Erben der Macht
Bezahlung für meine Dienste akzeptieren würde. Es sei denn, du würdest mir dein Leben dafür geben.“
Das war der eine Preis, den zu bezahlen Sheeba nicht bereit war. Zumindest nicht ohne Weiteres. „Abgesehen von meinem Leben gibt es doch garantiert noch etwas anderes, das du akzeptierst. Nenn mir deinen Preis.“
„Deinen Sohn als meinen Sklaven bis zu seinem natürlichen Tod.“ In Kays Stimme klang die pure Ironie. „Ach, ich vergaß: Auch so ein Preis ist euch Menschlein ja viel zu hoch. Also nein, Sheeba, du hast nichts, was das Risiko wert wäre.“
Sheeba war sich nicht sicher, ob das die Wahrheit war oder ob Kay nur bluffte, um möglichst viel aus dem Deal herauszuschlagen. Aber auch Sheeba konnte bluffen. „Nun, dann eben nicht. Du warst zwar meine erste Wahl, weil wir schon öfter zusammengearbeitet haben, aber keineswegs meine einzige Option. Ich werde den Deal mit jemand anderem abschließen, der nicht so unverschämte Forderungen stellt. Ich hätte dir den Staub eines toten Tikolosh als Bezahlung angeboten, aber da du nicht willst …“
„Moment!“, lenkte die Dämonin ein. „Warum hast du das nicht gleich gesagt? Ich denke, wir könnten ins Geschäft kommen, wenn die Menge stimmt.“
„Eine Unze.“
„Fünf.“
Sheeba schnaubte. „Träum weiter, Kay. Eine Unze ist zweitausend Dollar wert, mindestens. Und eigentlich ist das schon zu viel dafür, dass du eine Menge Spaß mit dem Dämon haben wirst und dich die Beschaffung seines Samens nicht die geringste Anstrengung kostet. Eine Unze oder ich mache den Deal mit jemand anderem.“
„Okay. Weil du es bist: Deal. Ich melde mich, sobald ich den Samen habe.“
Kay unterbrach die Verbindung und Sheeba legte den Hörer auf. Sie hatte keine Ahnung, warum der Staub eines toten Tikolosh so begehrt war. In all den Jahren ihrer Beschäftigung mit Magie hatte sie nur herausgefunden, dass man ihn als Zutat für manche Rituale und Zauber verwendete, die größtenteils aus Afrika stammten. Dort waren die Tikoloshe beheimatet – eine Dämonenart, die in Aussehen und Größe einem Pavian ähnelte. Sheeba hatte ihren sehr geringen Vorrat an Tikolosh-Staub aus dem Nachlass eines profanen Sammlers okkulter Gegenstände erstanden, dessen Erben wahrscheinlich nicht gewusst hatten, was sie da in den Händen hielten. Das Kästchen, in dem er aufbewahrt wurde, hatte die Beschriftung „Feenstaub“ getragen. Sheeba hatte es für dreißig Dollar bekommen. Etwas mehr als eine Unze war alles, was sie noch übrig hatte. Der Rest war schon verkauft.
Sie sah auf die Uhr. Es war bereits nach acht Uhr abends. Zaphira Moses, die das Beschwörungsritual durchführen würde und die ebenfalls , wie alle anderen noch lebenden Hüter der Waage , in den Untergrund abgetaucht war, würde sich wohl heute nicht mehr melden. Sie wechselte wie die anderen Hüter alle paar Tage die Unterkunft. Da es sich bei dem Ritual zur Beschwörung des Dämons um ein altes Voodooritual handelte und Zaphira eine Priesterin des Kultes war, würde sie es durchführen. Somit war sie die wichtigste Person bei der ganzen Sache. Deshalb war vereinbart worden, dass sie sich regelmäßig bei Sheeba meldete, um zu zeigen, dass sie noch in Freiheit war. Sollte sie nicht spätestens alle drei Tage von ihr hören, war sie mit größter Wahrscheinlichkeit verhaftet worden. In dem Fall musste jemand anderes einspringen.
So oder so, es war und blieb eine riskante Angelegenheit, die in mehr als einer Hinsicht schiefgehen konnte. Aber das Ziel war jedes Risiko wert.
*
Gressyl war im selben Moment an Marlandras und Marus Seite wie Nalin, der sich die ganze Zeit schweigend im Hintergrund gehalten hatte, und Warren, der gespürt hatte, dass etwas nicht stimmte. Der Wächterdämon knurrte ihn an. Gressyl ignorierte ihn. Seine magischen Sinne sagten ihm, dass Marlandra und Maru tot waren. Ihre Herzen schlugen nicht mehr.
Nalin hielt seine Hände über ihre Brust. Ein kleiner Blitz fuhr daraus in ihre Körper, den der Naga magisch in die richtigen Bahnen lenkte. Die Herzen der beiden begannen wieder zu schlagen.
Gressyl blickte den Naga auffordernd an. „Bring sie wieder zu Bewusstsein, wenn du schon mal dabei bist.“
Nalin schüttelte den Kopf. „Das kann ich nicht.“
„Und wieso nicht?“ Gressyl knurrte die Frage und verspürte den Impuls, Nalin gewaltig wehzutun, weil der seiner Meinung nach nicht alles tat, was er hätte tun können.
„Weil kein Bewusstsein mehr in ihnen ist.
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