Erbarmungslos: Thriller (German Edition)

hat heute Morgen in einem Leitartikel behauptet, es handle sich um eine Wehrübung.«
    »Dem wir natürlich keinen Glauben schenken können«, merkte Kyra an.
    »Natürlich nicht.« Jonathan lächelte. Jetzt denkst du wie eine Analystin .
    »Dann sieht es nach Invasionstruppen aus, aber niemand will es so nennen, weil sie zahlenmäßig nicht stark genug sind und niemand das Risiko eingehen will, falschzuliegen und die Chinesen zu beleidigen«, schlussfolgerte Kyra.
    »Korrekt«, bestätigte Jonathan und beobachtete sie, während sie die Bilder ansah. Angesichts der blutunterlaufenen Augen an diesem Morgen war er etwas überrascht, dass sie überhaupt etwas sah.
    »Glauben die da unten, Tian verlegt seine Panzer, weil die VBA überschüssigen Treibstoff verbrauchen muss?« Das Schmerzmittel tat sein Bestes gegen ihre Kopfschmerzen, half aber nicht gegen ihre Ungeduld.
    »Wohl kaum«, antwortete Jonathan ungerührt. »Aber Sie könnten aus dem falschen Grund recht haben. Wenn Kinmen besetzt ist, könnten die Invasionstruppen sich dort sammeln und auf Penghu zubewegen. Das wäre das logische Vorgehen, wenn sie vorhätten, Taiwan etappenweise einzunehmen.«
    »Sie hätten auch einfach ›Ich stimme Ihnen zu‹ sagen können«, entgegnete Kyra gleichzeitig zufrieden und verärgert.
    »Das hätte nicht annähernd so viel Spaß gemacht. Auf jeden Fall sollten wir uns auf die ›Keule des Meuchelmörders‹ konzentrieren. APLAA hat versucht, uns zuvorzukommen, und ihre gesammelte Weisheit zu diesem Thema angeboten.« Er drehte den Bildschirm in ihre Richtung.
    »Das ging aber flott«, stellte sie fest.
    »Die China-Analysten haben lange darauf gewartet«, erklärte Jonathan. »Es geht der Witz um, dass schon stapelweise tägliche Zusammenstellungen für den Präsidenten über einen chinesischen Einmarsch nach Taiwan in der Schublade parat liegen, obwohl ich glaube, an diesem hier mussten sie noch ein bisschen feilen.«
    Für den Präsidenten
    Tians Bedrohung bezieht sich wahrscheinlich
    auf U-Boot-Streitkräfte der VBA
    Präsident Tian Kais Behauptung, die VBA -Marine könnte US-Schiffe bedrohen, bezieht sich wahrscheinlich auf vier russische Kilo-Klassen-U-Boote, die seit 1995 angeschafft wurden. Trotz des Fortschritts im Schiffsbau der VBA bleiben die Kilo-Klassen die modernsten Jagd-U-Boote in der chinesischen Flotte.
    • Die VBA -Flotte umfasst auch siebzehn U-Boote der Ming-Klasse, zweiunddreißig der Romeo-Klasse und fünf der Hon-Klasse. Alle drei Klassen sind älter als die Kilo-Klasse und zeichnen sich durch veraltete Bauart und Technik aus, sodass sie den neueren US-U-Booten gegenüber im Nachteil sind.
    Die VBA -Marine verfügt in ihrer Oberflächenflotte auch über vier russische Sovremenny-Klasse-Zerstörer. Diese in Reichweite der US-Flugzeugträger zu positionieren wäre allerdings schwierig. Trotz der Aufstockung mit der Sovremenny-Klasse taugt die Oberflächenflotte der VBA mehr zur Verteidigung der Küsten als zum Einsatz auf langen Strecken.
    • Die VBA -Oberflächenflotte ist mit mehreren Klassen von Seezielflugkörpern ausgerüstet, einschließlich einer rückentwickelten Version der französischen Exocet. Die VBA hat sich allerdings bemüht, ihre Soldaten in effektiver Zielerfassung über Horizont auszubilden.
    Dieser Artikel wurde von der CIA erstellt.
    Die gegenüberliegende Seite zeigte eine Fotomontage von Schiffen und Raketen russischer Bauart. Symbole auf einer kleinen Landkarte der chinesischen Küste rechts unten markierten die VBA -Marinestützpunkte.
    »Ich gehe davon aus, Sie halten das für falsch«, sagte Kyra. Dies schien immer seine vorprogrammierte Antwort zu sein.
    »Russische Schiffe und U-Boote in den Händen der VBA -Marine sind eine Bedrohung«, gab Jonathan zu. »Aber wir wissen, dass die Chinesen ihr kleines Flugzeugträger-Zerstörerprojekt nicht auf den Kauf russischer Ausrüstung beschränkt haben.«
    Er ging um eine Reihe niedriger Aktenschränke herum zur Weißwandtafel, wo er zu einem roten Stift und einem Löschschwamm griff. Er hielt kurz inne, während er auf das hingekritzelte Gedankenexperiment vom Vortag blickte, runzelte die Stirn und begann, die Tafel zu putzen.
    »Haben Sie genug von der Suche nach Bestätigungsfehlern?«, fragte Kyra.
    »Natürlich nicht«, antwortete er. »Aber jetzt wird der Platz für interessantere Probleme benötigt.« Nachdem die Tafel wieder sauber war, griff er zu einem großen gebundenen Buch, das auf seinem Schreibtisch lag, und ließ