Erbarmungslos: Thriller (German Edition)
Sie das verstanden?« Cooke öffnete die Tür zu einem Treppenhaus und ging mit Kyra nach unten. Die Stufen waren schmutzig und dunkel, rote Rohre setzten sich grell von den gelben Schlackensteinmauern ab.
»Ich denke, das habe ich verstanden, Ma’am«, antwortete Kyra.
»Wie auch immer. Wenn Sie über mich herfallen, sind wir beide hier fertig. Ebenso wie Clark Barron und wahrscheinlich ein paar andere.«
»Ich werde keine Probleme machen«, versicherte Kyra ihr. »Aber wenn Sie mich nicht in den Außendienst schicken, wohin dann?«
»In die Analyseabteilung, dem Directorate of Intelligence «, antwortete Cooke.
»Sie verstecken mich?«
»So könnte man es auch ausdrücken. Haben Sie ein Problem damit?«, erkundigte sich Cooke.
»Ich bin keine Analystin«, antwortete Kyra entsetzt. »Ich weiß nicht, wie man das macht. Und über Analysten hört man nichts Gutes.«
»Haben Sie von der Roten Zelle gehört?«, fragte Cooke.
»Nein, Ma’am«, antwortete Kyra.
»Es ist eine alternative Analyseabteilung … nicht unsere übliche«, erklärte Cooke. »George Tenet gründete die Rote Zelle am 13. September, um sicherzugehen, dass unsere Behörde keinen zweiten 11. September erlebt. Die Aufgabe der Roten Zelle ist es, außerhalb des gewohnten Rahmens zu denken … Möglichkeiten zu finden, die andere Analysten übersehen oder verworfen haben.«
»Des Teufels Advokat? Kriegsspiele?«, fragte Kyra. Das klang doch ganz interessant.
Cooke lenkte Kyra nach links. Der Flur im ersten Stock war eng und dunkel, eine Kombination aus dem Behördengelb und Leuchtstoffröhren, die immer aussahen, als würden sie jeden Moment erlöschen. Die Decke war so niedrig, dass Kyra sie mit ihren Fingern hätte berühren können, und der Boden war nicht mit Teppich ausgelegt, sondern mit Fliesen, auf dem der Dreck eines halben Jahrhunderts das bisschen Licht schluckte. »Die spielen sie ab und zu, aber das ist nicht ihr einziger Auftrag. Und um ehrlich zu sein, der Rest der Analysten mag sie nicht. Ich sollte vielmehr ›ihn‹ sagen. Die Zelle leidet unter Personalmangel.«
»Wie viele arbeiten dort?«
»Im Moment einer«, gab Cooke zu. »Es ist kein Außendienst, aber Sie werden mit dem in Verbindung stehen, was in der Welt passiert, Sie erhalten Ihre Bezahlung, und wir können Sie schnell wieder abziehen.«
Sie bogen nach rechts auf einen anderen Gang. Kyra las die Türschilder aus schwarzem Kunststoff, die mit Titeln und Zahlen in kleiner, weißer Schrift bedruckt waren. Vor einer der Türen fast am Ende auf der linken Seite blieb Cooke stehen. Das in dem dämmrigen Licht kaum zu erkennende, dennoch auffällige Schild entsprach nicht dem Standard: weiße Buchstaben in Sans Serif auf einem rot gefärbten Globus.
CIA, Rote Zelle
Die gefährlichsten Ideen der Welt
»Noch Fragen?«, wollte Cooke wissen.
»Warum bringen Sie mich persönlich hierher?«, fragte Kyra.
»Um sicherzugehen, dass Sie nicht mit einem Tritt wieder hinausbefördert werden«, antwortete Cooke. Sie drückte den Summer neben der Tür zu Zimmer 2G31 OHB . Niemand meldete sich. Cooke zog ihren Dienstausweis über das Lesegerät, woraufhin sich die Tür mich einem Klick öffnete.
Alle Büros der Regierung, die Kyra bisher betreten hatte, hatten gleich ausgesehen: schulterhohe beige Raumteiler, die so eng standen, dass so viele öffentliche Angestellte wie möglich in einen Raum gepfercht werden konnten. Es grenzte an ein Wunder, dass Klaustrophobie nicht zum Ausschlusskriterium für die Anstellung von Bürokraten zählte, dachte sie, und sie war zurecht davon ausgegangen, dass die Büros der Analysten der Norm entsprächen. Analysten und Führungsoffiziere gehörten zwar einer unterschiedlichen Gattung an, doch die Architektur war überall dieselbe.
Überall außer hier. Die Rote Zelle hatte mehr mit einer Nachrichtenzentrale als einem Regierungsbüro gemeinsam. Der enge Bereich war in ein Großraumbüro, einen kleineren Konferenzraum und ein Büro für den Abteilungsleiter untergliedert. Das raumhohe Fenster am anderen Ende bot einen Blick auf das neue Gebäude, die anderen Wände waren mit Weißwandtafeln, Landkarten der Staaten des Nahen Ostens, Kalendern, politischen Karikaturen und Zeitungsartikeln übersät. Stapel mit The Economist , New Republic , Foreign Affairs und Geheimdienstberichten bedeckten die Tische. An einer Wand hing ein lebensgroßes Porträt von Wladimir Iljitsch Lenin, das vielleicht ein Führungsoffizier aus einem verlassenen
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