Erbe des Drachenblutes (German Edition)
sie die Hände. »Sennus, mein alter Freund, hörst du mich?«
Die Blutschlieren tanzten unregelmäßig um sie herum, nur um sich dann wieder im Zentrum zusammenzuziehen. »Alter Haudegen, melde dich! Ich weiß, dass du mich hören kannst.« Erneut begannen die Blutschlieren ineinander zu verlaufen, dann aber erstarrten sie schlagartig. Medana schmunzelte, als sich ein blutrotes Gesicht im Dunst abzeichnete.
Der Mann, der ihr entgegenblickte, wirkte unzufrieden. »Was rufst du mich, alte Hexe? Ich habe Besseres zu tun, als sofort zu springen, wenn du es willst.«
»Besseres zu tun, als unserem Herren und Meister Rede und Antwort zu stehen? Ja, ja, das sind die leichtsinnigen Worte der Jugend.«
Ihr Gegenüber verengte seine Augen. Seine Lippen wurden schmal. »Was will er … unser Herr und Meister?«
Mit Genugtuung bemerkte Medana den veränderten Tonfall des obersten Hofmagiers. Aus dem gereizten Ton einer wichtigen Persönlichkeit, die unbegründet gestört wurde, wurde der Ton eines Mannes, der nicht vorhatte, ein Risiko einzugehen.
»Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung, Sennus! Cor Keto will wissen, wie weit deine Intrigen fortgeschritten sind. Die kleine Mina hat Tempelburg schon lange verlassen, und somit hattest du die schönste Zeit, deine Pläne umzusetzen. Wie weit bist du?«
Sennus zögerte, dann machte er eine zustimmende Kopfbewegung. »Meine Fortschritte sind recht ansehnlich! Unruhe herrscht im Völkerrat, und ohne Salvatorus‘ Schlichtungsversuche kann es nicht mehr lange dauern, bis eine offene Revolte ausbricht. Ich habe hier einige Verbündete gefunden, auch wenn sie nicht die geringste Ahnung haben, welche Ziele ich in Wahrheit verfolge. Sie denken, es geht um Macht, mehr nicht.« Angewidert rümpfte er seine Nase.
Medana wirkte belustigt. »Es ist immer dasselbe, womit man die Normalsterblichen einfangen kann: Macht, Reichtum und Schönheit.«
»Medana, eins ist aber unumstößlich wichtig! Meine Pläne können nur zur Vollendung reifen, wenn Mina von Gabriel nicht zurückkommt, und, das ist sicherlich noch wichtiger, ihr Drachenblut nicht erwacht. Eine erwachte Drachentochter mit all ihrer Kraft könnte unsere Hoffnungen zerstören.«
Medana hob den Kopf. »Das soll nicht deine Sorge sein, Sennus. Wie ich dir bereits berichtete, wurden Nirvan und Ignis ausgeschickt, um Mina von Gabriel zu verfolgen. Ignis hält mich dabei auf dem Laufenden. Inzwischen habe ich erfahren, dass die Greifenreiter bei ihrer irrwitzigen Suche Erfolg hatten und die alte Drachenmutter Lian gefunden haben. Vom Erwachen des Drachenblutes hat sie mir nichts berichtet.«
»Was?« Die blutigen Umrisse des Hofmagiers wirkten verzerrt vor Entsetzen.
»Nur die Ruhe, lieber Sennus. Ja, sie haben sie gefunden, und sie konnten Lian sogar erwecken, aber Ignis und ihre Männer haben ein Wunder vollbracht. Sie ist tot!«
»Nein, das kann nicht sein! Niemand kann einen ausgewachsenen Drachen mit der magischen Energie der Jahrhunderte einfach umbringen!«
Medana brummte. »Unter normalen Umständen mag das stimmen, alter Freund, aber diese Drachendame hat eine kleine Ewigkeit geschlafen. Ihre Macht war noch lange nicht vollständig erwacht. Ignis war es, die es vollbrachte, ihr Gift zuzuführen. Ein Gift, dessen Zutaten ich seit drei Jahrzehnten aus den schlimmsten Abgründen der Geisterwelt herbeigeschafft habe. Dem Gift, das schöre ich dir, hätte nicht einmal ein normaler, gesunder Drache widerstehen können, geschweige denn ein noch geschwächter und angeschlagener. Dass Lian überlebt hat, schließt Ignis kategorisch aus, und sie weiß, was ein Irrtum ihrerseits für Folgen hätte.«
Sprachlos entspannten sich seine Gesichtszüge. Medana sah zufrieden aus. »Lian ist nicht mehr unser Problem, Sennus, und ich setze mich für Ignis‘ Begnadigung ein.«
»Begnadigung?« Sennus runzelte verwirrt seine Stirn. Medana brummte missmutig. »Na ja, sie hatte den ausdrücklichen Befehl erhalten, unverzüglich unseren Monarchen zu informieren, falls sie tatsächlich Lian fänden. Nur Cor Keto stand es zu, Lian zu vernichten. Ignis aber tat, was sie tun musste. Sie schilderte uns die Geschehnisse und versicherte uns, dass sie keine andere Wahl hatte, als Lian anzugreifen. Sie hatte keine andere Wahl, weil Nirvan, dein Vertrauter und Schüler, sich auf die Seite unserer Feinde geschlagen hat.«
Sennus öffnete schnappend den Mund, sagte jedoch nichts. Medana genoss den Moment, betrachtete ihn lange und schenkte ihm
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