Erbarmungslos: Thriller (German Edition)
Fahrzeug in dem dichten Verkehrsstrom. Die beiden Männer, noch einen halben Block von ihm entfernt, stiegen so rasch aus, wie sie konnten, und eilten auf ihn zu.
Nur zwei. Die schaffe ich locker . Besonders abends. Dunkelheit änderte alles. Die Spielregeln hatten sich zu seinen Gunsten verändert. Die beiden Männer mussten gegen den Strom an Menschen ankämpfen – Pekings zwölf Millionen Einwohner, die sich einige Minuten lang gegen ihre Regierung stellten. Damit würde Mitchell Zeit gewinnen, zumindest ein paar Sekunden, wenn die beiden Männer ihn kurz aus den Augen verlieren würden. Das würde reichen, und wenn die U-Bahn an diesem Abend pünktlich fuhr, umso besser.
Als die Ampel auf Grün schaltete, verschmolz Mitchell mit der Masse, die über die breite Jiaodaokou-Dongdajie-Straße eilte. Er ging nicht schneller als die anderen. Die beiden MSS -Offiziere erreichten die Kreuzung erst, als die Ampel wieder auf Rot schaltete und Mitchell die andere Straßenseite erreicht hatte. Zwischen ihnen schwoll die Mauer aus den sich bewegenden Fahrzeugen an. Die beiden Männer versuchten, die Straße trotzdem zu überqueren, doch als einer der beiden fast von einem Auto angefahren wurde, gaben sie auf.
Verfolger abzuhängen war nicht schwierig, wurde aber selten getan, weil es die Verfolger wütend machte und zu Vergeltungsmaßnahmen führte. Die Kunst lag darin, sie glauben zu lassen, sie hätten entweder Pech oder seien inkompetent. Die beiden Männer auf der anderen Straßenseite konnten nämlich nicht wissen, ob Mitchell sie wahrgenommen hatte. Er war lediglich aus einem Auto ausgestiegen und hatte die Straße überquert. Wie in einem perfekten Konzert kam es nur auf den richtigen Zeitpunkt an.
Mitchell hatte den U-Bahn-Eingang Beixinquiao bereits passiert. Er verlor keine Zeit damit, sich eine Fahrkarte zu kaufen. Die steckte schon in seiner Tasche, weil ein anderer seiner Mitarbeiter »beschlossen« hatte, am Mittag spazieren zu gehen. Die beiden MSS -Beamten würden sich nicht mit Fahrkarten abgeben müssen, deswegen war Mitchell mit seinen Verfolgern jetzt auf Gleichstand. Er näherte sich dem Bahnsteig, als die beiden Chinesen über die Straße rannten. Der Zug war pünktlich, etwas, worauf kommunistische Regierungen immer stolz waren. Mitchell bestieg ihn in dem Moment, in dem seine Verfolger die Treppe erreichten. Sie schoben die anderen Fahrgäste grob zur Seite, konnten aber, unten angekommen, dem abfahrenden Zug nur noch hinterherblicken. Sie würden ihre Vorgesetzten wohl eher nicht anrufen und Verstärkung anfordern, um die vielen U-Bahnhöfe entlang der Linie überwachen zu lassen. In jeder Zwölf-Millionen-Stadt mit dem entsprechenden Verkehr stellte die U-Bahn das schnellste Verkehrsmittel dar. Die ersten Haltestellen würden seine Verfolger auf keinen Fall rechtzeitig mit dem Auto oder zu Fuß erreichen.
Die Grosse Halle des Volkes
Peking
Erst jetzt begann die Menge zu toben, während Tian langsam den Kopf von einer Seite zur anderen drehte. Die Sache war kaum wahrnehmbar, doch Cooke bemerkte sie auch aus zwölftausend Kilometer Entfernung: Tian, der Präsident der Volksrepublik China, saugte mit dem Gebaren eines Gottes auf Erden die Bewunderung der Verehrer, die Energie der Menge in sich auf. Für die ausländischen Beobachter im Saal hatte das Schauspiel etwas Widersprüchliches. Die kommunistische Doktrin machte den Atheismus zur offiziellen Religion und ersetzte die Anbetung eines höheren Wesens durch strikten Gehorsam dem Staat gegenüber. Der Staat war Gott, und Tian Kai war der Staat.
Tian brachte die Menge mit erhobener Hand zum Schweigen. »Unsere Position zum Thema Wiedervereinigung war immer unumstößlich gewesen. Wir haben unsere Politik durch unsere Worte, Gesetze und Handlungen klar zum Ausdruck gebracht. Jeder Schritt in Richtung einer Spaltung bedroht Chinas Souveränität und territoriale Unversehrtheit. Wir haben Taiwans Führung zahllose Gelegenheiten zu friedlichen Verhandlungen gegeben. Wir haben die Hand zur Vergebung und zum Aufbau einer freundschaftlichen Beziehung ausgestreckt. Wir haben die Faust unserer Entschlossenheit nur gezeigt, wenn uns keine andere Wahl blieb. Und jetzt hat der nationalistische Früher Taiwans seine Absicht deutlich gemacht. Wir werden unsere ebenso deutlich zum Ausdruck bringen. Wir werden nicht zulassen, dass die irregeleiteten und selbstsüchtigen Politiker dieser Provinz eine Trennung vom Festland herbeiführen oder deren Bewohner die
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