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Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)

Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)

Titel: Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kendra Leigh Castle
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anderen, dass es ihm todernst damit war, ihr zu der ihr zustehenden Position im Rudel zu verhelfen. Ersteres war seltsam herzerwärmend, selbst wenn es vermutlich seinen Tod bedeuten würde. Letzteres war und blieb ein Rätsel, das sie einfach nicht lösen konnte, und das machte ihr zu schaffen. Normalerweise konnte sie Leute recht gut einschätzen. Aber für jemanden wie ihn war ihr Erfahrungshorizont einfach nicht weit genug. Nachdem er sich also in den Kopf gesetzt hatte, dass ein Vampir problemlos im Zentrum des Rudels der Thorn herumlaufen könne, stellte sie die eine Frage, die alle anderen Fragen beinhaltete.
    »Warum?«
    »Warum was?«
    Sie kniff die Augen zusammen, weil er auf einmal wieder derart auf der Hut zu sein schien. »Warum das alles? Warum kreuzt du hier mit dem Talisman meiner Familie auf? Warum bleibst du und hilfst mir? Ich nehme an, Dad zahlt dir was dafür, aber Unsummen können es nicht sein. Du dürftest Besseres zu tun haben, als dich in Werwolfpolitik einzumischen, und es ist ja auch nicht so, dass wir beide uns auf Anhieb prima verstanden hätten. Ich … kapiere das alles einfach nicht.«
    Jaden legte die Stirn in Falten. Lyra spielte mit ihren Cheetos herum, sodass ihre Finger schon ganz orangefarben waren. Ihr war der Appetit vergangen, was nicht häufig vorkam. Aber auf einmal schien es außerordentlich wichtig, genau in Erfahrung zu bringen, was Jaden hier wollte – auch wenn sie den Verdacht hatte, dass sie vieles an ihm niemals ganz verstehen würde.
    Schließlich sagte er: »Ich bin weit über zweihundert Jahre alt, Lyra. Die meiste Zeit musste ich tun, was man mir befahl, und nicht, wozu ich Lust hatte. Aber jetzt liegen die Dinge anders, und das hier interessiert mich. Warum, weiß ich nicht. Spielt das denn eine Rolle? Wenn du willst, helfe ich dir, einfach so.«
    »Und wenn ich nicht will?«
    »Dann werde ich schon eine andere Aufgabe finden«, erwiderte Jaden beiläufig, aber sein Blick blieb ernst. Lyra musterte ihn. Seine Schultern waren angespannt, genau wie die Kieferpartie. Aus irgendeinem Grund schien er wirklich hierbleiben zu wollen. Was wohl auch bedeutete, bei ihr. Trotz ihrer eigenen Reaktion auf ihn konnte sie das kaum nachvollziehen.
    »Also, was nun?«, fragte Jaden leise. »Ich glaube, Dorien hat mir nicht richtig zugehört, als ich gesagt habe, dass du das entscheiden musst. Aber offensichtlich hatte ich recht. Dies ist dein Kampf, deine Entscheidung. Wenn es dir lieber ist, kann ich aus der Stadt verschwunden sein, bevor er zurückkommt. Aber wenn du willst, dass ich bleibe, können wir uns einen sicheren Platz suchen und an die Arbeit gehen.«
    Lyra rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her und rollte die Cheetos-Tüte zusammen, damit sie ihn nicht anschauen musste. Sie hasste es, in Verlegenheit gebracht zu werden, und hier ging es um einiges, da konnte sie nicht einfach mal schnell eine Entscheidung treffen. Außerdem haderte sie damit, dass sie Jadens Motivation nicht recht verstand und vielleicht auch nie verstehen würde. Sie wusste ein wenig über seine Dynastie – zumindest über die Zeit, bevor sie sich mit der der Lilim vermischt hatte. Aber dieser ganze Dynastien-Mist mit Aristokratie und seltsamer mittelalterlicher Gesellschaftsform war nicht ihre Welt und ging sie auch nichts an.
    Jaden war eine unbekannte Größe. Sie war sich nicht sicher, ob sie solch ein Risiko eingehen sollte. Andererseits wusste sie nicht, ob sie es sich leisten konnte, sein Angebot auszuschlagen …
    Frustriert und ohne sich zu überlegen, was sie da tat, steckte Lyra den Finger in den Mund, um die letzten Käsereste abzulutschen. Plötzlich fiel ihr auf, dass Jadens ganze Konzentration auf ihren Mund gerichtet war. Gleich darauf trafen sich ihre Blicke – und diesen Gesichtsausdruck würde Lyra niemals mehr vergessen. Jaden wirkte auf eine Art hungrig, die sie nie gekannt hatte, gequält von einer Sehnsucht, die so tief war, dass niemand sie jemals würde stillen können.
    In diesem Moment sah er ganz und gar wie ein Vampir aus: uralt, verloren und schier zerfressen von seinen Bedürfnissen.
    Jetzt, wo er ihr in die Augen sah, spürte Lyra diesen unergründlichen Hunger wie einen Schlag, der ihren gesamten Körper erschütterte. Er mochte ein Vampir sein, aber das Tier in ihr reagierte erschreckend deutlich auf das Tier in ihm. Sie musste sich beherrschen, um nicht über den Tisch zu springen, ihre Beine um ihn zu schlingen und ihre Zähne in seine Haut zu

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