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Erbarmungslos: Thriller (German Edition)

Erbarmungslos: Thriller (German Edition)

Titel: Erbarmungslos: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Henshaw
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haben ein paar chinesische Spione verhaftet«, korrigierte Jonathan sie. »Und das ist das Vorrecht souveräner Staaten, daher können Sie sich vorstellen, warum die Chinesen der Marschroute der Taiwaner eventuell widersprechen werden. Bis zum gestrigen Abend haben die Taiwaner noch nie einen MSS -Beamten festgenommen, und zwar seit sechzig Jahren nicht, weil sie den Großen Bruder nicht verärgern wollten. Jetzt hat sich diese Vorgehensweise geändert, und ich vermute, die Chinesen werden nicht erfreut sein. Sie werden mit den Säbeln rasseln, bevor die Sache beendet ist.«
    »In Ordnung«, sagte Cooke, »du hast meine volle Aufmerksamkeit.«
    Jonathan führte die beiden Frauen zu zwei Stühlen und setzte sich ihnen gegenüber. Während er sprach, sah er an ihnen vorbei aus dem Fenster. »Chiang Kai-shek und die Nationalisten verloren die Revolution und flohen nach Taiwan, ohne sich je zu ergeben. Stellen Sie sich vor, Jefferson Davis hätte die Hauptstadt der Konföderation 1865 nach Kuba verlegt und nie seinen Anspruch auf die Südstaaten aufgegeben. Die Chinesen sehen Taiwaner als Abkömmlinge eines Feindes, der sich hätte ergeben sollen, es aber nicht tat und jetzt eine Wiedergutmachung verlangt, die er nicht verdient. Daher begründeten die Chinesen die Ein-China-Politik und machten sie zur Voraussetzung für den Handel mit dem Festland. Doch hin und wieder recken die Taiwaner ihre Köpfe nach oben, benehmen sich wie ein souveräner Staat und lassen diese Politik wie eine Farce aussehen. Für Peking ist dies nicht nur eine Erniedrigung. Die Kommunistische Partei rechtfertigt ihren Machterhalt damit, dass sie behauptet, die beste Schutzmacht chinesischer Interessen zu sein. Dazu gehört es, Taiwan zurück in die Herde zu holen. Die Legitimität der Regierung hängt zum Teil also davon ab, dass Taiwan den Kopf unten behält. Spione zu verhaften bedroht diese Legitimität. Tian wird handeln müssen.«
    »Sie sprechen von Militäraktionen?«, fragte Kyra.
    »Möglicherweise«, antwortete Jonathan. »Militärübungen entlang der Küsten zu Taiwan werden gerne genutzt, um gewisse Botschaften zu übermitteln.«
    »Was ist mit einer Invasion?«, wollte Cooke wissen.
    Jonathan zuckte mit den Schultern. »Es war immer strittig, ob die Volksbefreiungsarmee in der Lage ist, in Taiwan einzumarschieren. Aber diese Ja-Nein-Fragen lenken von der Möglichkeit ab, über Szenarien nachzudenken, die nicht ins Bild passen, was dumm ist. Die Geschichte zeigt, dass es so etwas wie einen ›begrenzten Krieg‹ für einen begrenzten Nutzen gibt. Vor ein paar Jahren habe ich ein Positionspapier der Roten Zelle mit dem Szenario für einen ›begrenzten Krieg‹ entworfen, in dem die Chinesen schrittweise die Formosastraße überquerten. Es dauerte fünf Jahre, doch die ›zunehmenden Bewegungen‹ sind mittlerweile akzeptiert, auch wenn APLAA darüber nicht glücklich ist.«
    » APLAA widerspricht?«, fragte Kyra.
    »Eigentlich nicht«, antwortete Jonathan. »Ihnen missfällt die Tatsache, dass ich das Papier verfasst habe, und nicht einer von ihnen. Diese Gruppe hegt einen Groll und hat ein langes Gedächtnis.«
    »Ich musste sie schon mehr als ein Mal davon abhalten, einen Anschlag auf dich zu verüben. Nichts zu danken, übrigens«, sagte Cooke. »Wie wird Tian mit der Sache umgehen?«
    »Zunächst passiv-aggressiv, um zu sehen, ob Liang einbricht«, erklärte Jonathan. »Er wird mit den üblichen öffentlichen Reden, Leitartikeln in der Volkszeitung und solchen Sachen anfangen. Darauf achten, was die Volkszeitung sagt. Sie ist die chinesische Prawda und wird von der Partei kontrolliert, sodass die Leitartikel offizielle Verlautbarungen sind. Auf diplomatischer Seite sieht Tian seinen Widersacher Liang nicht als gleichwertig an. Er wird in der Öffentlichkeit Verhandlungen vorschlagen, doch insgeheim erwarten, dass Liang derjenige ist, der die Kompromisse eingeht.«
    »Das reicht wohl für den Anfang.« Cooke erhob sich. »Schick mir bis Dienstschluss deinen Invasionsplan. Und gib dieser jungen Dame was zu arbeiten.«
    »Wenn es sein muss«, erwiderte Jonathan. Und zu Kyra gewandt: »Wie lange werden Sie bleiben?«
    »Fragen Sie sie.« Kyra deutete auf die Direktorin.
    »Unbestimmte Zeit«, sagte Cooke.
    »Sehr hilfreich.« Jonathan zog einen Block zu sich heran, auf den er von mehreren Geheimdienstberichten die Titel und den Tag ihrer Veröffentlichung in sauberen Blockbuchstaben schrieb. »Die China-Analysten verwahren in ihrem

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