Erbarmungslos: Thriller (German Edition)
hatte, wollte sie ihn aus der Schusslinie nehmen. »Direktor Rhead hat unserem Einsatzbericht nicht zugestimmt und sich geweigert, Rigdon von seinem Posten entfernen zu lassen. Stattdessen hat er behauptet, es sei Strykers Fehler gewesen, und ihre Entlassung angeordnet.«
»Sprechen Sie nicht über mich, als wäre ich nicht anwesend!«, schnauzte Rhead.
»Mund halten!«, befahl Stuart. »Von Ihnen habe ich genug gehört.«
»Harry …«, begann Rhead.
»Mund halten!«, wiederholte Stuart. Rhead sackte in seinem Sessel zusammen und schwieg. »Ziehen Sie Rigdon sofort aus Caracas ab, Mike. Tun Sie es, oder ich lasse seinen Reisepass konfiszieren, dann kann er in Caracas bleiben. Kathy, setzen Sie jemanden ein, der dafür geeignet ist. Und mir ist es egal, ob wir Rigdon sein Geld zurückgeben, sobald er in Miami landet, aber sorgen Sie dafür, dass er den Mund hält. Ich will erst gar nicht daran denken, wie die Überschrift in der Post lauten könnte. Ebenso wenig wie daran, was im Kongress passieren könnte, wenn das rauskommt. Und, Mike, gibt es noch weitere Rigdons da draußen? Sagen Sie nichts, ein Zeichen reicht.« Rhead schüttelte den Kopf. »Gut. Kathy, bekommt Stryker die Sache in Peking auf die Reihe?«
»Ja, Sir, davon gehen wir aus«, antwortete Cooke. »Es gibt keine Garantie, aber wir glauben, dass sie diesen Auftrag genauso gut erledigen wird wie jeder andere, den wir dafür einsetzen könnten.«
»Wann werden Sie Pioneer herausholen?«, fragte Stuart weiter.
»Wir haben Stryker noch nicht gebeten, den Auftrag zu übernehmen«, antwortete sie. »Wir brauchen zunächst Ihre Zustimmung für diese Operation.«
»Sie vertrauen ihr?«
»Absolut, Sir«, sagte Cooke.
»Dann sind Sie am Zug. Wünschen Sie ihr Glück.«
»Werde ich, Sir.«
»Und, Mike!« Stuart wandte sich an Rhead.
»Ja, Mister President?«, fragte er unsicher.
»Sie werden keinen zweiten ›Valerie Plame‹-Fall daraus machen, um sich an Stryker zu rächen. Wenn ich ihren Namen in der Post lese, werde ich den Generalstaatsanwalt auf Sie hetzen. Haben Sie mich verstanden?«
»Ja, Mister President«, antwortete Rhead, diesmal resigniert und mit hängenden Schultern.
Peking
Kyra hatte sich Mitchell nicht als beeindruckenden Mann gewünscht, sondern ganz im Gegenteil gehofft, er wäre mehr oder weniger der arrogante, ungestüme Typ von Stationsleiter, den sie bereits kannte. Damit hätte sie kein schlechtes Gewissen haben müssen, weil sie von der Schlägerei mit dem chinesischen Geheimdienstler nichts verriet. Mitchell war ein kompetenter, offenbar anständiger Mensch, was mit ziemlicher Sicherheit hieß, dass er sie und wahrscheinlich auch Jonathan gleich nach ihrer Beichte zum Flughafen bringen würde. Doch das Richtige und das Zweckmäßige waren im Moment nicht dasselbe.
Mitchell war nicht mehr ganz jung, Mitte fünfzig, wie sie schätzte. Sein Einsatz als Offizier war fast beendet, und sicherlich hatte er seine Zeit nicht verschwendet. Seine Bürowände waren nicht von Trophäen, mit Zeremonienwaffen oder Geschenken von ausländischen Geheimdiensten bedeckt wie die manch anderer Stationsleiter. Mitchells Büro fiel durch Leere auf. Nur ein Zeichen seiner Karriere hatte er sich gestattet, und dieses sagte genug über ihn aus, damit sich Kyra klein fühlte. Unter der Glasplatte auf seinem Kirschbaumholzschreibtisch lag eine gerahmte Sammlung von etwa fünfzig Münzen als Auszeichnung für seine Verdienste. Sie waren ihm von Militärdivisionen und Brigaden der US- und ausländischer Streitkräfte, aber auch von ausländischen Geheimdiensten verliehen worden. Es war ein bescheidener Beweis für eine verdeckte Karriere, die ihn zu weit mehr Hochmut berechtigte, als er Kyra gegenüber gezeigt hatte.
Mitchell unterbrach sie in ihren Gedanken, als er sich auf seinem Stuhl umdrehte und ein Blatt von seinem Laserdrucker nahm, der hinter seinem Schreibtisch stand. »Lesen Sie das«, befahl er. Kyra nahm das Blatt.
Erforderliche Aktion: Pioneer exfiltrieren
1. D/CIA weist Stationsleiter an, Pioneer zu exfiltrieren.
2. In Anbetracht der feindlichen Bedingungen vor Ort ist Stationsleiter befugt, alle verfügbaren Ressourcen nach Bedarf umzuleiten.
D/CIA bedauert, dass Abschottung durch örtliche Sicherheitskräfte die kurzfristige Entsendung entsprechender Spione unmöglich macht. Falls erforderlich, ist Stationsleiter angewiesen, Officer Stryker in jeder erforderlichen Eigenschaft einzusetzen, wenn sie dazu bereit ist. Stryker ist
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