Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Titel: Erbe des Drachenblutes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Thamm
Vom Netzwerk:
erwiderte. »Warte nicht mehr allzu lange, mein Lieber«, wiederholte sie mit forderndem Unterton.
    Kurz darauf waren seine Vorbereitungen abgeschlossen. Er erbat Minas Hand. Fast zärtlich drückte er die scharfe Messerklinge in ihren Unterarm und ließ ein Rinnsal Blut hervortreten. Dann tat er das gleiche bei sich. Das Blut fing er mit dem Behälter auf, in dem sich bereits das Adlerblut befand. Mina schaute zu, wie er einen Finger eintauchte und einige Runen nachzeichnete. Diese begannen unverzüglich zu leuchten, und Mina kam es vor, als könne sie das zarte Summen einer Harfe vernehmen. Nirvan stimmte einen tiefen Sprechgesang an, der das sanfte Klingen der Runen unterstrich. Zusammen schwollen die Töne zu einem berauschenden Rhythmus, der Mina das Bedürfnis vermittelte, sich hinzulegen und zu schlafen, für immer und ewig.
    Nirvan griff nach ihr und zog sie in die Mitte des Pentagramms, ohne den Sprechgesang zu unterbrechen. Kurz fragte sie sich, ob sie das Richtige tat, dann begann sich die Welt um sie herum zu drehen, und alles war ihr gleichgültig. Farben tanzten vor ihren Augen, bildeten skurrile Formen und Gestalten, und im nächsten Moment flog sie über den Wolken dahin. Jetzt war sie der Adler. Es war ein wunderbares Gefühl von Freiheit und Unendlichkeit, doch bevor es richtig angefangen hatte, war es schon wieder vorbei. Hart prallte sie auf und überschlug sich. Sie rollte einen kleinen Abhang hinab, verlor jede Orientierung. Erst dann kam eine gnädige Ohnmacht, die sie von allen Gedanken und Sorgen befreite.

    Wie lange Mina so dagelegen hatte, konnte sie nicht sagen. Das Erste, was sie bewusst wahrnahm, war Nirvans Stimme. Er rief leise ihren Namen. Dann erst hörte sie den Gesang einer Drossel, roch den Duft des Grases und einiger wilder Wiesenblumen. Eine leichte Sommerbrise tanzte über ihre Wangen, und die späten Sonnenstrahlen der untergehenden Sonne wärmten ihre Haut. Ihre Lider fühlten sich schrecklich schwer an, aber nach einiger Anstrengung schaffte sie es, sie zu heben. Nirvan beugte sich über sie und musterte sie besorgt. Sie lächelte, was ihm einen erleichterten Seufzer abrang.
    »Woran erinnerst du dich?«, fragte er.
    »Ich bin ein Vogel, und ich fliege über dem Himmelszelt in die Ewigkeit«, erwiderte Mina mit einer Stimme, die nicht die ihre war. Sie lallte und klang dabei noch amüsiert.
    Er zog eine Augenbraue nach oben. »Für einen Moment dachte ich wirklich, dass dein Geist in die Ewigkeit abdriften wollte. Komischerweise fällt es mir leichter, ein Dimensionstor in deine Welt zu öffnen, als hier einen Reisezauber zu wirken. Ich habe einen Reisezauber noch nie für eine so weite Strecke eingesetzt, und dabei hatte ich nur provisorische Hilfsmittel zur Verfügung. Zu Fuß hätten wir sicherlich noch 40 Tage gebraucht. Abgesehen davon bist du eine Drachentochter, und ich konnte nicht abschätzen, welche Wirkung so ein Zauber auf dich hat.«
    »Alles ist wunderbar«, säuselte sie, »denn ich fliege, fliege, fliege.« Ihre Mundwinkel zogen sich noch weiter hoch. Sie grinste wie ein Honigkuchenpferd.
    »Ja, sicher«, war das Einzige, was Nirvan dazu sagte.
    Es dauerte noch eine geraume Zeitspanne, bis sie wieder richtig ansprechbar war. Ihre feine Nase hatte sie nicht getäuscht. Sie lag auf einer Wiese, die nicht so aussah, als läge sie in der Nähe eines Hafens, doch dann vernahm sie in der Ferne das Rauschen des Meeres. Sie drehte sich um und spürte sofort einen starken Schmerz in den Schläfen. Stöhnend drückte sie beide Handflächen darauf.
    »Fliegst du noch?«, fragte Nirvan mit einem eindeutig zweideutigen Ton.
    Wütend musterte sie ihn durch ihre breit gefächerten Finger. Weiße Haare fielen ihr in die Stirn. »Wenn ich vorher gewusst hätte, was du mit meinem armen Kopf anstellst, dann hätte ich den langen Fußmarsch wirklich vorgezogen.«
    »Tja, das mag sein. Aber dann wären wir jetzt noch nicht beim Hafen der Fügung.«
    »Wir sind wirklich beim Hafen?«, versicherte sich Mina. Demonstrativ musterte sie die langen Grashalme um sich herum. Das Meeresrauschen klang entfernt, und weit und breit war kein Sandkorn zu sehen.
    »Wir sind zumindest keine zwei Stunden Fußmarsch entfernt. Wenn du dir sicher bist, wieder geistig anwesend zu sein, können wir aufbrechen.«
    »Was machen wir, wenn wir in dem Hafen angekommen sind?«
    Nirvan grinste. »Wir stehlen, unbemerkt von deinen zukünftigen Soldaten, ein Boot. Rudern damit direkt durch den göttlichen

Weitere Kostenlose Bücher