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Erben der Macht

Erben der Macht

Titel: Erben der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Laue
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retten. Und du willst sie zum Dank dafür töten, Bruder Samuel.“ Thomas schüttelte den Kopf. „Wie vereinbart sich das mit Gottes Geboten? Besonders im Hinblick darauf, dass keiner von denen eine Gefahr für irgendeinen Menschen darstellt.“ Er zuckte mit den Schultern. „Aber dieses Dilemma wird sich uns höchstwahrscheinlich nicht stellen.“
    Samuel fixierte ihn mit einem eisigen Blick. „Bruder Thomas, du hast einen Eid abgelegt, als du dem Orden beigetreten bist. Du hast geschworen, Gottes reine Lehren zu verteidigen und vor allem die unheiligen Hexen und Zauberer nicht am Leben zu lassen.“
    Thomas nickte. „Ja. Aber ich sehe keinen Hinweis, geschweige denn einen Beweis, dass sie unheilige Hexen und Zauberer sind. Außerdem habe ich auch geschworen, Gottes Gebote zu befolgen. Und eines davon lautet: Du sollst nicht töten. Zumindest nicht ohne zwingende Notwendigkeit. Und mir entgeht die Notwendigkeit in diesem Fall. Ein anderes Gebot lautet: Du sollst nicht lügen. Wenn wir die Hüter der Waage töten, brechen wir gleich zwei heilige Gebote Gottes. Wir lügen ihnen vor, dass wir auf ihrer Seite stehen und wir töten sie, weil sie darauf reingefallen sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Gottes Wille sein sollte.“ Er winkte ab. „Aber warten wir erst mal ab, ob überhaupt einer von uns am Leben bleiben wird. Wahrscheinlich stellt sich dieses Problem gar nicht, weil wir am Ende alle tot sein werden.“
    „Na wenn schon“, meinte Bruder Cole pragmatisch. „Hauptsache, die Dämonenbrut ist am Ende tot. Dafür sterbe ich – sterben wir alle gern. Nicht wahr?“
    Bruder Samuel fuhr fort, die Brüder auf die Ermordung der Hüter einzupeitschen, wobei er Thomas wiederholt mit lauernden Blicken betrachtete und offensichtlich weiteren Widerspruch von ihm erwartete. Thomas schwieg. Er hatte gesagt, was er zu sagen hatte. Dass das so oder so nichts ändern würde, war ihm klar. Wieso war ihm nicht schon vor Jahren bewusst geworden, was für eine Horde von Fanatikern der Orden war? Weil er es nicht hatte sehen wollen. Weil der Orden seinem Vater und ihm nach dem Tod seiner Mutter Orientierung und Halt gegeben hatte, den er damals dringend brauchte. Für diesen Halt war er bereit gewesen , seine Seele zu verkaufen. Und als er endlich aufgewacht war, war es zu spät. Mitgegangen, mitgehangen.
    Bruder Samuel beendete seine Ansprache und die Brüder verließen sein Zimmer, um sich zurückzuziehen. Auch Thomas wandte sich zum Gehen.
    „Bruder Thomas, auf ein Wort.“
    Thomas blieb stehen und wappnete sich gegen das, was kommen würde. „Ja?“
    Samuel starrte ihm hart in die Augen. „Ich frage mich, wie weit du noch auf unserer Seite stehst, Bruder. Deine subversiven Bemerkungen lassen mich an deiner Loyalität zweifeln. Sie sind jedenfalls nicht mehr mit dem knappen Entkommen zu entschuldigen, das wir in Indien hatten.“
    „Ich will sie gar nicht entschuldigen, Bruder Samuel. Mir ist nur – und zwar schon vor unserer Abreise nach Indien – bewusst geworden, dass wir alle geschworen haben, Gottes Gebote zu befolgen, dass wir sie aber mit unserem Vernichtungsfeldzug ständig brechen.“ Er sah dem älteren Mann in die blassen Augen. „Wir sind nichts anderes als Mörder, Bruder Samuel. Und ich bin mir sehr sicher, dass wir dafür in der Hölle landen.“
    Samuel war sichtbar sprachlos. Für ein paar Sekunden. „Wie kannst du dich nur so sehr von der Lehre des Ordens entfernen, Bruder Thomas?“ Er deutete in eine unbestimmte Richtung nach draußen. „Die Halbdämonin hat deinen Vater ermordet!“
    Thomas schüttelte den Kopf. „Nachdem ich in Indien erlebt habe, dass jeder, der auf sie geschossen hat, durch seine eigene Kugel umgekommen ist, weiß ich, dass sie das nicht getan hat. Mein Vater ist garantiert durch die Kugel gestorben, mit der er sie töten wollte. Und dass sie zur Selbstverteidigung Magie angewendet hat – na und? Das hätte ich auch getan. Das hättest du ebenfalls getan, wenn wir solche Fähigkeiten besäßen. Ich werde ihr ganz sicher nicht zum Vorwurf machen, dass sie ihr Leben verteidigt hat.“
    Samuel packte ihn grob an den Schultern und drückte so fest zu, dass Thomas ein Stöhnen unterdrücken musste. „Auf wessen Seite stehst du, Bruder Thomas? Auf unserer oder schon auf der der Dämonen?“
    Thomas befreite sich mit einem Ruck aus seinem Griff. „Auf der Seite Gottes, Bruder Samuel. Du auch?“
    Er wartete eine Antwort nicht ab, sondern verließ das Haus und

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