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Erbarmungslos: Thriller (German Edition)

Erbarmungslos: Thriller (German Edition)

Titel: Erbarmungslos: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Henshaw
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dafür.«

SECHSTER TAG
    Freitag
    Büro der CIA-Direktorin
    »Du hast mich rufen lassen?« Jonathan stand an der Tür, die Sonne drang durch die Jalousien, und Cooke saß auf dem Ledersofa gegenüber der Tür. Er sah ihr an, dass sie kaum geschlafen hatte. Sie musste sich zwingen, den Blick auf ihn gerichtet zu halten. In diesem Zustand der völligen Erschöpfung konnte sie rabiat werden, wie er wusste. Wahrscheinlich hielt sie nur noch dank Kaffee oder etwas Stärkerem durch, doch es lag nicht an ihm, etwas zu sagen.
    Als Cooke ihn ansah, fiel ihr ein, dass sie vor lauter Müdigkeit vergessen hatte, ihrer Sekretärin mitzuteilen, dass Jonathan kommen würde. Wie er es an ihr vorbeigeschafft hatte, müsste sie später von ihm in Erfahrung bringen, falls ihre Geduld reichen würde. Außerdem hatte er nicht angeklopft.
    Darüber ging sie schließlich hinweg und winkte ihn herein. »Wie geht’s Kyra?«, fragte sie.
    »Sie hat eine schwere Zeit, glaube ich. Sie wird sich daran gewöhnen.«
    Cooke nickte. »Sie hat Caracas überlebt, dann wird sie auch dich überleben.«
    »Die Hoffnung besteht«, erwiderte er sarkastisch. »Obwohl ich ihr geringstes Problem bin, und dein größtes wohl auch nicht.«
    Du unterschätzt dich selbst , dachte Cooke, doch für dieses Gespräch war nicht der richtige Zeitpunkt. Sie hielt den Bericht der Roten Zelle hoch, den Jonathan ihr ein paar Tage zuvor gegeben hatte. »Ich habe das hier gerade gelesen. ›In der Formosastraße – wie die VBA in Taiwan einfallen könnte‹«, las sie von der ersten Seite ab. »Ein schrecklicher Bericht. Wie hast du es geschafft, ihn mit einem solchen Titel zu veröffentlichen?«
    »Ich vermute, du liest das nicht wegen deines literarischen Anspruchs«, wich Jonathan ihrer Frage aus.
    »Natürlich nicht. Setz dich, bitte.« Er gehorchte. Erleichtert ließ Cooke den Bericht auf den niedrigen Tisch vor dem Sofa fallen. »Glaubst du, die Chinesen werden das tun?«
    Jonathan zuckte mit den Schultern. »Ich bin sicher, APLAA würde dir sagen, dass gut unterrichtete Kreise ihr Geld nicht auf eine Invasion verwetten würden.«
    »Ich habe mir ihre Seite angehört. Sie haben in alle Richtungen Bedenken geäußert und Absicherungen vorgebracht, sodass ich nicht mehr weiß, was sie eigentlich denken. Deswegen frage ich dich.«
    »Invasion – wahrscheinlich nicht«, antwortete Jonathan. »Aber wenn es die VBA war, die das Kraftwerk Tashan auf dem Gewissen hat, glaube ich, dass sie einmarschieren.«
    Kinmen, Taiwan
    Zwei Kilometer vor der chinesischen Festlandküste
    Die Invasion der Volksbefreiungsarmee von Jinmen Dao, dem Westen bekannt als das Archipel von Kinmen, begann nachts um zwei Uhr Ortszeit mit dem leisen Geräusch von Stiefeln auf nassem Sand.
    Die VBA verlegte zum zweiten Mal Einheiten in die Nähe von Kuningtou, so wie es ihre Väter bereits am 25. Oktober 1949 getan hatten. Die Schlacht entlang der Nordküste von Kinmen hatte sechsundfünfzig Stunden gedauert. Gleich nach der Landung mehrerer Bataillone der VBA an den Stränden wurden diese von den nationalistischen »Kinmen-Bären« mit amerikanischen M5-A1-Panzern angegriffen, denen sie nichts entgegenzusetzen hatten. Fünfzehntausend Männer starben in weniger als drei Tagen. Der Sieg hatte Kinmen im Gedächtnis der Taiwaner als heiligen Boden eingebrannt.
    Das war fast zehn Jahre her. Die auf Kinmen stationierten taiwanischen Truppen hatten genug Munition, um die chinesischen Festlandhäfen Xiamen und Fuzhou anzugreifen – die Reichweite der Artillerie ist keine einseitige Maßangabe –, sodass sie für die VBA durchaus ein Problem darstellten. Zu Beginn der Invasion Taiwans würden die Chinesen davon ausgehen, dass das Verteidigungskommando von Kinmen sich rasch von der Übermacht überwältigen lassen würde. Doch Kinmen sollte ein blutiger Gewinn für die VBA werden, vielleicht so blutig, dass Peking es sich noch einmal durch den Kopf gehen lassen würde, die noch größere Herausforderung anzunehmen. Taiwan würde mit der Verteidigung an den Stränden beginnen, anschließend in die städtischen Siedlungen zurückweichen, die zu einem erschreckend großen Teil aus Steinhäusern bestanden und einem heftigen Gefecht standhalten würden. Von dort würden sich die taiwanischen Truppen in die Tunnel- und Bunkersysteme in den Bergen von Tai-Wu und Lonpun, in Yangchai, in Ting-pao und am See Lan zurückziehen. Die VBA würde wochenlang Blut spucken, wenn sie in die engen Betontunnel eindringen und

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