Erbe des Drachenblutes (German Edition)
der Suche nach euch etwas zugestoßen wäre und niemand von dem Hinterhalt der Wurzelfresser erfahren hätte? Nein, nein, nein, die Gelegenheit, dass meine Heimatdorf so nahe lag, konnte ich nicht verstreichen lassen.«
Jetzt war es Nirvan, der zustimmte: »Das war die richtige Entscheidung. Du konntest nicht wissen, ob die Wurzelfresser uns verfolgen würden.«
»Die Wurzelfresser«, warf Multan ein, »kommen niemals in das Tal. Obwohl der Wald groß und fruchtbar ist, bestehen die tieferen Regionen aus undurchdringlichen Steinschichten. Sie und ihre abscheulichen Schlangen können sich dort nicht fortbewegen, und somit sind unsere Behausungen sicher. Überirdisch bewegen sie sich nur, wenn es nicht zu vermeiden ist.«
»Na schön«, begann Mina, um den vorherigen Faden wieder aufzunehmen, »aber ich frage mich noch immer, wie Sie Kontakt mit Tempelburg aufgenommen haben? Soweit ich weiß, ist die Stadt weit entfernt, oder?«
Multan schaute sie mit klugen Augen an. »Wir haben unser eigenes Nachrichtensystem.« Er grinste. »Es gibt ein ausgeklügeltes Röhrensystem, das von hier aus bis in den letzten Winkel des Reichs der Drachentochter reicht.«
»Ein Röhrensystem?«, versicherte sich Mina.
Der alte Geschichtenerzähler lachte. »Es gibt so vieles in der Koboldwelt, was den Menschen nicht bewusst ist. Die Röhren liegen gut verborgen unter der Erde und haben höchstens den Durchmesser einer Männerfaust, was jedoch für unsere kleinen Helfer ausreicht. Sie können sich darin mit der Macht des Windes so schnell fortbewegen, dass man sie mit dem bloßen Auge kaum erfassen kann.«
Stirnrunzelnd schaute Mina zu Nexus. Er nickte. »Es sind die Elementenratten, Mina. Viele denken, sie seien fast ausgestorben, doch das stimmt nicht, nein, nein. Hier gibt es sie in Massen, weil sie gerne mit uns Kobolden leben und unsere Gesellschaft schätzen. Sie sind unsere Freunde, und mit der Zeit konnten wir sie dazu bringen, in dem von uns entwickelten Röhrensystem, das nur Wenigen in Dra'Ira bekannt ist, Nachrichten von einem Ort zum anderen zu bringen, wirklich! Sie reiten auf dem Wind, den sie selbst erschaffen, und sind damit unschlagbar schnell. Dabei tragen sie kleine Lederhülsen auf dem Rücken und wissen genau, wem sie sich zeigen dürfen und wem nicht, oh ja! So hat mein Oheim auch eine Nachricht nach Tempelburg geschickt.«
»Am Anfang haben die Elementenratten versucht, auf dem Wasser zu reiten«, vervollständigte Multan die Ausführungen. »Mit ihren Fähigkeiten können sie ja jedes Element bei Bedarf herbeirufen. Doch das mit dem Wasser war keine so gute Idee. Als ich einmal auf meine Ratte Constance wartete, schoss sie mit einem so kräftigen Wasserstrahl aus der Röhre, dass mein halbes Schlafzimmer überflutet wurde.«
Mina schwieg. Gedankenverloren streichelte sie die kleine weiße Ratte auf ihrer Schulter, die genussvoll das Köpfchen gegen ihre Hand drückte. Fast hatte sie Seidenzahn vergessen, so unauffällig hatte sie sich ihren Bewegungen angepasst.
»Sie sind schlaue Tiere, wirklich!« Nexus schenkte ihr sein herzerfrischendes Grinsen.
»Sie werden der Drachentochter die Nachricht überbringen, und bis wir etwas von ihr hören, habt ihr hier einen sicheren Unterschlupf gefunden«, fügte Multan hinzu.
»Ja, den haben wir wohl gefunden, aber was ist mit Zados?«, flüsterte Mina so leise, dass Nexus sie nicht verstehen konnte. Sie wollte ihn nicht nach seinem verloren gegangenen Freund fragen, da sie selbst das Schlimmste vermutete. Das Letzte, was sie von dem Halbelben gesehen hatte, ließ nur wenig Hoffnung aufkommen. »Willkommen!«, rief Multan Sand Sammelstein plötzlich laut auf. »In Pagalaz, der friedvollsten Koboldsiedlung zwischen dem dunklen Kontinent und der Bucht der gefallenen Blätter.« Er schenkte Mina ein freundliches Lächeln. »Sorgt euch nicht und seid unsere Gäste. Es soll euch an nichts fehlen, und sobald ich eine Rückmeldung der Drachentochter erhalte, werde ich euch rufen lassen.«
v v v v v
Die kommenden Tage verflogen schneller, als Mina lieb war. Immer seltener dachte sie an jene, die sie mit ihrem alten Leben zurückgelassen hatte, auch wenn ihre Gedanken oft zu Janice glitten, wenn sie ein rätselhaftes Phänomen in der Koboldsiedlung entdeckte, das sie am liebsten sofort ihrer besten Freundin gezeigt hätte. Aber es half nichts, Janice war unerreichbar weit fort.
Mina lernte in Pagalaz jeden Tag neue kleine Wunder kennen, die sie niemals für möglich
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