Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)
brauchte. Bis Jaden ihr sein Angebot gemacht hatte, war ihr gar nicht bewusst gewesen, wie attraktiv diese Vorstellung klang. Wenn es wirklich ohne Verpflichtungen abging …
Ihr Puls beschleunigte sich bei der bloßen Aussicht, sie könnte Ja sagen. Aber es gab noch andere Aspekte, über die sie erst gründlich nachdenken musste. Und sie hatte nicht die Absicht, sich mit ihm darüber auf eine Diskussion einzulassen, solange dies alles so frisch war.
»Das ist nicht gerade das, womit ich gerechnet hatte, Jaden«, sagte sie, als sie in die Straße einbog, wo sie wohnte. »Nichts ist so einfach, so folgenlos. Irgendein Haken muss dabei sein.«
Er kicherte leise. »So misstrauisch. Nein, es ist auch ohne Haken schon problematisch.«
Das erinnerte sie an ein möglicherweise sehr großes Problem. »Was ist mit dem Vampir von letzter Nacht?«
Sofort machte Jaden dicht, das konnte sie buchstäblich fühlen, und es beunruhigte sie. Es gab viele Dinge, die sie von Jaden nicht wusste – und wahrscheinlich nie erfahren würde. Aber sie musste Gewissheit haben, dass seine Geheimnisse ihr Rudel nicht gefährden würden.
»Darum kümmere ich mich schon. Kein Grund zur Sorge, weder für dich noch für dein Rudel.«
»Heißt das, du weißt, wer das war?«
»Nein«, antwortete er kurz angebunden. »Aber das finde ich heraus. Die Möglichkeiten dazu habe ich, und ich werde sie auch nutzen. Falls es zu einem Problem werden sollte, dann würde ich gehen, Lyra. Aber nicht, ohne einen Ersatz für mich zu suchen. Ich würde dich nicht einfach im Stich lassen, schon gar nicht, nachdem ich deinen bezaubernden Vetter kennengelernt habe. Und deinem Rudel wird nichts zustoßen, das Ziel des Angriffs war eindeutig ich. Ich habe mir im Lauf der Zeit viele Feinde gemacht, deshalb werde ich auch weiterhin Zielscheibe bleiben. Der Angreifer weiß, dass mir hier niemand eine Träne nachweint, falls ich verschwinden sollte. Oder falls mein Kopf verschwinden sollte.«
Da steckte mehr dahinter. Dessen war sie sich sicher. Gleichzeitig glaubte sie nicht, dass er hinsichtlich der Gefährdung log. Das würde zu dem Mann, den sie langsam immer besser kennenlernte, nicht passen. Er besaß Ehrgefühl. Was das genau bedeutete, hatte sie noch nicht vollständig entschlüsselt, aber es war da.
»Ist es einer von denen, denen du die Narben auf deinem Rücken zu verdanken hast?«
Er versteifte sich. Sie hatte sich zu weit vorgewagt.
»Über die will ich nicht reden.«
Ja, das war nicht zu übersehen. »Das verlange ich ja gar nicht. Ich frage nur, ob es sein könnte –«
»Hoffentlich nicht. Aber selbst wenn, betrifft das nicht euch.«
Lyra schrak zurück vor der Kälte, die in seiner Stimme lag und die sie seit ihrer allerersten Begegnung nicht mehr zu hören bekommen hatte. Erneut fragte sie sich, wer ihm das angetan und was das zu bedeuten hatte. Aber das Thema war tabu. Über die Vergangenheit wollte er nicht reden. Was ihr eigentlich ganz recht sein sollte.
Nur dass sie mehr über ihn in Erfahrung bringen wollte, auch wenn er sich dagegen sträubte.
Sie lenkte den Wagen in die Auffahrt und stellte den Motor ab. Der vertraute Anblick des Hauses, der einladenden Lichter in der Dunkelheit, tat ihr gut. Hier hatte sie so viele einfachere, glücklichere Tage verbracht. Der Gedanke tröstete sie, machte sie aber auch traurig. Jetzt war alles so kompliziert … ihre Gefühle waren kompliziert. Sie hatte gewusst, dass der Weg, den sie beschritten hatte, ein einsamer war. Aber es überraschte sie, wie groß das Verlangen nach einer Beziehung, das Jadens Gesellschaft in ihr geweckt hatte, war. Ein Verlangen, dem sie sich lange verweigert hatte.
Eine Beziehung, die er ihr zu ermöglichen schien, wenn auch nur vorübergehend.
Jaden war so still – Lyra hatte fast vergessen, dass er neben ihr saß, bis er schließlich wieder sprach, wenn auch nur zögernd.
»Lässt du dir die anderen Dinge, die ich angesprochen habe, wenigstens durch den Kopf gehen?«, fragte er, während sie den Schlüssel abzog und die Hand auf den Türgriff legte.
Die entscheidende Frage. Deren Beantwortung sie auch nicht ausweichen würde. Lyra holte tief Luft, drehte den Kopf und sah ihm direkt in die Augen. »Ich glaube, es ist wahrscheinlich eine schlechte Idee. Aber ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich brauche etwas Zeit, um darüber nachzudenken.«
»Einverstanden«, antwortete Jaden leise und wirkte so ernst wie nie zuvor, obwohl er ohnehin nur selten lächelte. »Mein
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