Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch
angeblich so gefährlich ist?«
Jaden verzog keine Miene, aber das tat er sowieso nur selten.
»Die Frau. Falls du wirklich vorhast, sie zu Arsinöe zu bringen – was ich dir ehrlich gesagt nicht raten würde –, dann solltest du eigentlich wissen, wie unsinnig es ist, sich mit ihr einzulassen. Selbst wenn die Ptolemy sie am Leben lassen sollten, nachdem sie ihren Zweck erfüllt hat, wirst du sie auf keinen Fall wiedersehen dürfen. Vor allem dann nicht, wenn alles beim Alten bleibt.«
Ty zuckte mit den Schultern, dabei war er lange nicht so sorglos, wie er Jaden glauben machen wollte. »Sie macht sich keine Illusionen über mich. Und ich sehe keinen Grund, warum ich die positiven Seiten meines Jobs nicht genießen sollte, solange es noch geht.«
Jaden schnaubte ungläubig. »Klar doch. Du solltest dich mal sehen, wie du sie anschmachtest, Ty. Und sie dich. Ihr habt euch beide viel zu sehr aufeinander eingelassen.«
»Für mich ist sie bloß ein Job mit ein paar interessanten Vorteilen«, fuhr Ty ihm über den Mund. Ihm gefiel gar nicht, wie das klang, so barsch und gefühllos. Er versuchte sich in gewisser Weise selbst zu überzeugen, dass das stimmte – oder zumindest eines Tages stimmen würde. Bereits in dem Moment, als die Worte aus ihm heraussprudelten, begann er sich zu sorgen, Lily sei in der Nähe, habe sie gehört und würde den falschen Eindruck bekommen, welche Gefühle er für sie hegte.
Gefühle. Er hatte doch wohl nicht wirklich einen Anfall von Gefühlen?
Ty spürte, wie er Kopfschmerzen bekam. Meine Güte, er brauchte einen Drink, dabei war es noch nicht einmal sieben.
»Wo steckt Lily eigentlich?«, fragte er beiläufig. Aber Jadens Blick sagte ihm unmissverständlich, dass er mit seiner Frage gerade dessen Vorhaltungen allesamt bestätigt hatte.
Das wurmte ihn, obwohl er sich eingestehen musste, dass Jaden nicht ganz unrecht hatte.
»Sie steht gerade unter der Dusche, also beruhige dich, sie kann den Mist nicht hören, den du gerade zusammenfaselst. Entzückendes Mädchen. Viel zu nett für dich. Eine Schande, dass du sie überhaupt gefunden hast, ehrlich, und ich nehme an, das hast du auch schon ein- oder zweimal gedacht.«
Ty starrte ihn wortlos an, denn Jaden hatte recht, und das wusste er auch.
»Und wie du sie anschaust, als würdest du am liebsten in ihr ertrinken. Und genau das tut ihr beide gerade: ertrinken. Untergehen. Aber lass dir von meinen lästigen Anmerkungen nicht den Spaß verderben. Ich bin ja nur der Typ, der bis Sonnenaufgang warten musste, ehe er nach Hause kommen und es sich auf dem Sofa bequem machen durfte.«
Ty trat unangenehm berührt von einem Fuß auf den anderen. »Oh. Das tut mir leid.«
Jetzt war es Jaden, der mit den Schultern zuckte. »Vergiss es. Ich hatte sowieso noch ein paar Sachen zu erledigen.«
»Warte«, sagte Ty, als Jaden sich zum Gehen wandte. Jadens Rückenmuskulatur spannte sich an. Ty fragte sich, ob sie wohl noch Freunde waren und warum alles auf einmal so ganz anders war.
»Jaden. Was ist passiert?«
Jaden warf einen Blick über die Schulter und sah ihn misstrauisch an. Aber sein Gesichtsausdruck war nicht mehr so mürrisch wie sonst, er wirkte eher ähnlich erschöpft wie Anura, was Ty bei ihm noch nie erlebt hatte. Ty wusste, dass Jaden, wenn es drauf ankam, ein guter, skrupelloser Jäger war, wenn auch manchmal ein frustrierend idealistischer. Aber er war auch immer ganz schön großspurig gewesen.
Von dieser alten Arroganz war nichts mehr geblieben.
»Wieso interessiert dich das?«, fragte Jaden. »Du gehst ja doch zurück.«
»Du weißt genau, warum mich das interessiert«, erwiderte Ty. »Ich muss wissen, was los ist, wenn ich an den Hof komme. Ich muss vorbereitet sein. Und ich muss wissen, ob ich den anderen helfen kann, falls sie Hilfe brauchen.«
Jaden schüttelte nur traurig den Kopf und bedachte ihn mit einem wehmütigen Lächeln, das Ty sowohl herablassend als auch entnervend fand.
»Ich glaube nicht, dass du noch jemandem helfen kannst, Ty. Nero hat Arsinöes sämtliche schlechte Eigenschaften ans Licht gebracht, die ich selbst viele Jahre nicht wahrhaben wollte. Nicht dass es irgendeinen Unterschied gemacht hätte, wenn ich mir eingestanden hätte, wie sie wirklich ist – außer, dass ich vielleicht schon früher abgehauen wäre, egal welche Konsequenzen das gehabt hätte. Du glaubst, du hilfst ihr, wenn du Lily zu ihr bringst.« Jadens Stimme wurde tiefer, sein Tonfall drängender. »Aber damit sprichst du
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