Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)
glaubte, dass es keine Hoffnung mehr gab …
»Waren es die Ptolemy?«, fragte Jaden. »Haben sie so schnell zugeschlagen?«
»Ptolemy?«, fragte Simon irritiert zurück. »Nein, von denen ist seit der Gruppe, die dich angegriffen hatte, niemand mehr aufgetaucht. Nein, das ist alles Erics Schuld.«
»Was ist alles Erics Schuld?«, fragte Lyra, deren Magen sich immer mehr zusammenzog. All die Jahre hatte sie befürchtet, ihr Cousin würde etwas Schreckliches anrichten. Und jetzt miterleben zu müssen, dass sich all das bewahrheitete … sie hätte etwas tun sollen, hätte ihn irgendwie schon vor langer Zeit zu Fall bringen sollen. Aber jetzt war es zu spät.
Simon lachte, ein hohles, freudloses Lachen. »Eric Black ist jetzt Alphatier. Er hat Dorien herausgefordert, sobald ihr beide weg wart, mit der Begründung, Dorien müsse abtreten, weil seine Tochter seine Glaubwürdigkeit untergraben hätte. Niemand konnte etwas tun.«
»Aber … ich dachte, Dad wäre weggegangen«, murmelte Lyra. Nie würde sie den Anblick ihres Vaters vergessen, wie er ihr für alle Zeit den Rücken kehrte.
»Er ist nicht weit gekommen. Und, wie du sehen kannst … es ist nicht gut ausgegangen.«
»Aber wieso?«, fragte Lyra. »Wieso konnte Dad Eric nicht besiegen? Niemand konnte meinen Vater besiegen! Nicht mal die Alphatiere der anderen Rudel hätten das geschafft. Das ergibt doch keinen Sinn, Simon.«
»Gift«, sagte Jaden leise, und alle Blicke richteten sich auf ihn. Er hob den Kopf und sah Simon an. »Genau an der Stelle kommen die Ptolemy ins Spiel. Sie haben Eric etwas von diesem verdammten Gift zur Verfügung gestellt. Wenn Doriens Wunden nicht gleich wieder heilten, war er viel leichter zu schlagen.«
»Das stimmt«, erwiderte Simon. »Es muss irgendein Gift gewesen sein, allerdings hatte ich keine Ahnung, woher es stammte. Bist du dir ganz sicher?«
»Ja«, entgegnete Jaden tonlos. Lyra musste an die langen, dicken Narben an seinem Rücken denken. Wenn sich jemand mit diesem Gift auskannte, dann er.
»Dich hat Eric auch erwischt, wie ich sehe.« Lyra seufzte. »Simon, es tut mir so leid.«
Simon zuckte mit den Schultern. »Als ich gesehen habe, was los ist, habe ich versucht, Dorien zu helfen. Das war das Mindeste, was ich tun konnte, und ich glaube, es hat ein bisschen dazu beigetragen, dass Eric deinen Vater nicht auf der Stelle umgebracht hat. Die Menge war nicht unbedingt auf Erics Seite, aber er hat genügend Unterstützer, um sich vorläufig an der Macht halten zu können. Ich habe mich die ganze Woche um Dorien gekümmert, aber die Wunden wollen einfach nicht heilen, und er ist von Tag zu Tag schwächer geworden. Als man mich gebeten hat, dich zu suchen, musste ich ihn mitnehmen. Er hat immer wieder nach dir gefragt.«
Lyra spürte, wie ihre Augen feucht wurden, und blinzelte die unerwünschten Tränen rasch weg. Sie war gerade erst wieder halbwegs auf die Beine gekommen, und jetzt fühlte es sich an, als würde die Erde sich aus ihrer Achse herausdrehen und alles daransetzen, sie abzuwerfen.
»Ich bin froh, dass du ihn zu mir gebracht hast«, sagte sie.
»Wir werden alles für ihn tun, was in unserer Macht steht«, fügte Lily hinzu. »Und du, du kannst gern bleiben, wenn du magst. Aber falls du jemanden suchst, der deinem Rudel hilft und diesen Eric ausschaltet – ich möchte nicht, dass sich die Lilim da einmischen. Wir sind gerade erst dabei, uns als Dynastie zu festigen, der Vampirrat beobachtet uns mit Argusaugen, und außerdem habe ich den Eindruck, dass sich eure Gattung über unsere Einmischung nicht unbedingt freuen würde.«
»Nein, nein.« Simon riss entsetzt die Augen auf. »Das dürfen Sie auf keinen Fall glauben! Aber ich würde auch gar nicht um so etwas bitten. Das ist schließlich nicht Ihre Aufgabe. Aber wie schon gesagt: Man hat mich gebeten, Lyra zu suchen.« Er richtete den Blick auf Lyra, und noch bevor er weitersprach, wusste sie, was kommen würde.
Bitte nicht
, dachte sie.
Nicht jetzt, nach allem, was passiert ist.
»Das Rudel ist in Aufruhr, Lyra. Eric weiß, dass sie ihn nie als legitimen Nachfolger akzeptieren werden, so wie es gelaufen ist, und er ist ein Mann, der gern alles unter Kontrolle hat. Es gab einen Sturm der Entrüstung wegen Dorien … und wegen dir. Deshalb hat Eric mich hierhergeschickt. Er will die Prüfung abhalten und sich mit dir messen, damit alles mit rechten Dingen zugeht.«
»So ein Schwachsinn«, knurrte Jaden. Lyra war überrascht, wie wütend er klang.
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