Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch
das Todesurteil über sie aus. Die Entscheidung ist bereits gefallen, Ty. Die Dracul sollen vernichtet werden. Und wir anderen können nur in Deckung gehen und hoffen, dass die Schockwellen nicht allzu heftig werden.«
»Woher weißt du das?«, fragte Ty, dem es eiskalt den Rücken hinunterlief. »Hast du gehört, wie sie das gesagt hat?«
»Das war nicht nötig«, erwiderte Jaden. »Nero ist jetzt ihr Sprachrohr. Und was er tut, verrät mehr, als was er sagt.«
»Blödsinn«, fuhr Ty ihn an. »Arsinöe trifft ihre Entscheidungen selbst. Das hat sie schon immer getan.«
»Dann ist sie ein größeres Monster, als wir je angenommen haben. Such dir ein Versteck, Ty. Wenn Lily dir was bedeutet, dann verwandle sie. Wir wissen doch beide, dass sie nach allem, was geschehen ist, keine Chance mehr hat, ein normales Leben zu führen. Halt dich bloß von den Ptolemy fern. Die wollen Blut fließen sehen, geh ihnen lieber aus dem Weg. Wenn du zurückgehst, werden sie dich behandeln wie jedes andere Tier auch. Mehr sind wir für sie nicht: Tiere.« Seine Stimme klang bitter, als er hinzufügte: »Ich muss es wirklich wissen.«
»Ich kann das nicht glauben«, sagte Ty leise. »Die anderen –«
»Denen kann niemand mehr helfen, Ty. Du warst ziemlich lange weg. Tu dir – und vor allem deiner bedauernswerten Freundin – den Gefallen und lass dich dort nicht mehr blicken.«
»Das dürfte nicht ganz einfach sein. Das Haus der Schatten ist uns auf den Fersen. Die Ptolemy brauchen Lily. Sie können sie beschützen.«
Jadens dunkle Augenbrauen schossen in die Höhe. »Und du?«
»Ich kann selbst auf mich aufpassen. Und ich weigere mich zu glauben, dass alles schon so weit gediehen ist, wie du behauptest, Jaden. Ich weiß nicht, was sie dir angetan haben, und es tut mir wirklich leid, aber die Königin wird auf die Stimme der Vernunft hören. Sobald ich ihr die Lösung des Problems bringe –«
»Verschon mich mit deinem Idealismus«, fiel Jaden ihm ins Wort. »Damit hattest du es sonst doch auch nicht so. Allerdings hast du immer viel zu sehr einer Frau vertraut, die uns – zumindest die meisten von uns – am liebsten zertreten würde. Und die ja auch wirklich die meisten zertreten hat, die sich ihr nicht unterwerfen wollten. Hast du etwa vergessen, dass wir außerhalb des königlichen Hofs eine vom Aussterben bedrohte Spezies sind? Du bringst ihnen Lily, und wenn du Glück hast, wirft Arsinöe dir vielleicht einen Knochen hin. Vielleicht lächelt sie auch bloß und beauftragt dann Nero, dich zu den anderen in die Dunkelheit zu werfen. Na, zumindest wirst du am Hof vor den Shades sicher sein.« Er zuckte mit den Schultern. »Aber ein nützliches Haustier ist trotzdem nur ein Haustier. Die Cait Sith haben mehr drauf als das. Und du ganz besonders.«
»Die Gosse ist keinen Deut besser«, brauste Ty auf.
»Sie ist besser als manches andere«, erwiderte Jaden leise. »Aber mach, was du willst. Solange du hier bist, tue ich für dich, was ich kann. Sie ist echt nett, deine Lily. Aber ich gehe nicht zurück, und ich hoffe, du bist Freund genug, um das zu akzeptieren.«
»Ich würde niemals einen Cait verraten, Jaden.« Ty spürte, wie sich ihm die Kehle zusammenschnürte. Er konnte sich jetzt keine Zweifel über seine Mission erlauben. Aber Jadens Bemerkungen führten nun mal dazu, dass er sich noch mehr Fragen stellte und sich noch mehr Sorgen machte.
»Ja, ich weiß, dass du das nicht tun würdest«, entgegnete Jaden, und einen Moment lang war er wieder der Mann mit dem schiefen Lächeln, den Ty nun schon seit gut zweihundert Jahren kannte. »Wir Gossenblute müssen zusammenhalten, nicht wahr? Es tut wirklich gut, dich mal wieder zu sehen, Bruder. Trotz allem.«
Er drehte sich um und ging ohne ein weiteres Wort wieder nach unten. Ty blieb zurück mit dem Gefühl, im eigenen Saft zu schmoren, und er nahm an, dass Jaden genau das bezweckt hatte.
16
Die Straßen der Stadt waren nass vom Regen, als sie gegen Mitternacht schließlich die Wohnung verließen. Jaden ging ein paar Schritte vor Ty, Lily neben ihm. Ty war es lieber, wenn sie an seiner Seite blieb. Zum einen wirkte ihre Gegenwart beruhigend auf ihn, zum anderen war ihm nicht wohl bei dem Gedanken, dass sie tagsüber allein draußen unterwegs gewesen war. Er hatte es ihr nicht ausdrücklich verboten – im Gegenteil, er hatte ihr eigentlich sagen wollen, sie solle ruhig ein bisschen frische Luft schnappen gehen, Hauptsache, sie bliebe in der Nähe.
Sie war nicht der
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