, befahl Nagin. Die Luftwaffe der VBA , die ihre feindlichen Aktivitäten gegen taiwanische Gebiete bereits begonnen hatte, hatte gerade ein Flugzeug der US-Marine über internationalem Gewässer bedroht. Zumindest würde dies die Geschichte sein, die man sich im UN-Sicherheitsrat erzählen würde. Die Chinesen würden leugnen, die Absicht gehabt zu haben, die EP- 3 abzuschießen, doch die Radaraufschaltung und der laufende Krieg würden es dem chinesischen Botschafter schwermachen zu erklären, warum er etwas dagegen hatte, dass die USS Abraham Lincoln einem unbewaffneten US-Flugzeug zu Hilfe kam.
    Die wackeligen Hornets der Lincoln hatten sich mehr als fünfzig Meilen weiter im Hintergrund gehalten und die chinesischen Piloten glauben lassen, sie wären die amerikanischen Kampfflugzeuge, die dem Geschehen am nächsten waren. Mit dieser Vermutung hatten sie völlig verkehrt gelegen. Die Bounty Hunters hatten mit ihren F-35 Joint Strike Fighters hundert Fuß über dem Meeresspiegel den Kurs der EP- 3 umrundet. Das Radar der Su-27 hatte die Bounty Hunters nicht wahrnehmen können, weil die Strahlen in alle Richtungen verteilt wurden, nur nicht zurück zu den chinesischen Flugzeugen. Da jetzt die EP- 3 von feindlichem Beschuss bedroht wurde, zogen alle Piloten der US-Marine ihre Steuerknüppel zurück und strebten in einer Brillantenrosette, bei der jede Kunstflugstaffel vor Neid erblasst wäre, in Richtung Himmel.
    »Da!«, rief Ford. Eine unsinnige Anzahl von Symbolen erschien fast gleichzeitig auf dem Radar in einem engen Kreis um sie herum. Die Tatsache, dass die zurückgeworfenen Radarsignale der neuen Flugzeuge stabil blieben, bedeutete, dass ihre Raketenschachtklappen geöffnet waren.
    In weniger als einer Sekunde hatten sich die chinesischen Piloten vergewissert, dass sie auf ihren Blickfeldanzeigen dasselbe gesehen hatten, obwohl sie bezweifelten, dass die feindlichen Piloten wussten, wogegen sie antraten. Jede Su-27 erhielt auf ihren Laser- und Radarempfängern mehrere Bedrohungswarnungen, und die chinesischen Piloten legten sich so heftig in die Kurve oder begannen zu schlingern, dass sich Ford fragte, ob sie die Punkte nicht wegen der G-Kräfte sahen, die ihr Blut vom Gehirn in die Beine sacken ließen.
    »Das ist unser Zeichen«, sagte Roselli und schob den Steuerknüppel vor. Sein Flugzeug kippte nach vorn. »Elvis verlässt das Gebäude.« Es hatte keinen Sinn, der VBA ein weiteres Ziel zu bieten. Er vermutete, dass die MiGs viel zu beschäftigt waren, um ihn zu verfolgen, doch er wollte sein Schicksal nicht herausfordern, auch wenn der Rest seiner regulären Mannschaft nicht an Bord war.
    Die F-35 stiegen fast senkrecht nach oben. Alle führten ein Raketen-Lock-on auf eine der tänzelnden MiGs aus und manövrierten so, dass sie die chinesischen Kampfflieger innerhalb ihres Firing Envelope hielten. Einer der VBA -Piloten zog sein Flugzeug zu den aufsteigenden Tarnkappenflugzeugen herum, und die führende F-35 dröhnte in einem Abstand von weniger als hundert Fuß an der Spitze der Su-27 vorbei. Der Chinese reagierte instinktiv und betätigte den Auslöser seiner Waffe, merkte aber erst eine halbe Sekunde später, was er getan hatte. Er verfehlte sein Ziel, doch die Leuchtspuren waren sichtbar.
    »Wir werden beschossen!«, rief jemand über Funk.
    »Waffen frei«, befahl Nagin.
    Die anvisierte F-35 zog nach links, legte sich in die Kurve und richtete sich wieder waagrecht aus. Die AMRAAM fiel in ihrem offenen Schacht herunter und schoss vorwärts. Der Raketenmotor hatte keine zwei Sekunden gebrannt, bevor der Sprengkopf die MiG in zwei Teile riss. Die Raketenschachtklappe des Tarnkappenfliegers schloss sich wieder, woraufhin die Tarnkappenfunktion erneut hergestellt war. Der Rottenflieger der abgeschossenen Maschine bemühte sich,