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Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)

Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)

Titel: Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kendra Leigh Castle
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Bestien stürzte, aber der Gedanke war einfach zu verstörend. Vielleicht hatte er ja die falsche Vorstellung von diesen Prüfungen … vielleicht ging es dort doch anders zu, als er dachte, und Lyra nahm teil, weil sie sich eine reelle Chance auf den Sieg ausrechnete.
    Er hatte nicht die geringste Ahnung, was er jetzt sagen sollte.
    »Das ist ehrgeizig«, stammelte er schließlich.
    »Sie wird es nicht überleben«, erwiderte Dorien rundheraus. »So einfach ist das. Die meisten würden sie nur so schwer verletzen, dass sie möglichst bald aus dem Wettbewerb ausscheiden muss. Aber ihr Cousin, der Sohn meines Bruders, sucht schon lange nach einem Vorwand, ihr die Zähne in die Kehle zu schlagen. Er wird siegen, und dann muss ich den Wolf ausbilden, der mein einziges Kind getötet hat. Und die ganze Zeit wird mir bewusst sein, dass es ihm auch noch Spaß gemacht hat.«
    Jaden starrte Dorien an, verblüfft, dass der Mann so offen über den zu erwartenden Ausgang der Prüfung redete. Erst jetzt fiel ihm auf, wie müde der Wolf aussah. Die Ringe unter seinen Augen sprachen Bände. Er hatte mehr als nur eine schlaflose Nacht hinter sich. Und auch wenn Jaden selbst keine Kinder hatte und auch nicht viele Leute, um die er sich Sorgen dieser Art gemacht hätte, empfand er plötzlich ein unerwartetes Gefühl für den Werwolf.
    Mitleid.
    »Können Sie sie nicht zur Vernunft bringen? Lyra scheint doch nicht dumm zu sein. Dickköpfig, aber nicht dumm. Sie muss doch wissen, wie ihre Chancen stehen –«
    »Natürlich weiß sie das«, unterbrach Dorien ihn. »Ich glaube, wenn sie einen der anderen Kandidaten für fähig hielte, mit Eric – so heißt mein Neffe – fertigzuwerden, dann würde sie denjenigen vermutlich unterstützen. Sie hat nicht den Wunsch, zu sterben … zumindest hatte sie den bisher nicht. Ich verstehe ja, dass es sie wütend macht, wie die weiblichen Mitglieder des Rudels immer von der Führung ausgeschlossen wurden. Aber ich habe diese Regeln nicht gemacht, ich kann sie auch nicht abschaffen. Bei uns bestimmen Fänge und Klauen, wir folgen dem Kräftigsten … und kräftiger als ein ausgewachsener männlicher Werwolf kann einfach niemand sein.« Er seufzte, dann schüttelte er den Kopf und wandte den Blick ab. »Sie hat Angst, was Eric aus dem Rudel machen wird. Hinzu kommt, dass sich viele bei ihr Rat holen und auf das hören, was sie sagt … deshalb geht sie wohl davon aus, als Alphatier anerkannt zu werden, falls sie als Siegerin aus der Prüfung hervorgeht. Vielleicht stimmt das sogar. Nur dass sie so weit niemals kommen wird.« Er richtete den Blick wieder auf Jaden. »Alles wäre viel einfacher, wenn sie einen Mann finden würde, der für sie in den Ring steigt. Aber sie hat noch nie getan, was man ihr gesagt hat. Ich hätte gar nicht erst erwarten sollen, dass das diesmal anders ist.«
    Beim Gedanken an Lyras Sturheit konnte Jaden sich eines Lächelns nicht erwehren, trotz der düsteren Stimmung, die auf einmal auf der Nacht lastete. Es war eine Schande, dass ein derart beherztes Wesen in eine Rasse hineingeboren worden war, die ihre Fähigkeiten vermutlich niemals schätzen würde. Sie wäre eine großartige Vampirin, dachte Jaden, schob diese verlockende Vorstellung aber gleich wieder zur Seite. Sein Lächeln schwand. So etwas zu denken, war Blödsinn. Sie war keine Vampirin und würde auch nie eine sein. Und der Empfang, den sie ihm hier bereitet hatte, war auch nicht gerade herzlich gewesen.
    Zum tausendsten Mal fragte er sich, was ihn bloß dazu getrieben hatte, hierherzukommen – und in was er da bloß hineingeraten war.
    »Warum erzählen Sie mir das alles?«, fragte er leise. Seit Doriens Geständnis war die Spannung zwischen ihnen verflogen, trotzdem wurde Jaden das Gefühl nicht los, dass Dorien etwas von ihm wollte. Etwas, von dem er sich meilenweit entfernt halten sollte, wenn er auch nur über einen Rest von Verstand verfügte. Dennoch fühlte sich Jaden wie am Boden festgenagelt. In den mehr als zweihundert Jahren seines Lebens hatte er nur selten das Gefühl gehabt, dass ihm sein Schicksal klar vor Augen stand. Meistens hatte er einfach versucht, sich durchzuschlagen, seine Haut zu retten und gelegentlich jemandem eine helfende Hand zu reichen, wenn derjenige es wert schien und der Aufwand nicht allzu groß war. Aber dies hier war … anders.
    So als wüsste man, dass einem gleich ein Klavier auf den Kopf fallen würde und man trotzdem unfähig war, zur Seite zu springen. Aber wenn er

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