Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)
nicht …«
Lyras Mund wurde trocken, ihr Gesicht heiß. Wie kam er überhaupt dazu, so eine Diskussion anzuleiern?
»Es geht nicht mit uns, Jaden. Es wäre … ich meine … Wenn das jemand herausfände, wäre ich eine Aussätzige. Mein Vater würde mich enterben, und ich … ich …« Sie kam ins Stottern, hielt kurz inne und holte tief Luft. »Du sollst mich auf den Kampf vorbereiten, sonst nichts. Warum musst du alles komplizierter machen, als es sowieso schon ist?«
Er bewegte keinen Muskel, beobachtete sie wie ein Raubtier seine Beute. So hatte sie noch nie jemand angeschaut, und weil er es war, der sie so anschaute, genoss sie es sehr viel mehr, als gut für sie war.
»Du hast doch damit angefangen«, sagte er. »Und du hast mich letzte Nacht ja nicht gerade von dir gestoßen. Da hab ich doch wohl das Recht zu fragen, was du daran so abscheulich findest, wenn du offenkundig gar nichts mehr dagegen hast, kaum dass ich dich berühre.« Seine Augen begannen zu funkeln. Für Lyra das Zeichen, dass er wütend war.
»Es ist dieser Wolf, oder? Simon. Ich habe gesehen, wie ihr euch in den Armen gelegen habt.« Jaden schüttelte den Kopf. Seine Wut war so schnell verraucht, wie sie gekommen war. Jaden ließ sich in den Sitz zurückfallen und starrte auf das Handschuhfach. Seine Stimme war nun nur noch dumpfes Gemurmel. »Vergiss es. Mit dem Wolf bist du vermutlich besser dran. Es kommt nicht mehr vor, okay? Jetzt fahr endlich los.«
Dass Jaden so offen gegen das ankämpfte, was sie im stillen Kämmerlein niederzuringen versuchte, besänftigte irgendwie ihre angegriffenen Nerven. Das war für ihn nicht irgendein Witz. Und Lyra wusste auch, dass er sich nicht wegen ihrer Stellung zu ihr hingezogen fühlte. Die würde ihm keinen Vorteil bringen. Er … begehrte sie. Und war dazu noch eifersüchtig. Völlig bescheuert.
Eine Weile brachte Lyra kein Wort heraus. Sie starrte ihn an. Er brütete vor sich hin und sah aus, als hätte er am liebsten jemanden umgebracht.
»Dir ist es ernst damit?«, fragte sie schließlich.
Er drehte den Kopf in ihre Richtung und schaute sie gequält an.
»Normalerweise erniedrige ich mich nicht aus Spaß.«
Sie öffnete die Lippen in der Hoffnung, irgendeine sinnvolle Erwiderung möge aus ihrem Mund kommen. Aber nichts. Sie brauchte wohl eine Minute Bedenkzeit. Jaden konnte ohnehin nirgendwohin. Lyra ließ den Wagen an und fuhr wortlos vom Parkplatz. Das Radio hatte sie angelassen, und The Black Keys spulten gerade eine harte, sexy Blues-Ode an die Anziehungskraft ab, die nicht dazu angetan war, ihren Gedanken eine neue Richtung zu geben.
Sie drehte die Lautstärke herunter, schaltete aber nicht aus, um die Situation nicht vollends surreal werden zu lassen.
»Okay, dann will ich mal ein paar Dinge klarstellen«, sagte sie. »Erstens: Ich bin nicht an Simon interessiert. Er ist mein bester Freund, seit wir Kinder waren. Nicht, dass dich das irgendwas anginge, aber allein die Unterstellung ist … widerlich. Vergiss das schnell wieder.«
Jadens Erwiderung war kaum mehr als geknurrt. »Spielt das eine Rolle, was ich denke?«
»Vielleicht«, gab sie zu und spürte, wie seine Aufmerksamkeit schlagartig neu erwachte. Sie musste sich auf das konzentrieren, was sie sagen wollte. Er meinte es ehrlich. Und in Anbetracht dessen, was sie letzte Nacht getan hätten, wäre Simon nicht aufgetaucht, war sie ihm die gleiche Offenheit schuldig.
»Zweitens: Was wäre denn, wenn ich mit dir ins Bett wollte, Jaden? Das würde uns beiden nicht helfen. Ich suche keinen Partner, und du könntest ohnehin keiner für mich sein. Abgesehen von der Tatsache, dass dich mein Rudel dann jagen und töten würde, funktioniert das Band nur zwischen Wölfen.«
»Band?«
Oh Gott, darauf wollte sie eigentlich gar nicht näher eingehen. Lyra spürte, wie ihre Wangen wieder glühten, aber da musste sie jetzt durch. Sie wollte es hinter sich haben.
»Ja, das Partnerband. Es wird geschlossen, wenn zwei Wölfe … äh … du weißt schon. Es ist unzerreißbar. Wolfspaare bleiben ein Leben lang zusammen. Leider hat das System seine Fehler. Die Person, mit der einen das Band verknüpft, muss einem nicht unbedingt sympathisch sein.«
Sie schaute ihn kurz an und sah, dass er die volle Bedeutung dieser Aussage durchaus erfasst hatte. Angeekelt presste er die Lippen aufeinander.
»Ja, ich weiß«, sagte sie. »Willkommen in meiner Welt.«
»Deshalb bist du andauernd auf der Flucht. Du musst gar nicht einwilligen, wenn
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