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Erben der Macht

Erben der Macht

Titel: Erben der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Laue
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das Spiel so oft wiederholen, bis sie gegen die Todesangst abgestumpft war. Danach würde er sie nehmen.
    Sie war am Fuß des Felsens stehen geblieben, atmete schwer und blickte ihm entgegen. Gressyl ging langsam auf sie zu wie ein schleichendes Raubtier. Sie lächelte. Ein zufriedenes Lächeln, hinter dem er Hass spürte. Was, bei Kallas Blut, hatte das zu bedeuten?
    Er erhielt die Antwort im selben Moment, als er begriff, dass sie ihn in eine Falle gelockt hatte. Eine magische Fessel wand sich um seine Beine und brachte ihn zu Fall. Er zerriss sie mit einem einzigen Wort der Macht, doch bevor er aufspringen konnte, wanden sich andere unsichtbare Fesseln um ihn, knebelten ihn, pressten ihn gegen den Boden, dass er sich nicht mehr rühren konnte. Je mehr er sich gegen sie stemmte und versuchte, sie mit Körperkraft und Magie zu brechen, desto fester zogen sie sich zusammen. Gressyl brauchte eine Weile, ehe er begriff, dass die Fessel genial entworfen worden war, und zwar so, dass seine Gegenwehr sie noch verstärkte.
    Nun gut. Er hörte auf, sich zu wehren und wartete ab, was als Nächstes kam. Aus dem Wald traten neun Menschen – Schamanen, wie sie diejenigen nannten, die über magische Kräfte verfügten. Diese neun hatten ihre Kräfte vereinigt und gebündelt, andernfalls es ihnen kaum gelungen wäre, ihn niederzuzwingen. Es gab in dieser Welt nur sehr wenige Menschen, deren Magie stark genug war, einem Py’ashk’hu gewachsen zu sein, und keiner von denen lebte in diesem Land.
    Ihm war klar, dass sie ihn töten wollten. Schließlich konnten sie sich denken, dass er sie nicht am Leben lassen würde, sobald er wieder frei wäre. Er war gespannt, auf welche Weise sie das tun wollten, denn es gab nur wenige Dinge in dieser Welt, die einen Dämon zu töten vermochten. Der Todeszauber, der alles tötete, war ihnen unbekannt.
    Dass sie etwas anderes planten, begriff er, als sie einen alten Mann auf einer primitiven, aus zusammengebundenen Ästen gefertigten Trage brachten und neben ihn legten. Der Alte war schon mehr tot als lebendig, doch Gressyls Versuch, sein Leben in sich einzusaugen und vor allem die magische Macht zu trinken, die immer noch in ihm war, scheiterte an der magischen Fessel. Der Alte wandte den Kopf und blickte ihn furchtlos an. Gressyl starrte ebenso furchtlos zurück, schließlich kannten Dämonen keine Furcht.
    „Bist du bereit, Adlermann?“, fragte einer der Schamanen den Alten.
    „Ja. Beginnen wir.“
    Einer der Schamanen legte dem Alten eine Hand auf die Stirn und die andere auf Gressyls. Gressyl knurrte und hätte die Hand gern abgeschüttelt – sie dem Menschen noch lieber abgerissen –, aber die magische Fessel ließ das nicht zu. Natürlich hätte er andere Py’ashk’hu rufen können, damit sie ihn aus dieser misslichen Lage befreiten. Das hätte allerdings zur Folge gehabt, dass er zum Gespött des ganzen Clans geworden wäre. Ein Dämon, der so dumm war, sich von Menschen fangen zu lassen und es obendrein nicht aus eigener Kraft schaffte, sich zu befreien, würde nicht nur seine Stellung in der Hierarchie verlieren, man würde ihn für sein Versagen töten; es zumindest versuchen. Außerdem glaubte er nicht, dass diese Menschen ihm ernsthaft gefährlich werden könnten. Sie waren nur Menschen, kaum mehr als halbwegs intelligente Tiere.
    Die Schamanen stimmten einen Gesang an, dessen Macht nicht nur die Luft vibrieren ließ und sie innerhalb weniger Herzschläge zu einem Sturm aufpeitschte, der um die Gruppe herumwirbelte. Sie durchdrang den Boden, den Felsen und alles andere, das sich im Auge des Sturms befand. Auch Gressyl. Gut! Wenn sie so weitermachten, würde es nicht lange dauern, bis diese Macht ihn genug gestärkt hatte, dass er die magischen Fesseln sprengen konnte.
    Er lachte, als er spürte, dass der Alte neben ihm starb. Schade nur, dass er dessen letzte Lebensenergie nicht in sich einsaugen konnte. Wenige Momente später verging ihm das Lachen, als er merkte, dass sich die Essenz des Alten mit seiner zu verweben begann. Er hatte den Eindruck, dass ein mächtiger Adler über ihm schwebte. Dessen Blick bohrte sich in seinen und versuchte, ihm seinen Willen aufzuzwingen. Gressyl brüllte hasserfüllt, als dessen Licht in ihn einzudringen begann. Es schmerzte. Gewaltig. Doch sein Martyrium begann erst.
    Auf den Schwingen dieses widerlichen Lichts drang etwas in ihn ein, eine Präsenz, die sich in ihm ausbreitete und sich mit ekelhaften Lichtfingern in sein Gehirn und

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