Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)
war. Vielleicht aber auch, weil er wusste, wie es sich anfühlte, sich in einen aussichtslosen Kampf stürzen zu müssen. Vielleicht hielt er aber auch einfach die Vorstellung nicht aus, dass Lyra sich ohne seine Hilfe für eine Horde blöder Wölfe opfern würde.
Was auch immer es war, das ihn wie angewurzelt dort stehen bleiben ließ – er wusste, wenn er jetzt ginge, würde ihn Doriens Bitte für den Rest seiner Tage verfolgen. Nicht gerade eine erfreuliche Vorstellung, wenn die ganze Ewigkeit vor einem lag. Als er antwortete, klang es für ihn, als käme seine Stimme von ganz weit weg.
»Was bieten Sie mir als Gegenleistung?«
Dorien nickte. Die Erleichterung war ihm deutlich anzusehen. Der Wolf wusste, dass Jaden angebissen hatte … allerdings wusste er hoffentlich nicht, was Jadens eigentlicher Beweggrund war. Falls der Vater auch nur die geringste Ahnung von den unkeuschen Gedanken des zukünftigen Lehrers seiner Tochter gehabt hätte, hätte er bestimmt versucht, Jaden in Stücke zu reißen, Prüfung hin oder her.
Glücklicherweise schien der Mann eher an Geld zu denken.
»Ich weiß nicht, was ein Wesen wie du braucht oder will. Blut kann ich dir nicht geben, aber ich habe ein bisschen Geld. Natürlich würde ich während deines Aufenthalts hier für deine Sicherheit garantieren. Mir wird schon was einfallen, was ich den anderen erzähle.« Seine Stimme wurde fester. Mit seinem klangvollen Bariton fuhr er fort. »Sie will nun mal nicht nachgeben, und ich weiß nicht mehr, was ich noch tun soll. Ich will nicht, dass meine Tochter wegen so etwas stirbt. Selbst wenn es am Ende nicht gut aussieht, werde ich … nun ja, wir werden darüber reden. Lieber soll sie mich hassen, aber am Leben bleiben, als mir durch ihren Tod beweisen, dass ich recht hatte. Ich gebe dir alles, was in meiner Macht steht, Hauptsache, du unterrichtest meine Lyra. Gib ihr eine Chance. Du wirst dich vielleicht noch wundern.«
Genau das bereitete Jaden Kopfzerbrechen. Dennoch lag ihm die Zusage bereits auf der Zunge.
Alles, was in meiner Macht steht.
Solch ein unbesonnenes und großzügiges Angebot! Woher wollte Dorien wissen, dass Jaden nicht eine maßlos übertriebene Summe fordern würde oder vielleicht sogar einen Teil des Territoriums des Rudels? Die Antwort war einfach: Dorien konnte es nicht wissen. Und das zeigte deutlicher als alles andere, wie verzweifelt die Situation war, in der Lyra steckte. So vieles konnte schiefgehen … und würde es wahrscheinlich auch. Bei dem Gedanken an Doriens Alternativplan – wie auch immer der aussehen mochte – überlief Jaden ein kalter Schauer. Er hatte nur noch eine einzige Frage, die, so einfach sie auch war, alles umfasste.
»Warum?«
Der Blick, den Dorien Jaden zuwarf, war zu gleichen Teilen rätselhaft und mitleidig. »Sie ist mein Kind. Ich liebe sie. Hat es in deinem Leben noch nie jemanden gegeben, für den du alles getan hättest?«
Jaden konnte nur den Kopf schütteln. Aber das hieß nicht, dass er Dorien nicht verstehen konnte oder wollte.
»Ich mache es«, sagte er.
Doriens Gesichtsausdruck wurde todernst. Misstrauisch und zugleich hoffnungsvoll fragte er: »Und … was willst du als Gegenleistung?«
»Ganz einfach«, erwiderte Jaden. »Ich möchte, dass dein Rudel mir einen Gefallen schuldet. Was das sein kann, entscheiden wir später. Egal was ich dann verlange, es darf mir nicht verweigert werden. Ein einziger Gefallen.«
Der Wolf runzelte die Stirn. »Das gefällt mir nicht.«
»Das ist mir egal. Das ist der Preis, den ich verlange.« Er wusste, wie wertvoll es war, wenn einem jemand noch einen Gefallen schuldete. Man konnte nie wissen, wann einem das gelegen kommen würde.
Es dauerte eine Minute, aber schließlich nickte Dorien. »Also gut – die Götter mögen mir vergeben. Ein Gefallen, irgendwann später einzufordern. Aber ich warne dich, Katze: Wenn du ihr wehtust oder mich irgendwie hintergehst, reiße ich dir alle Glieder einzeln aus. Dann rettet dich auch deine schicke Beinarbeit nicht mehr vor dem Zorn meines Rudels. Ist das klar?« Er streckte Jaden die Hand hin, eine Geste, die Jaden zwischen einem Wolf und einem Vampir noch nie erlebt hatte.
»Schicke Beinarbeit«, knurrte er, ergriff aber trotzdem Doriens Hand, die seine mit eisernem Griff packte. »Man könnte ja fast glauben, ich werde hier als Tanzlehrer eingestellt.«
Nachdem sie sich die Hände geschüttelt hatten, deutete Dorien einladend auf das Haus. »Komm. Es gibt eine Menge, worüber
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