Erben der Macht
zwei reinblütige Dämonen, die sich lieben. Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und sah sie eindringlich an. Wenn wir statt unseres menschlichen Blutes unsere dämonische Hälfte aus uns tilgen und den Öffnungszauber umkehren, können wir damit das Tor für immer versiegeln.
Sie nickte. Das müsste gehen. Aber , sie legte ihre Hände gegen seine Wangen, dir ist klar, dass wir das nicht überleben werden. Mokaryon und Reya werden uns töten und es sich nicht nehmen lassen, das auf eine sehr grausame Weise zu tun.
Er nahm sie wieder in die Arme und streichelte tröstend ihr Gesicht. Ich weiß. Außerdem werden sie unseren Verrat völlig zu Recht dem Menschenblut zuschreiben und einen Rachefeldzug gegen die Menschen beginnen. Zumindest in der näheren und weiteren Umgebung werden sie wohl alle töten, die sie erwischen können. Aber die Menschheit wird überleben und diese Welt auch. Wenn wir uns für unser Dämonenblut entscheiden, sterben sie alle und ihre Welt mit ihnen.
Sie schmiegte sich an ihn. Sie fühlte seine Liebe zu ihr, zum Leben und seinen Überlebenswillen – in die sich eine andere Liebe mischte: die Liebe zu den Menschen, zu denen sie beide zur Hälfte gehörten. Zu seinem menschlichen Vater, den er nie kennengelernt hatte, weil Reya ihn getötet hatte, kaum dass Maru geboren war, damit er keine menschliche Beziehung aufbauen konnte. Nach einer Weile sah sie ihn wieder an.
Das ist es wert, Maru. Was ist unser Leben gegen das aller Menschen und der Existenz ihrer Welt? Nichts. Schließen wir also das Tor für alle Zeiten.
Er nickte. Wir müssen nur sehr vorsichtig sein, damit die Dämonen nichts von unserem Plan mitbekommen.
Die Dämonen – nicht ‚die anderen Dämonen’ oder ‚unsere Untertanen’. Maru hatte sich mit einem einzigen Gedanken vollkommen zu seinem Menschsein bekannt. So wie sie.
Wir werden vorsichtig sein, Maru.
Er sah ihr in die Augen und lächelte. Und bis wir am Tag der Wintersonnenwende unser Leben opfern, lass es uns in vollen Zügen genießen.
Er versetzte sie und sich an ihren geheimen Ort im Wald, bettete sie in der Laube aus Tannenzweigen auf das mit weichen Fellen bedeckte Moos und ließ ihre und seine Kleidung verschwinden. Er hielt inne, als er spürte, dass sie nicht zum Sex inspiriert war. Sie streichelte sein Gesicht.
„Lass uns einfach nur eine Weile beieinanderliegen und uns Wärme geben, mein Liebster. Für alles andere haben wir später noch Zeit.“
„Ganz wie du willst.“ Er legte sich neben sie, nahm sie in die Arme und hielt sie in einer Weise, die ihr Geborgenheit und Schutz vermittelte. Am Ende würde er sie nicht schützen können, denn wenn sie ihre dämonische Hälfte aufgaben, verloren sich auch ihre magischen Kräfte, wodurch sie Reyas und Mokaryons Zorn ausgeliefert wären. Aber auch ohne Magie würde er für Marlandras Leben kämpfen bis zu seinem letzten Atemzug. Und sie für ihn. Denn sie gehörten zusammen. Bis in den Tod. Und darüber hinaus.
*
Im Wald beim Lager der Bodéwadmi, nahe der Py’ashk’hu-Residenz, Spätsommer 985 v. Chr.
„Wir haben keine andere Wahl.“
Kleiner Berg blickte die in seinem Zelt versammelten Schamanen der Reihe nach an. Ihm war klar, dass mindestens die Hälfte von ihnen seinem Plan nicht zustimmte. Er war schließlich verwegen genug und könnte nicht nur sie das Leben kosten, sondern ihre Familien ebenfalls; im schlimmsten Fall sogar den ganzen Stamm. Aber die Bodéwadmi nannten sich nicht umsonst Bewahrer des Feuers . Sie hüteten das Feuer des Lebens, das ihnen vom Großen Geist geschenkt worden war. Und besonders die Schamanen aller Clans des Stammes verteidigten dieses Feuer als eingeschworene Gemeinschaft, seit die Schwarzen Geister vor über dreihundert Wintern in diese Welt gekommen waren.
Kleiner Bergs Ahne, der mächtige Schamane Mondwolf, hatte seinem Sohn und Nachfolger die Pflicht hinterlassen zu verhindern, dass in diesem Winter – der dreihundertdreiunddreißigste nach Mondwolfs Tod – die Schwarzen Geister vollendeten, was ihnen damals nicht gelungen war: das Tor zu öffnen, das andere ihrer Art in diese Welt brachte. Mondwolfs Sohn hatte diese Verpflichtung weitergegeben.
Es war schlimm genug, dass die Schwarzen Geister, die bereits hier waren, die Menschen behandelten wie Hunde und die Frauen zwangen, ihre Brut zur Welt zu bringen. Zum Glück überließen sie diese nur halb menschlichen Geisterkinder nicht den menschlichen Müttern, sondern behielten sie bei
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