Erbarmungslos: Thriller (German Edition)

sie inkompetent aussehen lassen, und das war inakzeptabel.
    »Ich hab’s!«, rief einer der Analysten. Die Monitorwand wurde schwarz, bevor ein mit einer Wärmebildkamera aufgenommenes Video erschien.
    »Was ist das?«, rief Drescher.
    »Flughafen Shangyi«, antwortete der Analyst.
    Cooke blickte stumm und mit verzerrtem Gesicht zuerst zur Wand, dann zu Jonathan. Sein Gesicht verriet nichts.
    Das Luftwaffenkommando von Kinmen war ein Scheiterhaufen, die Rollbahn von Toten und Verwundeten übersät. Diejenigen, die näher zum brennenden Gebäude lagen, waren schwerer zu erkennen, da die heiße Luft um das Feuer herum den Beton und Asphalt, auf dem die Leichen wie im Backofen gegrillt wurden, aufheizte. Männer sprangen über die Leichen hinweg, die weiter vom Feuer entfernt lagen. Welche der Soldaten Taiwaner oder Chinesen waren, konnte Cooke nicht sagen, hielt es aber auch für vermessen zu glauben, sie müsste es wissen.
    Kinmen, Taiwan
    Der Rest der Verteidiger von Kinmen zog sich mit den Zivilisten, die die Kaserne rechtzeitig erreichten, in die Bunker zurück, bevor die Türen verschlossen und hermetisch abgeriegelt wurden.
    Die übrigen im Tai-Wu-Berg verbliebenen Kommandeure verschlossen die schweren Außentore des Komplexes und verbrachten die Zeit bis zum Abend damit, die immer weniger werdenden Berichte von ihren Brüdern draußen in Empfang zu nehmen. Sie flehten um Verstärkung und Unterstützung aus der Luft, bis VBA -Marineschiffe ihre endgültige Blockadepositionen einnahmen und das Signal gaben.
    Die taiwanische Kommandozentrale informierte in aller Ruhe das Verteidigungskommando von Kinmen, dass die Soldaten schließlich gerettet würden. Danach brach der Kontakt ab. Die führenden taiwanischen Militäroffiziere wussten noch nicht, dass sie angelogen worden waren. Es würde keine Verstärkung und keine Unterstützung aus der Luft geben. Der korrupte Präsident in Taipeh, der Pekings Feindseligkeit zu seinem eigenen Vorteil provoziert hatte, war erschrocken darüber, dass er seine Militärkräfte retten musste, falls Chinas Handstreich nur die erste von vielen Attacken war.
    Formosastraße
    120°00‘ Ost, 25°00‘ Nord,
    800 Kilometer südwestlich von Okinawa
    Lieutenant Samuel Roselli prüfte seinen Kurs, seinen Azimut und den Himmel über sich zum dritten Mal in fünf Minuten. Es war ein klarer Morgen, 6:20 Uhr, Sichtweite hundertsiebzig Kilometer in alle Richtungen. Am wolkenlosen Himmel würde Roselli zumindest die MiG-Patrouillenflugzeuge kommen sehen, doch auch er würde sich mit seinem Flugzeug nirgendwo verstecken können. Seine alte Krähe, eine viermotorige Turboprop EP-3E ARIES II , die zur Aufklärung und nicht für den Kampf gebaut worden war, konnte es mit den chinesischen Kampffliegern nicht aufnehmen. Sie verfügte über keine Angriffswaffen, konnte höchstens achttausend Meter hoch fliegen und erreichte selbst bei steilem Sinkflug keine Mach 1. Trotz aller praktischer Vorteile war die EP- 3 weder kampftauglich noch schnell. Sollten die MiGs wirklich unfreundlich werden, wäre es das Beste, steil nach unten bis knapp über die Wasseroberfläche zu fliegen, wo die Wellen das Radar des Angreifers hoffentlich verwirren würden.
    Roselli verstand den Ärger der Chinesen darüber, dass US-Spionageflugzeuge regelmäßig ihre Küste entlangflogen. Die Politiker in Washington würden mit Sicherheit entsetzt aufschreien, wenn Spionageflugzeuge der VBA über den Marinestützpunkt in San Diego oder über eine der anderen fünfzehn Marineeinrichtungen entlang der Westküste Erkundungsflüge durchführten. Eines Tages würden sie es tun, dachte Roselli. Irgendwann wären die USA nicht mehr die einzige Supermacht der Welt.
    »Die drehen völlig durch. Die ganze Küste entlang herrscht Funkverkehr in einer Größenordnung, die da unten noch keiner erlebt hat. Klingt, als wäre jede bewaffnete VBA -Einheit innerhalb von zweitausend Kilometern im Anmarsch. Habe ich hier oben was verpasst?« Lieutenant Julie Ford kroch auf ihren Platz zurück, was Rosellis Stimmung beträchtlich aufhellte. Er war mit weit weniger qualifizierten oder hübschen Kopiloten geflogen. Die chinesischen Flugzeuge hatten sich ihrer EP- 3 mehrfach gefährlich genähert, doch Julie Ford hatte sich nichts anmerken lassen. Roselli konnte sich nur schwer vorstellen, wie sich das Vertrauen eines Piloten schneller verdienen ließ.
    » AWACS sagt, die VBA -Luftwafffe macht hier oben das, was VBA -Panzer da unten machen. Überall